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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
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und die Hitparaden eroberte.
Insgesamt existieren davon mehr als 370 Versionen in 42 Ländern, und es wurden
über vierzig Millionen Platten verkauft. Nun, manche Menschen watscheln, andere
schreiten, doch zum Glück gab und gibt es welche, die sich nicht auf einer
Tanzfläche zum Affen beziehungsweise zur Ente machen. Im Jahr 2000
wurde der Ententanz zum ärgerlichsten Song aller Zeiten gekürt, er schlug damit
andere Klassiker wie die »Teletubbies« und »Barbie Girl«. Meine Stimme hätte
der viertplazierte »Agadoo« gekriegt.
    Doch nun zu einem anderen Produkt mit Vogelzusatz im
Namen, der Kuckucksuhr. Warum fehlt sie in der Liste der großen Schweizer
Erfindungen? Schließlich sind in nahezu jedem Schweizer Andenkengeschäft eine
ganze Reihe dieser holzgeschnitzten Wanduhren ausgestellt, als handle es sich
dabei um ein echtes Nationalheiligtum. In Wahrheit aber sind sie nur echte
Verkaufsschlager, und nie würde ein Schweizer einen Touristenfranken
zurückweisen. Der Kunde hat immer recht, auch wenn er etwas kauft, was aus
Süddeutschland stammt. Machen Sie einen Ausflug nach Furtwangen im Schwarzwald,
und Sie werden alles über den wahren Ursprung der Kuckucksuhr erfahren.
Vielleicht hätte sich Orson Welles dort informieren sollen, bevor er als Harry
Lime in Der dritte Mann die Schweiz mit der Bemerkung
diskreditierte, 500
Jahre Demokratie und Frieden hätten nicht mehr hervorgebracht als die
Kuckucksuhr.
    Abgesehen von dieser berühmten Ausnahme ist die
Schweiz zu Recht bekannt für ihre Uhren. Und für Pünktlichkeit. Ist es bloßer
Zufall, dass die pünktlichste Nation der Welt auch die besten Uhren herstellt?
Wohl eher nicht.

Pünktlich wie ein Uhrwerk
    Zeit ist in der Schweiz ganz und gar keine Nebensache.
Die Klischees über die Pünktlichkeit der Schweizer und dass in diesem Land
alles wie am Schnürchen läuft, sind durchaus nicht abwegig. Natürlich habe ich
Freunde, die regelmäßig zu spät kommen, die Züge sind nicht immer auf die
Sekunde pünktlich, und nicht jeder trägt eine Uhr. Aber das sind die Ausnahmen
in einem Land, wo Unpünktlichkeit grundsätzlich als Todsünde gilt und
Öffnungszeiten peinlich genau eingehalten werden. Fast jeder Schweizer hat ein
Handy, trotzdem schaffen sie es nach wie vor, pünktlich bei Konferenzen,
Verabredungen und Ausflügen zu erscheinen. Doch was heißt »Pünktlichkeit« für
einen Schweizer? Für viele bedeutet es tatsächlich ein klein
bisschen früher , denn auch für einen Schweizer ist es schwierig, auf den
Glockenschlag genau an Ort und Stelle zu sein; die meisten sind also fünf
Minuten vor dem verabredeten Zeitpunkt da. Und die wenigsten warten länger als 15
Minuten, bevor sie wieder gehen. Offenbar gilt hier: lieber nie als zu spät.
    Was Fahrplan-, Öffnungszeiten und dergleichen angeht,
funktioniert die Schweiz mit militärischer Präzision. Das gilt auch für Kinos.
Filmvorführungen fangen beinahe immer zur ganzen oder zur halben Stunde an,
selten einmal um Viertel vor oder Viertel nach, aber nie zu so komischen Zeiten
wie zwanzig Minuten nach oder fünf Minuten vor der vollen Stunde. Und die
meisten haben immer noch eine Pause genau in der Mitte des Films, selbst wenn
das einen Dialog zerreißt. Das mag Perfektionisten erfreuen, vom Standpunkt des
Zuschauers aus ist dieser Zeitpunkt fast immer ungünstig gewählt. Trotzdem
schätzen die Schweizer diese Störung offenbar und nutzen die Pinkelpause nicht
nur zu ihrem eigentlichen Zweck, sondern auch, um sich mit überteuertem
Popcorn, Süßigkeiten und Getränken einzudecken, sodass sich die Unterbrechung
für die Kinos rentiert. Wie überall gilt auch in der Schweiz: Zeit ist Geld.
    Da jeder sich stillschweigend denselben Regeln beugt,
kann man Schweizer am leichtesten mit nicht ganz eindeutigen Zeitangaben
verwirren. Formelle Essenseinladungen im englischen Stil, also »zwischen 6.30 Uhr
und 7.00 Uhr«,
geschweige denn das lässige »gegen sieben« werden schlicht nicht verstanden,
weil sie zu unklar sind. Bei der ersten Formulierung werden die meisten Gäste
um 6.34 Uhr
erscheinen, bei der zweiten um 7.02 Uhr. Wenn es um die Uhrzeit geht, ist
Flexibilität keine Option.
    Stellen Sie sich Folgendes vor: Da ein gesetzlicher
Feiertag ist, hat jeder frei. Es herrschen 34 Grad im Schatten, und
die Freibäder am Fluss im Berner

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