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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ging es fort, indem wir zwischen je zwei Aufpasser genommen wurden. Ich ritt an der Spitze und Halef am Ende des Zuges; wir konnten also nicht miteinander sprechen.
    Ich war überzeugt, daß die jetzigen Besitzer unserer Personen nicht auf dem gebahnten Wege bleiben würden; sie wendeten sich auch sehr bald nach einer engen Seitenschlucht, welche linker Hand die hohe Felswand spaltete. Da hinein ging es, und ich fragte mich, ob wir jemals Kirmanschah erreichen und die Umm ed Dschamahl finden würden.
II.
    Es ist keineswegs angenehm, der Gefangene von halbwilden Ihlauts zu sein, denn es kann sich, alles andere gar nicht gerechnet, leicht um Tod oder Leben handeln; aber ich würde lügen, wenn ich sagen wollte, daß mir dabei bange gewesen sei. Ich befand mich nicht zum erstenmal in der Gewalt derartiger Leute. Wie oft nur war ich von den Indianern Amerikas fortgeschleppt worden, um am Marterpfahle zu sterben, und ihnen doch stets entkommen. Und mit diesen Roten, besonders den Sioux und den Komantschen, meinen Todfeinden, waren diese Ihlauts nicht im entferntesten zu vergleichen! Die Männer, welche sich heute unser bemächtigt hatten, besaßen im Verhältnisse zu den blutdürstigen, unerbittlichen Indsmen ein so biederes Aussehen, daß mir unsere Gefangennahme ungefähr wie ein unterhaltendes Bühnenspiel vorkam, bei dem mir und Halef die leidenden Rollen zugeteilt worden waren – – – wenn der Vorhang niedergegangen ist, applaudiert das Publikum, und es löst sich alles in Wohlgefallen auf.
    Um unser Leben war es mir also ganz und gar nicht, um unsere Freiheit ebensowenig. Es handelte sich um unser Eigentum. Man schien es ganz besonders auf unsere Pferde abgesehen gehabt zu haben. Diese hatten die Begierde der Ihlauts erregt, und da die Besitzer so kostbarer Pferde nach den Begriffen dieser Naturmenschen steinreiche Leute sein mußten, so hofften sie, uns ein tüchtiges Lösegeld erpressen zu können.
    Wir wurden gar nicht schlecht behandelt. Man suchte uns unsere Lage möglichst zu erleichtern, und als wir kurz nach Mittag in ein großes Zeltdorf kamen, durften wir absteigen und uns bequem nebeneinandersetzen und erhielten ganz dasselbe Essen, welches die Ihlauts auch für sich bereiteten. Das Lager war bedeutend; ich zählte wenigstens hundert schwarze Zelte, in denen mehr als fünfhundert Menschen wohnen mochten. In der Nähe weideten Pferde, unter denen sich kein einziges schlechtes befand, und viele wohlgenährte Rinder, Schafe und Ziegen; sogar Gänse sah ich zwischen den Zelten herumwackeln. Die Männern waren lauter kräftige Gestalten, denen man die Wirkung der gesunden Bergluft ansah, und unter den Frauen und Mädchen, welche völlig unverschleiert gingen, gab es einen größeren Prozentsatz von Schönheiten, als ich sonstwo angetroffen hatte. Da die Orientalinnen nur eine kurze Jugend besitzen, erschien es mir auffällig, daß ich keine sogenannte »alte Frau« entdecken konnte. Ich sah keine Falten. Sie hatten alle die lebhafte, gesunde Karnation der Bergbewohnerinnen, aber dabei eine so reine, zarte Haut, daß man meinte, durch sie das Blut pulsieren zu sehen. Ich mußte unwillkürlich an das Schönheitsmittel der Umm ed Dschamahl denken, und als ich, dadurch aufmerksamer geworden, nun förmlich nach Hautverunzierungen suchte, fand ich keine einzige Art davon. Ich konnte weder ein Mal, einen Leberfleck, Sommersprossen, Pusteln, Finnen noch eine der sonstigen Hautentstellungen entdecken, welche das heimliche Leiden so manches weiblichen Wesens bilden. Als ich Halef darauf aufmerksam machte, sagte er:
    »Sihdi, das ist mir auch sofort aufgefallen! Selbst bei meinen Haddedihn, die auf die Unvergleichlichkeit ihrer Frauen und Töchter so stolz sind, gibt es nicht halb so viele Schönheiten wie hier. Ich lasse mir für jeden Dud ed Dschild, 18 den Du hier in einem Gesichte findest, eine ganz gewaltige Ohrfeige von Dir geben und bin der Überzeugung, daß alle diese Töchter der Ihlauts die ›Salbe der Schönheit‹ besitzen, welche ich für meine Hanneh, die herrlichste unter allen Rosen des Blumenreiches, suche. Soll ich fragen?«
    »Behüte! Eine solche Frage würde eine unverzeihliche Beleidigung sein.«
    »Aber wie soll ich sonst erfahren, auf welche Weise ich den geliebten Inhalt meines Harems ebenso schön machen kann, wie diese Frauen sind?«
    »Warte nur! Die Aufklärung über diese höchst wichtige Angelegenheit wird uns wahrscheinlich ganz von selber kommen.«
    »Hat Deine Emmeh sehr viele

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