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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
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Swatch, von der ich erfahre, dass sie in zehn Schritten gefertigt
wird, ähnlich wie ein Modellflugzeug. Das Geheimnis ihres Erfolges war die
Halbierung der Komponenten auf 51, was die Produktionskosten und damit auch
den Ladenpreis senkte. Ihre Markteinführung 1983 half, eine Schweizer
Uhrenindustrie zu retten, die angesichts einer asiatischen Quarzrevolution ins
Straucheln geraten war. Ohne die Swatch wären die heutigen Schweizer Uhren
vielleicht allesamt Girard-Perregaux-Modelle: Luxusspielzeuge für die
Superreichen.

Was ist ein Name?
    Wie Swatch, Rolex, Omega – und ja auch Girard-Perregaux
– belegen, geht es in der Schweizer Uhrenindustrie um Markennamen. Ihr Erfolg
beruht auf deren Ruf, der Qualität und Zuverlässigkeit verspricht. Wer man ist,
spielt dabei eine ebenso große Rolle wie das, was man macht, selbst wenn man
auf dem Massenmarkt noch nie von der Marke gehört hat. Der Verband der
Schweizerischen Uhrenindustrie FH listet auf seiner
Website 208
Marken auf, wobei viele vermutlich auch den meisten Schweizern unbekannt sind.
Obwohl es beispielsweise Juvenia, Glycine und Vulcain seit Jahrzehnten gibt,
wette ich, Sie wären nie darauf gekommen, dass es sich dabei um Uhren handelt.
Denn diese Namen klingen doch eher nach Gesichtscreme oder
Science-Fiction-Helden. Vielleicht ist ihre Bekanntheit deshalb so gering,
vermutlich aber liegt es eher am Preis. Doch auch die recht britisch
auftretende West End Watch Co. war mir neu, obwohl sie seit 1886
existiert – eine Schweizer Firma, trotz ihres Namens.
    Die Schweizer lieben Uhren, zumindest aber
Uhrengeschäfte. In fast jedem Städtchen gibt es eins, wenn auch vielleicht nur
für die Touristen. In einem typischen Stadtzentrum finden sich verblüffend
viele Läden mit den folgenden drei Dingen im Angebot: Schuhe, Brot und Uhren.
Man kann keine zehn Meter weit gehen, ohne auf einen dieser Läden oder gleich
alle drei Sortimente zu treffen – sehr praktisch, wenn man zum Abendessen noch
ein Baguette oder ein neues Paar rote Schuhe braucht. Oder wenn man wirklich
ein kleines Vermögen für eine neue Armbanduhr aus dem Fenster werfen will. In
dieser Hinsicht nämlich unterscheiden sich die Uhrenläden von Bäckereien und
Schuhgeschäften: Man kann dort zwischen 40 und 40 000 Franken ausgeben, als
wäre es völlig normal, bei einem Einkaufbummel ganz nebenbei ein halbes
Jahresgehalt auf den Kopf zu hauen. Noch bizarrer ist, dass Schweizer Städte
mit Ausnahme von Zürich nicht groß genug für eine schicke Einkaufsmeile sind,
weshalb sich ein edles Uhrengeschäft oft in fragwürdiger Nachbarschaft
befindet. Beispielsweise geht man in Bern an einem Reformhaus vorbei, dann an
einem Burger King und einem »gut und preiswert«-Tchibo, um anschließend auf das
wirklich todschicke Schmuck- und Uhrengeschäft Gübelin zu stoßen – mit wahren
Kostbarkeiten in der Auslage, die man eher in der Münchner Maximilianstraße
oder auf der Düsseldorfer Kö erwarten würde. Das teuerste Stück ist eine Patek
Philippe für einen Preis, bei dem mir die Kinnlade herunterklappt: 38 500
Franken. Auf dem Schild daneben steht: »Komplizierte Armbanduhren«, was den
astronomischen Preis vielleicht rechtfertigen könnte, doch das ist nur der Name
einer Patek-Philippe-Serie, deren Uhren allesamt eine Rolex für 5000
Franken wie ein Schnäppchen wirken lassen. Und Gübelin hat Niederlassungen in
sechs weiteren Schweizer Städten, das ist doch verrückt! In sieben Schweizer
Städten, von denen keine größer als Bremen ist, lohnt sich ein Geschäft, das
Uhren für 38 000
Franken verkauft. An wen?
    Mein Lieblingsuhrenhändler ist Christ, wo das Ambiente
weniger einschüchternd ist und die Uhren erschwinglicher sind. Die Preise
wirken geradezu vernünftig, es gibt viele unter 1000 Franken, man muss also
keine Platinkarte blitzen lassen, um überhaupt eintreten zu dürfen. Doch
abgesehen von den Preisen, mag ich Christ schon allein wegen des Namens. Im
Berner Telefonbuch sind 13
Christs verzeichnet, die vier Uhrengeschäfte und auch das Transportunternehmen
Christ International Furniture Transporters (wie passend) nicht mitgezählt. Auf
dem Ladenschild steht schlicht »Schmuck Christ Uhren«, doch das im Deutschen so
harmlose Wort Schmuck ist im englischsprachigen Raum gleichbedeutend mit
Trottel. Es dürfte christliche

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