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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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muss ihm offensichtlich von jemandem gesteckt worden sein, der bei dem Überfall dabei war und ihn darüber unterrichtete – einem seiner Schergen.“
    „Richtig. Als mir anlässlich unseres Besuchs in Steyr klar wurde, dass der Schmelzer hinter allem stecken musste, begriff ich auch, wie die Bande in den letzten Jahren so erfolgreich sein konnte – sie verfügte über einen hervorragend organisierenden Strategen. Was den Plan angeht, der hinter der Entführung der Venezianer steckte – einfach genial! Überlegt einmal: Die Familien der Entführer werden aufgefordert, auf das Konto des Schmelzer’schen Handelshauses in Venedig eine ungeheure Summe Lösegeld einzuzahlen. Giacomo Polo reist nach Steyr und bestätigt höchstpersönlich die Einzahlung. Die betroffenen venezianischen Familien bitten Jakob von Schmelzer, dem sie vertrauen und zu dem sie über Jahre hinweg hervorragende Geschäftsverbindungen unterhalten haben, ihnen dabei behilflich zu sein, das Geld in Form barer Münze zur Verfügung zu stellen, um die drei Geiseln auslösen zu können. Jakob von Schmelzer braucht daraufhin nichts anderes tun, als den Geldtransport an einen ganz bestimmten Platz zu dirigieren, wo er unzählige Säcke mit Dukaten entgegennimmt und sie anschließend an einem sicheren Ort verschwinden lässt. Niemand kann es ihm verwehren, schließlich lässt er die Geiseln erst frei, wenn er sich absolut sicher wähnt.“
    „Dieser ausgekochte Hurensohn“, murmelte der Graf. Verärgert schwieg er eine Weile, dann wandte er sich erneut an Wolf.
    „Wo Ihr gerade dabei seid, meinem Verständnis auf die Sprünge zu helfen – eines würde mich noch brennend interessieren.“
    „So, was denn?“
    „Es geht um Rupert Hauensteiner, meinen ehemaligen Diener. Und um diese ominöse Stiefelspur, die er hinterlassen hat. Ihr, ich, mein Neffe und Lisa waren die Einzigen, die um diese verräterische Einzelheit wussten. Jeder von uns hat ja angeblich Stillschweigen darüber bewahrt. Also frage ich mich, wie er das mit dem Stiefelabdruck wissen konnte, was ihn immerhin veranlasste, sich seines Schuhwerks zu entledigen?“
    „Das habe ich mich anfänglich auch gefragt. Aber die Antwort ist, glaube ich, denkbar einfach. Erinnert Ihr Euch an jenen elften August, als Euer Neffe überfallen wurde? Es war ein Freitag.“
    „Ja, natürlich.“
    „Am Nachmittag jenes Tages unterhielten wir uns in Eurem Arbeitszimmer darüber, was Eurem Neffen zugestoßen war. Dabei kamen wir auch auf die Stiefelspur zu sprechen. Und nun gebt Acht! Als Euer Neffe den Raum verlassen wollte, stieß er fast mit Rupert zusammen. Er war angeblich in Bärndorf gewesen und ist kurz vor oder nach Eurem Neffen wieder auf der Burg eingetroffen. Ich bin sicher, dass er zumindest einiges von unserer Unterhaltung mitbekommen hat.“
    „Ihr meint, er hat an der Tür gelauscht?“
    Wolf nickte.
    „Dieser Hundesohn. Euch und dem Himmel sei Dank, dass wir ihm schließlich auf die Schliche kamen“, murmelte der Graf gedankenverloren.
    „Setzt den Himmel ruhig an die erste Stelle, Graf. Ich war nur sein Werkzeug“, entgegnete Wolf und lächelte.
    Der Saurauer lächelte zurück. „Was Eure Leistung nicht schmälert, mein Lieber. Das Stift und auch ich haben Euch viel zu verdanken. Der Sieg ist in erster Linie Euer.“
    „Der Sieg gehört uns allen zu gleichen Teilen. Abgesehen davon ist er leider noch nicht ganz vollständig.“
    „Da habt Ihr allerdings Recht. Dieser verdammte Prior, wo er wohl stecken mag?“
    „Wahrscheinlich hält er sich irgendwo in diesem vermaledeiten Höhlenlabyrinth verborgen. Der Schmelzer ist der Einzige, der uns verraten kann, wo genau. Und vor allem, wer er ist. Darum will ich ihn so schnell wie möglich verhören. Schließlich kennt keiner die Schlupfwinkel hier oben besser als er.“
    „Wann wollt Ihr ihn verhören?“
    „Sobald die Sonne aufgegangen ist. Noch will ich den Männern ein wenig Schlaf gönnen; ich möchte, dass sie ausgeruht sind, wenn wir aufbrechen. Wir haben noch eine stramme Strecke Weges vor uns, die mit den Gefangenen kein Spaziergang werden wird. Ich denke, vierzehn Stunden werden wir bis Sankt Gallen wohl veranschlagen müssen.“
    Es war hell geworden. Das stumpfgraue Dämmerlicht war zunehmend den glutvollen Farben gewichen, mit denen die aufgehende Sonne das Plateau übergoss. Das Lager war erwacht und die Meisten der Gallensteiner damit beschäftigt, ihr Frühmahl einzunehmen. Geschäftiges Summen erfüllte den Platz.

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