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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Messer sowieso schon bei dir hattest, warum hast du es nicht benutzt, als du mich umbringen wolltest?«
    »Ich habe mich an meine Mutter erinnert. Die hat einmal gesagt, böse Geister treibt man mit Schmerz aus. Im Übrigen, ich wollte dich schon erstechen, aber dann schien es irgendwie …, na ja, unfair.«
    Sascha machte ein verdutztes Gesicht. Dann brach er in Gelächter aus. »Du bist mir bis hier gefolgt, mit der festen Absicht, mich umzubringen, aber dann wolltest du das Messer nicht benutzen, weil es dir plötzlich unfair erschien. Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe!«
    »Ich soll dumm sein?«, fragte Antonio. »Habe etwa ich angeboten, dass mich dieses Dingsbums verfrühstückt?« Ihn schauderte. »Ist es jetzt ein für alle Mal weg?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Sascha, »ich hoffe es.«
    Er hob behutsam sein Hemd und betrachtete die Wunde, die ihm Antonios Messer zugefügt hatte. So schlimm wie befürchtet war es gar nicht. Das Messer war an den Rippen entlanggeschrammt, und obwohl es garstig aussah, war es keine tiefe Wunde. Daran würde er augenscheinlich nicht sterben.
    »Ich will dir keine Angst einjagen«, sagte Antonio mit einem Blick über Saschas Schulter, »aber wir sollten uns doch aus dem Staub machen.«
    »Das geht nicht!« Sascha richtete sich mühsam auf. »Morgaunt gibt nicht so leicht auf, bloß weil du den Dibbuk vertrieben hast. Er hat gewiss einen Plan B.«
    »Oh, ich weiß schon, wie der aussieht.«
    Sascha folgte Antonios Blick und sah, dass die Beleuchter ihren Platz verlassen hatten und sich nun hinter den Kulissen zu schaffen machten.
    »Was tun sie denn da?«
    Antonio schenkte ihm einen mitleidigen Blick. »Was tun Leute denn normalerweise mit Benzin und Streichhölzern?«
    Die Flammen schlugen hoch und züngelten an den Kulissen empor. Doch Sascha erkannte gleich, dass das nur ein Ablenkungsmanöver war. J.P.Morgaunt stellte seine Schachfiguren neu auf, sodass Wolf keine andere Wahl blieb, als die Züge zu machen, die er für ihn geplant hatte. Doch die Einsicht half ihm nicht weiter. Ihnen blieb nur eines zu tun, auch wenn es genau das war, was J.P.Morgaunt von ihnen erwartete.
    Er hob den Kopf, legte beide Hände trichterförmig an den Mund und schrie: »Feuer!«.
    Zuerst reagierte niemand. Das Publikum verfolgte gebannt Houdinis dramatischen Befreiungsversuch. Dann sah Sascha, wie eine Frau zu ihnen hinaufschaute, die Augen aufriss und zu schreien begann.
    Auf der Bühne griff ein Feuerwehrmann zur Axt neben der Wasserfolterzelle und schlug die Glasscheibe ein. Mit einem Schlag war Houdini befreit und zugleich strömten jetzt auch mehrere Hundert Liter Wasser aus. Houdini machte das Beste aus der Situation und Edison, auf seine Weise, ebenfalls. Binnen weniger Sekunden hatte sich Houdini von seinen Fesseln befreit und half, Zuschauer zu den Notausgängen zu schieben. Edison hatte nur Augen für seinen Ätherographen. Statt wie jedermann dem Notausgang zuzustreben, versuchte er, seinen kostbaren Prototypen zu retten.
    Unterdessen traten Sascha und Antonio den mühsamen Abstieg an. Antonio kam als Erster unten an und half Sascha bei den letzten Sprossen. Sie schauten sich um und suchten einen Weg aus den Flammen – und standen plötzlich vor einem stämmigen Feuerwehrmann in voller Montur.
    »Das ist kein Spielplatz!«, rief er. »Schnell raus hier!«
    Sascha fühlte sich erleichtert und sank halb gegen Antonio hin. Aber zu ihrem Entsetzen verwandelte sich der Mann vor ihren Augen.
    Nichts an ihm verriet, wer er wirklich war, jeden Augenblick konnte er sich in einen anderen verwandeln. Doch dass Magie im Spiel war, das sah Sascha an der flirrenden Aura. Als er gar den Mund auftat und mit stahlharter Stimme sprach, war ein Irrtum ausgeschlossen.
    »Kommt mit, Jungs!« J.P.Morgaunt klang beinahe fröhlich – und Sascha wagte gar nicht daran zu denken, worüber ein Mann wie Morgaunt sich freuen könnte. »Ich habe eine Aufgabe für euch.«
    Er marschierte los, und Sascha und Antonio folgten ihm, ohne dass Sascha hätte sagen können, ob sie von Zauberei oder der schieren Angst getrieben wurden.
    »Ist das J.P.Morgaunt?«, flüsterte Antonio.
    »Ja.«
    »Und der hat auch den Dibbuk gerufen?«
    Sascha nickte.
    »Dann hätte ich also ihn erschießen müssen.«
    »Wo ist übrigens das Schießeisen?« Dass Sascha nicht schon früher daran gedacht hatte! »Das wäre jetzt ganz nützlich.«
    Antonio sah verlegen aus. »Meine Mutter hat es mir weggenommen. Ich sollte zu Hause

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