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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lag auf meiner rechten, Halef auf seiner linken Seite; ich kehrte den erwähnten Moschusweiden den Rücken zu, während Halef ihnen das Gesicht zuwendete. Mitten in der Unterhaltung sah ich plötzlich seinen Blick und seine Züge starr werden; es war beinahe die Starrheit des Schreckes. Ich drehte mich um, gerade zur rechten Zeit, um eine Schar wild aussehender Männer durch die Weiden brechen und auf uns zustürzen zu sehen. Ich wollte aufspringen und griff mit beiden Händen nach den Revolvern, welche ich des Regens wegen möglichst tief in den Gürtelshawl gesteckt hatte – – es war bereits zu spät. Im nächsten Augenblicke lagen alle diese Menschen schwer auf uns. Ich versuchte, sie abzuwerfen, mich emporzubäumen, vergeblich! Ich bekam trotz meiner Körperkraft nicht einmal die Arme und Hände wieder frei. Es waren der Kerls zu viele. Ja, wenn ich wenigstens Zeit gehabt hätte, aufzuspringen! Durch die Mauer rückenfrei, hätte ich mich gewiß nicht niederringen lassen; da ich aber liegend überrumpelt worden war und ich nicht einmal Platz zu einem kräftigen Stoße fand, blieb mir nichts anderes übrig, als nach einem kurzen Versuche den ganz unnützen Widerstand aufzugeben. Ich wurde mit Baststricken ebenso gebunden, wie Halef, der gar keine Gegenwehr versucht hatte, sofort gefesselt worden war.
    Die Menschen, mit denen wir es zu thun hatten, waren alle ohne Ausnahme sehr kräftige Gestalten; ich zählte ihrer mehr als zwanzig. Perser waren sie nicht; das sah ich ihnen gleich an. Wahrscheinlich gehörten sie einem Nomadenstamme an. Zu meinem Ärger befand sich der Bettler unter ihnen, und sein Junge stand an der Mauerecke und lachte uns in einer Weise an, welche ebenso deutlich wie Worte sagte: »Schaut her, Ihr Dummköpfe, was für ein gescheiter Kerl ich gegen Euch bin!« Übrigens hatte ich während des Überfalles und unserer vergeblichen Gegenwehr kein Wort gesagt; ich verhielt mich auch jetzt noch vollständig schweigsam; Halef aber, dem es unmöglich war, seinen Grimm zu bemeistern, schimpfte wie ein Rohrspatz. Dadurch forderte er aber den Zorn des Anführers heraus, welcher ihm unter einigen derben Fußtritten die Verwarnung erteilte:
    »Schweig’, Hund! Es soll Euch an Euerm Leben nichts geschehen; wenn Ihr uns aber beleidiget, schießen wir Euch nieder, Ihr unnützen Stadtkröten! Wir wollen nur Eure Pferde, Eure Waffen und ein Lösegeld, dessen Höhe wir noch bestimmen werden. Wir haben Euch in Chadschikara entdeckt und sind Euch schnell vorausgeritten, um Euch unweit von hier festzunehmen; Ihr habt es uns aber dadurch, daß Ihr hier einkehrtet, leichter gemacht. Dieser Mann und sein Knabe lagen hier, um Eure Ankunft zu beobachten; er holte uns. Jetzt reiten wir fort. Seid klug und schickt Euch in die Gefangenschaft! Ihr könnt nur durch Erhebung Euer Leben retten.«
    Er hatte, als er sprach, sich eines Gemisches von Arabisch, Persisch und Kurdisch bedient, womit er meine Vermutung bestätigte, daß er mit seinen Leuten irgend einem Ihlaut 16 des Grenzgebirges angehöre. Er hielt uns für Stadtleute, weil wir schwarze persische Lammfellmützen trugen, welche wir, um nicht gleich für Ausländer angesehen zu werden, in Bagdad gekauft hatten. Also, der Mann war mit seinem Knaben als Kundschafter hier versteckt gewesen! Sie hatten uns kommen sehen, und das war der Grund meiner Beobachtung, daß sie, als wir in der Ruine erschienen, keine Überraschung zeigten.
    Der Regen hörte plötzlich und vollständig auf, als ob er als ein Verbündeter der Räuber nur die Aufgabe gehabt habe, uns in dieses alte Gemäuer zu treiben. In einiger Entfernung von diesem hielten die zurückgelassenen Pferde unserer neuen, liebenswürdigen Bekannten. Wir wurden hingeführt. Der Anführer bestieg meinen Ben Rih, und ein anderer schwang sich auf Halefs Hengst. Darüber ergrimmte mein kleiner Hadschi so, daß er augenblicklich das »Geheimnis« anwandte. Dieses bestand aus dem zweimaligen Aussprechen des Wortes »litaht« 17 und einem Pfiff dazwischen. Sobald unsere Rappen dieses Zeichen hörten, gingen sie mit gleichen Beinen in die Luft, und die Reiter flogen herab. Die Abgeworfenen versuchten fluchend wieder aufzusteigen, was ihnen aber nicht gelang; es blieb also nichts anderes übrig, als die Hengste uns beiden zu lassen. Wir stiegen auf und wurden festgebunden. Es bedarf wohl nicht der besondern Erwähnung, daß man uns nicht nur die Waffen abgenommen, sondern auch die Taschen vollständig leer gemacht hatte. Dann

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