Der Schwur der Ritter
Euch das in der Enge dieses kleinen schwarzen Lochs gelungen ist. Kann ich Euch dazu bewegen, ins Freie zu treten und Gottes reine Luft zu atmen? Es wird Euch guttun, das verspreche ich Euch.«
Langsam ließ der Admiral die schützende Hand sinken, obwohl er immer noch blinzelte. Dann schloss er die Augen und schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund, öffnete die Augen und blinzelte erneut wie eine Eule, bevor er fragte: »Welcher Tag ist heute?«
»Es ist Freitag, Admiral. Es hat fünf Tage lang gestürmt.« Und Ihr seht aus, als wärt Ihr seit vier Tagen tot, fügte sie in Gedanken hinzu – noch nie war er ihr unfrisiert und ungewaschen gegenübergetreten.
Er sah sie an, und sein Gesicht nahm einen angewiderten Ausdruck an, während sich sein Mund bewegte. »Ich habe einen grauenvollen Geschmack im Mund.« Sein Blick richtete sich auf den Sakristan, der hinter ihr stand. »Thomas, würdet Ihr mir etwas Wasser holen?«
Sie konnte tatsächlich riechen, wie sich der Sakristan entfernte, denn sein saurer Körpergeruch verschwand.
»Ein seekranker Admiral«, murmelte St. Valéry. »Ich habe ja meine Schwächen, aber dies zählt gewöhnlich nicht dazu. So schlecht ist es mir seit Jahren nicht mehr gegangen. Gebe Gott, dass genauso viele Jahre vergehen, bevor es noch einmal geschieht.« Er musste husten. »Freitag, sagt Ihr? Seit La Rochelle ist schon eine Woche vergangen? Und wo sind wir jetzt?«
»Gott sei Dank schwimmen wir noch, doch mehr kann ich Euch nicht sagen. Sergeant Tescar und ich sind wider jede Logik die beiden gesündesten Geschöpfe an Bord dieses Schiffes. Obwohl wir echte Landratten sind, konnten die Stürme weder unseren Mägen noch unseren Beinen etwas anhaben. Außer uns sind noch fünfzehn Mann gesund geblieben, aber keiner von ihnen kann navigieren, und so haben sie keine Ahnung, wo wir sind. Doch wir befinden uns auf dem Wasser und nicht darunter, und dafür zumindest sind wir dankbar.«
»Was sagt Ihr da, Schwester? Was ist das für ein Unsinn? Wo sind denn meine Offiziere?«
»Im Bett, Sir, bis auf den letzten Mann genauso krank wie Ihr.«
»Aber das ist ja … unvorstellbar. Und meine Männer?«
»Ebenfalls krank. Und Tescar sagt, dass drei von ihnen während des Sturms gestorben sind.«
»Woran denn, in Gottes Namen?«
»An der Seekrankheit.«
»An der …« St. Valéry hielt inne und schüttelte den Kopf. »An der Seekrankheit stirbt man nicht. Davon habe ich noch nie gehört, auch wenn man sich zeitweise wünschen mag, es wäre so. Wisst Ihr noch, ob die Männer alle gleichzeitig krank geworden sind?«
Jessie runzelte die Stirn. »Aye, ich glaube schon, doch mir war selbst einen halben Tag und eine Nacht schlecht, als es zu stürmen begonnen hat, und als es mir wieder besser ging, waren alle anderen krank geworden, auch Ihr.«
St. Valéry legte nachdenklich den Kopf zurück. »Hier ist etwas Merkwürdiges im Spiel, etwas Verdächtiges. Für mich klingt das wie eine Vergiftung. Etwas Ähnliches habe ich einmal in Arabien erlebt. Dieses Fleisch am ersten Abend auf See. Ich hatte doch das Gefühl, dass es einen seltsamen Beigeschmack hatte.« Sein Blick richtete sich wieder auf Jessie. »Sagt mir – habt Ihr an jenem ersten Abend auf See etwas gegessen? Und Tescar?«
»Nein.« Jessie schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe den Appetit verloren, sobald der Seegang einsetzte, und war die nächsten Stunden todkrank. Ich kann nicht sagen, ob Tescar etwas gegessen hat, aber ich weiß, dass ihm noch vor mir übel geworden ist.«
»Dann muss das der Grund für die Krankheit sein, die uns befallen hat. Wir haben Pökelfleisch gegessen. Das Brot war tags zuvor in La Rochelle frisch gebacken worden. Wäre das Fleisch doch genauso frisch gewesen.« Er ließ den Blick durch die Kajüte schweifen. »Ich sollte wirklich aufstehen.« St. Valéry zog sich langsam hoch, konnte aber in der niedrigen Kajüte nicht aufrecht stehen. Wieder verzog er das Gesicht und bewegte vorsichtig seine Schultern. »Was ist mit den anderen, dem Rest der Flotte? Sind sie in Sichtweite?«
Jessie zuckte mit den Achseln. »Ich habe mich heute Morgen zum letzten Mal umgesehen, und da waren wir allein. Es war nirgendwo etwas zu se hen – doch man konnte auch nicht weit sehen, weil der Wellengang zu hoch war.«
Bruder Thomas kehrte mit einem Hornbecher und einem Wasserschlauch zurück. St. Valéry bedankte sich bei ihm, trat an Deck und hielt ihm den Becher hin, während der Sakristan ihm einschenkte. »Sagt mir,
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