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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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hätten uns ja auch helfen können. Zehn Minuten früher, und –«
    »Zehn Minuten früher? Sei froh, dass ich es überhaupt geschafft habe, ohne die Hilfe eines Einhorns hier herunter zu kommen. Ich kann meinen Posten nämlich nicht einfach mal so verlassen und zwischen den Welten herumhüpfen. Das ging nur, indem ich den Zauber auf einen Stellvertreter abgewälzt habe. Und da er noch reichlich ungeübt ist, schlage ich vor, dass ihr alle schleunigst nach Hause reitet, bevor noch etwas Unvorhergesehenes passiert. Ich kann eure Eltern nicht mehr daran hindern, die Polizei zu rufen, wenn ihr morgen früh nicht in euren Betten liegt! Ich hatte euch durch Wechselbälger ersetzt, aber die sind jetzt verschwunden, da ich nicht mehr da bin, um sie zu kontrollieren.«
    »Wechselbälger?«, wiederholte Sonja verwirrt.
    »Ja. Lass es dir von deinem schlauen Bruder erklären; er ist innerhalb von fünf Minuten dahintergekommen, dass seine Schwester nicht seine Schwester war. Und er hat mir ganz schön die Hölle heißgemacht deswegen.« Sie verzog das Gesicht. »So hat mich seit fünfhundert Jahren niemand angeschrien. Na, jedenfalls hat er sich schließlich bereit erklärt, mir zu helfen. Nur deshalb konnte ich überhaupt herkommen.«
    »Was?«, fragte Sonja entgeistert. »Heißt das, Philipp ist jetzt Ihr Stellvertreter?«
    »Das habe ich doch gerade gesagt, oder?«, gab Asarié gereizt zurück. »Oh, schau mich nicht so an. Es wird nicht lange dauern. Nur so lange, bis ich mit Ganna und Veleria besprochen habe, was jetzt passieren soll. Danach komme ich wieder zurück, und dann ist dein Bruder den Job wieder los.« Sie schaute Melanie an. »Für dich wird das allerdings nicht so einfach.«
    Melanie biss sich auf die Lippe und sagte kläglich: »Ich weiß.«
    »Gar nichts weißt du. Du bist völlig ahnungslos und unvorbereitet und hast dir ein paar böse Träume eingehandelt. Aber ich muss immerhin sagen, dass du einen noch viel böseren Fehler zumindest wiedergutgemacht hast.« Sie schüttelte den Kopf, schien sich aber doch allmählich zu beruhigen. »Wenn ich bedenke, dass ich gesagt habe, du hättest keine Aufgabe …«
    Melanie sah Darians raschen Blick und wurde rot.
    »Tja«, sagte Asarié. »Wieder etwas dazugelernt. Los, Mädchen, aufsitzen. Wenn ihr euch beeilt, kommt ihr gerade noch pünktlich in die Schule.«
    »Na schön«, sagte Melanie. »Darian, komm!«
    »Wohin?«, fragte er überrascht, und erst da merkte sie, wie sehr sie sich an ihn gewöhnt hatte. Sie wurde rot. »Na ja – ich dachte –«
    »Dass ich mit euch zurückgehe?« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Ich bleibe hier, wo ich hingehöre.«
    »Aber wohin willst du gehen?«, fragte Sonja besorgt. »Der Spürer sucht dich, und niemand weiß, wo deine Eltern sind! Du kannst nicht nach Chiarron gehen!«
    »Ich weiß«, sagte er leise. »Ich gehe zu den Nomaden. Ich werde ihnen helfen, die alten Völker zu finden und davon zu überzeugen, dass wir alle gemeinsam gegen den Spürer kämpfen müssen. Und ich werde meine Eltern suchen. Ich komme schon zurecht.«
    »Wir gehen zusammen«, sagte Asarié. »Ich habe einiges mit Ganna zu besprechen.«
    »Ich habe die Mayakó getroffen«, sagte Sonja, als sie sich plötzlich daran erinnerte. »Ich habe ihnen erzählt, dass Ganna sie um Hilfe bittet. Ich weiß aber nicht, ob sie mich verstanden haben …«
    »Das werden wir schon herausfinden. Lebt wohl! Möge die Göttin euch schützen! Und du, Nachtfrost – bring sie sicher nach Hause!«
    »Leb wohl, Nachtfrost«, sagte Darian leise. Nachtfrost schaute ihn an und senkte den Kopf wie zum Gruß.
    Gleich darauf lernte auch Melanie das seltsame Schwindelgefühl kennen, das den Zauber begleitete, mit dem sie auf den Rücken des schwarzen Einhorns versetzt wurde. Sie legte die Arme um Sonja – etwas ängstlich, ob die Freundin sie überhaupt noch bei sich haben wollte. Aber Sonja schaute über die Schulter zu ihr zurück und lächelte. »Es wird alles gut«, sagte sie leise. »Egal, was passiert, wir kommen schon damit klar.«
    Melanie lächelte dankbar. Sie wusste, dass sie in Zukunft sehr viel vorsichtiger sein würde – zumindest nahm sie sich fest vor, erst nachzudenken, bevor sie handelte. Und sie begriff, dass Sonja sich noch mehr verändert hatte. Sie war viel stärker und ernster geworden, auch wenn Melanie noch nicht einschätzen konnte, wie tief diese Veränderung ging. Auf jeden Fall war sie selbst endlich nicht mehr eifersüchtig, sondern

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