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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Caballeros, wie hier versammelt sind!«
     

    Perdido wollte Widerspruch erheben, wurde aber von vier oder fünf sehr kräftigen Cascarilleros gepackt und fortgeschafft.
     
    Perdido wollte Widerspruch erheben, wurde aber von vier oder fünf sehr kräftigen Cascarilleros gepackt und fortgeschafft. Als er nun einsehen mußte, daß jeder Widerstand nutzlos sei, drehte er sich noch einmal nach mir um und drohte mir mit der geballten Faust. Die, welche ihn ins Boot gebracht hatten, kamen nicht eher zurück, als bis dasselbe auf dem Wasser schwamm und die Mitte des Stromes erreicht hatte. Von ihnen erfuhr ich, daß seine letzten Worte gewesen waren:
    »Sagt dem verdammten Aleman 1 , daß ich, wenn er mir jemals wieder vor die Augen kommt, mit ihm abrechnen werde!«
2.
Domingo de ramos
(Palm-Sonntag)
    Vor einigen Jahren war ich mit einer Schar von Tobakriegern hoch oben auf der Pampa de Salinas gewesen, wo wir sehr Wichtiges erlebt hatten. Ich wollte jetzt hinauf nach dieser Pampa, um die Stätte der damaligen Ereignisse wiederzusehen, und meine drei Tobas waren gern bereit, mich zu begleiten. In Cochabamba versahen wir uns mit guten Pferden, die dort sehr billig sind, und mit allem, was wir zu dem Ritte brauchten, und dann ging es nach der Cordillere, ohne daß wir einen Führer mitnahmen, denn es liegt für mich ein eigener Reiz darin, mich wie ein Vogel auch da zurecht zu finden, wo ich noch nie gewesen bin.
    Wenn man, an der untersten Stufe der Cordilleren 2 stehend, dein freien Blick nach rückwärts hinuntergleiten läßt, so schweift er über hügelig durchwellte Landschaften bis hinunter nach dem Tieflande, welches sich als unbegrenzte Fläche bis zum fernen Horizonte ausbreitet. Von da unten herauf atmet ein warmes, süßduftendes Leben. Die Ebene ist von den feurigen Tinten der Tropensonne überflutet und streckt tausend unsichtbare Arme aus, den Wanderer wieder zu sich hinabzuziehen.
    Hier oben aber atmet die Brust eine gesunde, von dem Fieberhauche des Tieflandes freie Lebensluft. Dunkle Waldflächen wechseln mit freiliegenden, grünen Pampas, welche das Auge erquicken und den Europäer heimatlicher anmuten als die Dickichte der Tieflandsflüsse oder die hoch über ihm von den Gebirgsschultern getragenen weiten, öden Puam-Flächen.
    Da, wo am Fuße der Cordilleren Menschen fernab von der Verkehrsstraße wohnen, bauen sie sich kleine, einstöckige, mit Palmenstroh gedeckte Häuser, welche regelmäßig um einen großen, freien Platz gelagert werden.
    Jedes dieser Häuschen hat einen Garten, hinter welchem die Felder liegen, von deren Ertrag der Montañero seinen Unterhalt bestreitet. Vielleicht giebt es auch eingehegte Weideplätze mit darauf weidenden Herden, deren Besitzer dann den Ruf eines reichen Mannes hat.
    Der Montañero ist ein einfacher Mann, dabei aber sehr höflich und sehr stolz wie jeder Spanier. Er lebt wie ein Freigraf unter Seinesgleichen und hält sich für besser und auch glücklicher als der Bewohner der tief unter ihm liegenden Ebene. Die Händel, bei denen da unten oft mit Menschenblut bezahlt wird, gehen ihn nichts an, doch sieht er es gern, wenn hie und da jemand von dort zu ihm heraufsteigt, von dem er erfahren kann, was im Tieflande geschehen ist und wie man sich da unten schlägt und verträgt.
    Gewöhnlich ist das ein Comerciante, ein Handelsmann, welcher den Bewohnern der Höhe diejenigen Erzeugnisse der Industrie zuträgt, welche da oben zwar auch gebraucht, doch nicht verfertigt werden. So einen Comercianten darf man in Beziehung auf das Ansehen, in dem er steht, keineswegs mit unseren Hausierern vergleichen. O nein! Er ist ein Caballero (Kavalier) in jeder Beziehung und wird als solcher von jedermann geachtet und geehrt. Daß er Geld verdienen will, bringt seinem Ansehen nicht den geringsten Schaden, und wenn er einer hübschen Montañera ja einmal einen schlechten Schmuck als gutes Gold verkauft, wird bei seinem nächsten Besuche im Scherz darüber hinweggegangen, und die Freundschaft bleibt trotzdem dieselbe, wie sie vorher gewesen ist.
    Diese schöne Verträglichkeit pflegt nur dann Einbuße zu erleiden, wenn mehrere Comerciantes an einem Orte, wo sie Geschäfte machen wollen, zusammentreffen. Dann macht der gelbe Neid sich bemerkbar, und die stolzen Caballeros verwandeln sich in gemeine Kampfhähne, welche wütend über einander herfallen.
    Frutobamba war ein solches Gebirgsdorf, welches wir am Sonnabend vor Palmarum gegen Abend erreichten. Es bestand aus vielleicht zwölf

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