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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
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rechnen
würde – weder Nestlé noch Omega oder Victorinox. Auch nicht Rolex, eine Marke,
die sich in Großbritannien größter Beliebtheit erfreut, wo unter den zwanzig
beliebtesten Marken nur acht einheimische sind. Aber vielleicht sind andere
Völker beim Einkaufen einfach weniger patriotisch als die Schweizer.
    Dass so viele Schweizer Marken den Weltmarkt erobern
konnten, liegt weniger an industrieller Stärke als vielmehr am technologischen
Know-how. So klein die Schweiz auch ist, bei Forschung und Entwicklung gilt hier:
nicht kleckern, sondern klotzen. Dem verdankt das Land 25 Nobelpreisträger, vor
allem aus den Naturwissenschaften und der Medizin, auf die Gesamtbevölkerung
umgelegt, ein beachtlicher Prozentsatz. Zwar diskutieren die Schweizer alles
bis zum Überdruss, und es dauert Jahre, bis tatsächlich eine spürbare
Veränderung eintritt, doch wenn sie materiellen Nutzen wittern, sind sie meist
ganz vorne mit dabei. Vielleicht verleiht ihnen das Wissen um die Stabilität
ihrer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft den nötigen Elan, bahnbrechende Ideen
auf neuen Gebieten auszuprobieren? An irgendetwas muss es doch liegen, dass
diese bedachtsame Nation von Konformisten mit überdurchschnittlich vielen
Erfindungen aufwarten kann.
    Â»Made in Switzerland« ist ein solches Gütesiegel für
handwerkliches Können geworden, dass jeder es zu imitieren versucht. Eine
falsche Rolex, eine nachgemachte Toblerone und eine Schweizer
Taschenmesserkopie findet man überall auf der Welt, sogar in der Schweiz
selbst. Aber die Originale erhalten sich ihre Anziehungskraft, weil sie ihren
hohen Standard halten und kompromisslos der Qualität und dem Perfektionismus
huldigen. So wie die Schweizer auch.

✚
    Survival-Tipp
Nummer 7
    Schweizer Jahreslauf
    Wie in jedem Land gibt der
Jahresrhythmus alles vor – nicht nur die Jahreszeiten, auch die Feste und
Gebräuche, die Feiertage und Traditionen machen das Jahr in einem Land so
unverwechselbar wie seine Flagge. In der Schweiz, wo so viel auf Gemeindeebene
passiert, sind Feste nicht nur Fußnoten im Kalender, sondern gehören mit zum
Alltag. Gut besucht und gut organisiert, kann man sie kaum verpassen (was auch
ein Jammer wäre), und offenbar hat jede Stadt ihr eigenes Fest.
    Beispielsweise feiert Zürich im April
beim
Sechseläuten
den Abschied vom Winter durch Abfackeln eines riesigen Schneemanns aus Papier.
Berns großes Jubelfest ist Ende November der
Zibelemärit
, der Zwiebelmarkt, bei dem
Zwiebeln in jeder erdenklichen Form und Zubereitung verkauft werden und in den
Straßen Konfettischlachten stattfinden. Die Genfer gedenken im Dezember mit
Fackelprozessionen und Gemüsesuppe (das ist eine längere Geschichte) der
Escalade
, einer
fehlgeschlagenen Invasion der Savoyer im Jahr 1602. Dann gibt es noch Feste, bei
denen Käse geteilt wird, Kühe kämpfen, Glocken bimmeln und Flammenwerfer zum
Einsatz kommen – um hier nur ein paar zu nennen. Man sieht, wie breit gefächert
diese Festivitäten sind, welche offenbar dem Geist der Gemeinde entsprechen.
Abgesehen von den ausgelassenen lokalen Feiern folgt das Land im Jahreslauf
aber einem recht ähnlichen Muster.
    Silvester, der Vorabend von Neujahr
(am Tag des heiligen Silvester), ist ein ziemlicher Schlag ins Wasser. Das neue
Jahr fängt hier nicht mit lautem Knallen an, man sieht kaum Feuerwerk, um
Mitternacht läuten keine Glocken, keiner zählt dramatisch die letzten Sekunden
des alten Jahres rückwärts zum Count-down. Das Schweizer Fernsehen ignoriert
das Ereignis, bringt höchstens Berichte über Feiern in anderen Ländern oder
zeigt eine Quizshow. Wer in dieser Hinsicht anderes gewohnt ist, zieht ein
langes Gesicht.
    Oft gibt es in der Schweiz bei einem
Fest spezielle Speisen, so zum ersten Mal am 6. Januar, dem Dreikönigstag. Fast
jede Bäckerei verkauft dann den Dreikönigskuchen aus süßem Hefeteig, der – wie
die Kinderzeichnung eines Gänseblümchens – aus sieben Kugeln geformt wird: eine
Kugel in der Mitte und sechs als Blätter drumherum. In eine dieser Kugeln ist
ein kleiner König aus Kunststoff eingebacken, und wer ihn findet, ist an diesem
Tag König (oder Königin). Ich hab’s noch nicht geschafft.
    Das vielleicht größte Ereignis des
Jahres ist der Karneval oder die
Fasnacht
.
Nur zu dieser Zeit lassen sich die Schweizer wirklich gehen, sie tragen

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