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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nur mit dem Messer. Ueberdies täusche ich mich nicht im mindesten. Sie sind der junge Riberto, welcher – – –«
    »Halt!« brüllte Perdido. »Kein Wort weiter, sonst – – –!«
    »Was, sonst?« fragte Gorra furchtlos. »Wollen Sie etwa wagen, mir zu drohen?«
    Er hatte ihn noch immer beim Arme. Ich saß ganz in der Nähe der Stelle, auf welcher die beiden standen, und erhob mich, um bei einem zusprechenden Handgemenge nicht im Wege zu sein.
    »Ja, das wage ich!« schrie Perdido. »Ich dulde es nicht, daß ich mit einem Menschen verwechselt werde, der – – – –«
    Er hielt inne, denn er merkte, daß er im Begriffe stand, sich zu verraten. Gorra vollendete den unterbrochenen Satz mit einem sehr bezeichnenden Lächeln:
    »Der mit dem ganzen Vermögen seines Vaters durchgegangen ist. Nicht wahr, das wollten Sie doch sagen?«
    Perdido riß sich von ihm los, stieß ein förmliches Wutgeheul aus, zog ein geladenes Pistol aus dem Gürtel und – – – wollte schießen, kam aber nicht dazu, denn ich hatte von hinten blitzschnell die Hand, welche das Pistol hielt, ergriffen, und sagte:
    »Hier wird nicht geschossen, Sennor Perdido oder Sennor Riberto! Sennor Gorra hat recht. Sie sind grob gewesen und müssen ihn um Verzeihung bitten.«
    Er drehte sich nach mir um und brüllte mich an:
    »Laß mich los, Hund, sonst ist es aus mit Dir!«
    Da ich ihn dennoch fest hielt, zog er mit der linken Hand das zweite Pistol und richtete es auf mich. Der Hahn knackte; da krachte er aber auch wie ein Sack auf den Boden nieder. Ich hatte ihm meine Faust gegen die Schläfe geschlagen, mein alter, bewährter Jagdhieb, auf dessen Wirkung ich mich stets verlassen konnte.
    »
Valgame Dios!
« wurde gerufen. »Welch ein Hieb! Der Mann ist tot!«
    »Nein,« antwortete ich; »er ist nur betäubt und wird in einigen Minuten wieder zu sich kommen. Nehmen Sie ihm die Waffen weg, Sennores, damit er dann kein Unheil anstiften kann!«
    Dies geschah. Die beiden Cascarilleros, welche ihm versprochen hatten, ihn mitzunehmen, erklärten, daß sie dies nun lieber nicht thun möchten. Ich aber wollte ihn nicht wiederhaben, und hierbleiben konnte und sollte er auch nicht; darum brachten wir sie so weit, daß sie sich bereit zeigten, ihm ihr Versprechen doch zu halten. Der Sicherheit wegen nahmen sie seine Flinte, die Pistolen und auch das Messer und trugen sie nach dem Boote, um sie dort einstweilen zu verstecken.
    »Ich habe doch recht, Sennores,« erklärte Antonio Gorra. »Er heißt Riberto und ist genau derjenige, den ich meine, ein früherer Nachbar und Spielkamerad von mir.«
    »Woher?« fragte ich.
    »Buenos Aires. Mein Vater war arm, der seinige aber ziemlich reich, ein Bankier und sehr braver, frommer Mann. Desto schlimmer war sein Sohn, ein Taugenichts, der dem Vater nichts als Gram und Sorge bereitete. Dieser mußte einst nach Rio de Janeiro reisen, und während der Zeit seiner Abwesenheit hat der Sohn leeren Tisch gemacht. Als der Bankier nach Hause kam, war hier dieser sogenannte Sennor Perdido mit der Kasse fort, und bald stellte sich gar noch heraus, daß er sich außerdem noch reichlich mit Anweisungen, Wechseln oder Checks oder wie diese Papiere heißen, von denen ich nichts verstehe, versehen hatte, um an andern Orten auch noch bedeutende Gelder zu erheben. Diese Summen mußte sein Vater später ersetzen und machte Bankerott. Die Mutter starb vor Gram; der alte Sennor Riberto verschwand und ist nicht wieder gesehen worden; auch über den jungen habe ich nichts vernommen, bis heute, wo er plötzlich vor mir stand.«
    »Und Sie sind fest überzeugt, daß er es wirklich ist?«
    »Fest; ich kann es mit hundert Eiden beschwören.«
    »Dann bin ich froh, daß ich diesen Menschen losgeworden bin.
    Es ist am besten, Sie schaffen ihn ins Boot, damit er uns aus den Augen kommt.«
    Zwei Cascarilleros waren bereit, ihn fortzuschaffen. Eben als sie ihn anfassen wollten, bewegte er sich. Er kam zu sich, sprang auf und wollte nach den Waffen greifen. Er vermißte sie und verlangte sie in drohendem Tone zurück; ich sah, daß er es ganz besonders auf mich abgesehen hatte. Da aber bedeutete ihm Antonio Gorra:
    »Seid wer Ihr wollt, Sennor, ob Perdido oder Riberto, das soll uns gleich sein; aber hier ist Eure Rolle ausgespielt. Eure Waffen liegen im Boote, und Euch werden wir auch dorthin bringen. Die Kameraden, mit denen Ihr fortwollt, mögen sogleich mit Euch abrudern. Dann sind wir Euch los. Ein Kerl wie Ihr gehört nicht unter solche

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