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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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begriff er, dass ein Bühnenarbeiter oder Beleuchter einem Kollegen gepfiffene Anweisungen gab. Er blinzelte hinauf in die Dachsparren und sah zwei Beleuchter auf der Beleuchterbrücke, die damit beschäftigt waren, die großen Scheinwerfer zu installieren, die Edison und Houdini auf der Bühne ins rechte Licht rücken sollten.
    Der Dibbuk schlich gewandt durch die Schatten und schien genau zu wissen, wohin er wollte. Sascha hatte Mühe, ihm zu folgen, ohne sich zu verraten. Sie überquerten die Bühne, nur die dünne Leinwand des Thaterprospekts war zwischen ihnen und dem Publikum. Das Orchester hörte auf zu spielen. Edison und Rosie traten auch auf die Bühne, ihre Konturen zeichneten sich wie Scherenschnitte auf Leinwand ab. Während Sascha dem Dibbuk nachschlich, spielte Edison eine Klangwalze an. Doch Sascha hörte nicht richtig hin, er überlegte, wo Wolf steckte und warum der dem ganzen Wahnsinn nicht ein Ende setzte.
    Schließlich erreichte Sascha eine Stelle, von der aus er über das Rampenlicht hinweg ins Publikum schauen konnte. Er sah, wie Lily durch den Mittelgang huschte und nervöse Blicke in die Reihen warf. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen hatte sie Wolf noch nicht gefunden. Länger konnte sie die Menge nicht absuchen, ohne J.P.Morgaunts oder Keegans Aufmerksamkeit zu erregen. Sascha hätte vor Enttäuschung am liebsten geflucht.
    Der Dibbuk war jetzt nur noch wenige Schritte vor der offenen Bühne. Sascha lugte vorsichtig aus seinem Versteck und sah, wie die Gestalt den Kopf hob und vom Licht eines Scheinwerfers gestreift wurde. Sascha staunte: Das war nicht mehr die Schattengestalt, mit der er noch vor wenigen Stunden gerungen hatte. Der Dibbuk besaß jetzt feste Konturen und Substanz. Er sah wie ein echter Junge aus – ein Junge, von dem jeder Zeuge geschworen hätte, dass es sich um Sascha Kessler handelte.
    Sascha hatte diese schockierende Erkenntnis noch nicht verdaut, als der Dibbuk auf eine schmale Eisenleiter stieg, die hinauf ins Gerüst führte. Sascha zögerte, ihm zu folgen, vielleicht war es ja eine Falle. Aber er durfte die Spur des Dibbuks nicht verlieren. Was der auch plante, Sascha musste ihn an der Ausführung hindern. Also stieg auch er die Leiter hinauf.
    In regelmäßigen Abständen zweigten Bretter ab, auf denen man haltmachen konnte, doch der Dibbuk würdigte sie keines Blickes. Er wollte augenscheinlich hinauf zur Beleuchterbrücke. Dort oben konnte er unbemerkt genau über Edisons Kopf lauern: die perfekte Position, um ihn zu töten, sobald J.P.Morgaunt das Signal dazu gab.
    Als Sascha die Beleuchterbrücke erreichte, musste er seinen ganzen Mut zusammennehmen. Ein Geländer gab es nicht und auf den schmalen Brettern des Stegs lagen Seiltrommeln, unbenutzte Winden und leere Scheinwerfer. Es sah aus, als sei alles von einem vergeblichen Reparaturversuch liegen geblieben.
    Tief unter sich sah Sascha die Bewegungen von Edisons Kopf. Der Erfinder erläuterte gerade die Funktionsweise des Ätherographen. Rosie war neben ihm; die Pailletten ihres Bühnenkostüms glitzerten wie die Lichter der Achterbahn des Lunaparks. Im Orchestergraben schimmerte der kahle Schädel des ersten Flötisten, der immer noch den Kopf im Takt des gerade verklungenen Musikstückes wiegte. Am anderen Ende der Bühne hielt sich Houdini bereit. Neben dem mächtigen Behältnis der Wasserfolterzelle nahm er sich geradezu zwergenhaft aus.
    Schließlich war Houdini an der Reihe. Er ging, gefolgt vom Scheinwerferlicht, ein paar Schritte bis zur Bühnenmitte.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren«, sprach Houdini mit einer Stimme, die bis hinauf ins Dachgebälk deutlich zu vernehmen war. »An der chinesischen Wasserfolterzelle ist nichts Übernatürliches, auch nicht an den Methoden, die ich zu meiner Befreiung anwende. Der Boden und drei Seiten des Behälters sind aus gediegenem Mahagoniholz gemacht. Die Vorderseite besteht, wie Sie sehen, aus einer einzigen besonders festen Glasscheibe. Dürfte ich einige der verehrten Gäste aus dem Publikum zu mir auf die Bühne bitten, damit sie alles in Augenschein nehmen? Polizeipräsident Keegan, Bürgermeister Mobbs und, wenn ich so kühn sein darf, auch Mr James Pierpont Morgaunt?«
    Unten in der ersten Reihe erhoben sich der Bürgermeister, der Polizeipräsident und J.P.Morgaunt, auch wenn man ihnen ansah, dass sie es nicht gern taten.
    »Wenn die Herren bitte den Aufbau inspizieren und dem Publikum mitteilen, zu welchem Ergebnis sie kommen?«
    Von dem

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