Der Schwur der Ritter
Antwort. Dann verzog sich sein Mund zu einem ironischen Grinsen, und er nickte. »Aye, so könnte man es ausdrücken. Zumindest in jedem Gespräch mit einer Frau, das ich in den letzten zwanzig Jahren mitbekommen habe.«
»Hasst er die Frauen denn? Er steht gar nicht in diesem Ruf.«
Tams Grinsen wurde breiter. »Er ist einfach nur aus der Übung, Mylady. Ihr seid nämlich die erste Frau, mit der er seit zwanzig Jahren gesprochen hat.«
»Aber das ist doch unmöglich!«
»Aye, das denkt Ihr vielleicht, doch es ist sowohl möglich als auch wahr. Die letzte Frau, mit der ich Sir William habe sprechen hören, war seine Mutter, Lady Ellen, und zwar am Tag, an dem er seine Heimat verlassen hat, um seinem Traum nachzugehen und dem Orden beizutreten … und das ist fast genau zwanzig Jahre her. Will geht den Frauen aus dem Weg. In dieser Hinsicht ist er ein Fanatiker, und sein Leben als Templermönch macht es ihm einfach. Es ist seine Auslegung des Keuschheitsgelübdes, und er ist darin sehr gewissenhaft.«
Tam setzte sich wieder in Bewegung, und Lady Jessica folgte ihm.
»Ich begreife ja, dass er ein Mönch ist, aber er lebt nicht im Kloster. Als Ritter reist er doch durch die ganze Welt.«
»Aye, das tut er. Er ist ununterbrochen auf Reisen. Begreift Ihr nicht, dass dies seine Art der Klausur ist? Er hört niemals auf zu arbeiten, außer, um zu beten.«
»Dann muss er ja ein Heiliger sein … ein Einsiedler.«
»Nein, Mylady, er ist ein Mann. Er ist kein Troubadour, dem die süßen Worte leicht über die Lippen gehen, das stimmt. Geistreiche Konversation kann man mit ihm nicht betreiben. Aber ich kenne keinen ritterlicheren Mann als ihn. Von Anfang an bin ich an seiner Seite gewesen – er war ein Junge von sechzehn, als er ins Heilige Land gereist ist. Er hat jahrelang dort gekämpft und war einer der wenigen, die die Belagerung von Acre überlebt haben.«
»Ihr wart in Acre dabei? Wie seid ihr beide entkommen? Es gab doch kaum Überlebende dort?«
»Tibault Gaudin, der damalige Tempelkommandeur, bekam den Auftrag, einige Besitztümer des Ordens zu retten, und er brauchte einige vertrauenswürdige Männer zu seiner Begleitung. Will war seine erste Wahl.«
»Und wohin seid Ihr gefahren?«
Tam zuckte mit den Schultern. »Erst nach Sidon in Kleinasien, dann zurück in die Christenwelt. Danach wurde er von einer Garnison zur nächsten befördert, von Rang zu Rang, zuerst in Schottland, dann in Frankreich, Spanien, Italien, auf Zypern. Vor ein paar Jahren hat er dann mit seinen Studien für ein Amt im Ordensrat begonnen. Wenn Euch Ehrgefühl und Treue, Vertrauenswürdigkeit und Tapferkeit etwas bedeuten, könnt Ihr keinen fähigeren Mann finden.«
Wieder blieb sie stehen und sah Tam an. »Ihr habt ja schon gehört, was ich von tapferen Ehrenmännern halte. Eine Frau, die sich einen toten Helden zum Mann wünscht, muss wahrlich sehr unglücklich verheiratet sein.«
Die bittere Wahrheit ihrer Worte ließ ihr die Stimme stocken, und schweigend näherten sie sich dem Torhaus, in dem Jessies Zofen sie erwarteten.
4
W
ILLIAM SINCLAIR WARTETE, bis sich beide Türen hinter Jessie Randolph und Tam geschlossen hatten.
»Gibt es weitere Fragen?«, wandte er sich dann an seine drei Gefährten.
Es war Edward de Berenger, der sich als Erster zu Wort meldete.
»Was wird aus dem Rest der Flotte? Gibt es Hoffnung für sie?«
Charles de St. Valéry antwortete ihm. »Ja. Die Kommandanturen in Brest, Le Havre und Marseille haben ähnliche Anweisungen erhalten wie wir, und auch ihre Schiffe sind unter dem Vorwand eines Manövers unterwegs. Der Treffpunkt für alle, die es schaffen, ist Kap Finisterre jenseits der Straße von Gibraltar.«
»Dann bitte ich um Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen, um mich weiter um die Vorbereitungen zum Aufbruch zu kümmern.«
»Und was ist mit meinen Männern, Sir?«, fragte de Montrichard, der jetzt amtierender Präzeptor war, nachdem auch de Berenger den Raum verlassen hatte.
Der Admiral warf einen Seitenblick auf Sinclair, bevor er antwortete. »Eure Anweisung lautet, in der Kommandantur zu verharren, Euch widerstandslos zu ergeben, wenn Ihr dazu aufgefordert werdet, und Euch unter keinen Umständen zur Gegenwehr provozieren zu lassen.«
De Montrichards Miene war unergründlich, doch er nickte. »Ich werde es meinen Männern berichten, Sir.«
»Einen Moment noch. Sir William, ich brauche Euren Rat. Die Anweisungen des Großmeisters waren ja sehr eindeutig, nicht
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