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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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an dem Mann wahrnahm, als dieser in den Schankraum geführt wurde, war die eigentümliche Veränderung in seiner Miene. Hatten vorhin noch Feindseligkeit und Misstrauen seine Züge verdüstert, wirkten sie nunmehr irgendwie erleichtert und gelassen.
    „Dein Name?“, begann Wolf kurz und bündig die Befragung.
    „Engelbert. Engelbert Pötsch, hoher Herr.“
    Für die Dauer eines Lidschlags verharrten Wolf und die beiden Gallensteiner in völliger Verblüffung. Dann aber fuhren alle drei wie von einer Natter gebissen fast gleichzeitig von der Bank hoch.
    „D-u-u-u bist Engelbert Pötsch, der Fuhrmann?“, fragte Wolf heiser, während Arnim und dem Saurauer noch immer vor Überraschung der Mund offen stand.
    Nicht minder erstaunt reagierte Engelbert Pötsch.
    „Ja, Herr, Ihr habt richtig gehört. Ihr kennt mich?“
    „Kannst du mir sagen, Engelbert Pötsch, wie du, der du doch im Dienst der Herren Polo, Lombardi und dal Pietra stehst, dazu kommst, mit diesem Mörder- und Diebsgesindel gemeinsame Sache zu machen?“, knurrte Wolf Unheil verkündend.
    Pötsch sah entsetzt zu ihm hinüber.
    „Nein … das ist es ja gerade … es ist nicht wahr, hoher Herr. Erlaubt … erlaubt, dass ich das alles richtigstelle. Ich gehöre nicht zu diesem Mordgesindel, ich meine, zu diesem verdammten Orden. Dieser Teufel, den sie den Schwarzen nennen, zwang mich mit Drohungen in seinen Dienst. Ich sollte eine Botschaft nach Venedig bringen. Zum Kontor des Handelshauses der Schmelzer im Fondaco dei Tedeschi . Meinen Bruder Martin behielten sie als Geisel …“ Die Stimme Engelberts begann zu zittern. „Aber bitte, Herr – wenn Ihr mich der Reihe nach erzählen lassen würdet …“
    Wenig später waren die letzten offenen Fragen, die es bezüglich des Verbrechens in der Buchau noch gegeben hatte, endgültig geklärt. Pötsch hatte die Verhörrunde so gut er es vermochte über alles informiert: den Überfall selbst, den anschließenden Marsch in die Berge bei Windischgarsten, die Nacht auf dem Plateau, in der Abt und Prior das schaurige, mummenschanzartige Spektakel abgezogen hatten, sowie seine Reise nach Venedig und zurück.
    Wolf erhob sich von der Bank und ging langsam um den Tisch herum. Vor dem Fuhrmann blieb er stehen.
    „Helfrich, nehmt dem Mann die Fesseln ab!“, befahl er dem Hauptmann, der die ganze Zeit über hinter dem Stuhl, auf dem Pötsch saß, Posten bezogen hatte.
    Dann wandte er sich an den Fuhrmann: „Engelbert Pötsch, Ihr seid ab sofort wieder ein freier Mann. Aber beantwortet mir noch eine Frage. Dieser Abt und dieser Prior – Ihr konntet nichts an ihnen wahrnehmen, das uns wenigstens einen kleinen Hinweis auf ihre Identität gestatten würde?“
    „Nein. Nicht einmal die anderen von dem Gesindel kennen sie.“
    „Woher wisst Ihr das?“
    „Nun, wir – mein Bruder und ich – konnten hören, was die Männer sprachen, die an den Feuern saßen. Alle hatten auf einmal fürchterliche Angst, als der Schwarze sagte, Abt und Prior würden kommen. Einmal hörte ich einen von ihnen sogar sagen: ,Manchmal wünschte ich, ich wüsste, wer sie sind‘, worauf der andere sagte: ,Red keinen Unsinn; du weißt, es wäre dein sicherer Tod.‘“
    „Seht Ihr Euch in der Lage, uns den Weg zum Schlupfwinkel der Bande zu weisen?“
    Der Fuhrmann schüttelte bedauernd den Kopf.
    „Ich fürchte nein, edler Herr. Auch wenn ich es brennend gern tun würde. Aber dieser verdammte Horst, wie die Halunken ihr Versteck nennen, liegt gut versteckt in einer Fels- und Waldwildnis.“
    „Dann werden wir einen von den drei Ganoven dazu zwingen müssen. Dennoch muss ich Euch bitten, mit uns zu kommen. Die Strecke wiederzuerkennen, die Ihr schon einmal zurückgelegt habt, wird Euch sicher nicht schwerfallen. So dürfte es dem Halunken, der uns führen wird, auch nicht möglich sein, uns zu täuschen.“
    „Aber ja, Herr. Ich stehe Euch gern zu Diensten“, antwortete Engelbert erleichtert.
    Wolf nickte. „Ach ja, noch etwas: Dieses Dokument, das Euch in Venedig ausgehändigt wurde, Ihr sagtet, es befindet sich in Eurer Satteltasche?“
    „Ja, Herr. Soll ich es Euch bringen?“
    „Später. Wenn wir hier fertig sind. Fürs Erste seid Ihr entlassen; Ihr könnt jetzt gehen“, sagte Wolf.
    Er war außerordentlich zufrieden.
    Auch das Verhör Heiners verlief äußerst zufriedenstellend. Er zitterte vor Furcht und bettelte bereits um Gnade, noch bevor überhaupt die erste Frage an ihn gerichtet wurde – eine ideale Ausgangslage, die Wolf

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