Der Seelenhändler
ihn aufzuklären. „Bruder Vitus ist tot, mein Junge. Er wurde ermordet. Man fand seine Leiche, kurz nachdem du verschwandest.“
Ungläubig starrte Bertram sie an.
„Das … das ist nicht wahr. Es … es darf … nicht wahr sein!“, stammelte er flüsternd und wurde leichenblass.
„Doch, Bertram. Es ist wahr – leider! Und es kommt noch schlimmer: Es scheint, dass einige seinen Tod mit deinem Verschwinden in Verbindung bringen.“
„Oh Gott … Nein! … Nein! … Ich schwöre, Katharina: Ich weiß von nichts … Wirklich … Ihr wisst es … Ihr kennt mich doch.“ Ein verzweifeltes Schluchzen entrang sich seiner Kehle.
Katharina fasste ihn bei den Schultern. „Beruhige dich. Natürlich glaube ich dir. Es wird sich alles aufklären. Doch jetzt ist es an der Zeit, dass wir ins Stift zurückkehren.“
„Ich habe Angst, Katharina. Ich weiß, dass ich eine große Dummheit begangen habe. Ich will ja auch jede Strafe auf mich nehmen. Aber bitte, Katharina, legt zusammen mit Wolf ein gutes Wort für mich ein – und sorgt dafür, dass ich nicht von der Schule verwiesen werde“, bat Bertram mit zitternder Stimme.
Katharina lächelte. „Du brauchst dich nicht zu sorgen. Wolf und ich werden mit dem Prior reden. Niemand wird dich bestrafen wollen, nur weil du dich von einem durchaus verständlichen Wunsch hast blenden lassen. Lass uns zurückkehren. Ich verspreche dir, niemand wird dich anklagen“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
Bertram biss sich auf die Lippen. „Gut“, seufzte er. „Dann gehen wir also.“
Katharina schmunzelte. „Gehen? Ich denke, dass der Fuchs uns beide das Stück Weg nach Admont tragen wird, meinst du nicht?“
Remigius, der noch immer den Pförtner vertrat, staunte nicht schlecht, als etwa eineinhalb Stunden später Katharina und Bertram auf dem Rücken des Fuchses durch das Tor der Abtei trabten.
Katharina lenkte das Pferd direkt zum Gästehaus hinüber, wo sie den Fuchs einem herbeieilenden Stallknecht übergab. Anschließend brachte sie den Mönch, der in einer Nische der Vorhalle Pförtnerdienste wahrnahm, ganz gegen seinen Willen dazu, Bertram für die Dauer einer Nacht eine kleine Kammer im Gästehaus zur Verfügung zu stellen; hier war der Junge vorerst am besten aufgehoben. Müde von seiner langen Wanderung, griff er sich eine grobe Wolldecke und ließ sich in einer Ecke der Kammer einfach darauf nieder.
Anfänglich beabsichtigte Katharina, als Erstes den Prior zu informieren. Dieser stand jedoch noch immer dem Kapitel vor, wie Remigius zu berichten gewusst hatte. Also war auch sie auf ihre Kammer gegangen, um sich von den Strapazen der vergangenen Stunden zu erholen. So, wie sie war, hatte sie sich auf ihre Bettstatt fallen lassen und war bald darauf in einen angenehmen Schlummer gefallen.
Ein Pochen. Laut und fordernd.
Sie schreckte hoch.
Erneutes Pochen.
Sie sprang auf, lief zur Tür und öffnete …
„Wolf!“
„Katharina!“
„Komm“, wisperte Katharina und zog Wolf in ihre Kammer. Ohne ein weiteres Wort pressten sich ihre Leiber aufeinander, umschlangen und liebkosten sie sich. Aufgestautes Begehren brach sich Bahn, ließ ihre Münder einander finden, und versunken in jene leidenschaftliche Zweisamkeit, die niemals zu vergehen scheint, genossen sie das zärtliche Spiel ihrer Zungen.
Wolf hatte Mühe, jedem weiteren Verlangen zu trotzen und sich aus ihren Armen zu lösen.
„Bertram – du hast ihn gefunden; es geht ihm also gut?“, fragte er, noch ganz außer Atem vor Leidenschaft.
Katharina nickte. „Von wem weißt du es?“
„Von diesem Novizen, Remigius. Aber natürlich nicht alles.“
Wieder nickte Katharina. Und noch während sie Haar und Kleider ordnete, begann sie präzise zu erzählen.
Nur wenig später verließ Wolf Katharinas Kammer.
Noch drei Stunden bis zur Komplet, dachte er.
Es war um Vesper herum, als er die Mauern der Abtei hinter sich ließ, seinem Hengst die Haken in die Weichen stieß und in nördlicher Richtung seinem Ziel entgegenpreschte.
Dorthin, wo der Gesandte des Ebers auf einen fünfzehnjährigen Jungen wartete, um ihn zu töten.
32
Der Weg nach Johnsbach schlängelte sich größtenteils durch dichtes Waldgebiet den Berg hinauf. Wolf war bereits seit fast zwei Stunden unterwegs, als er anhielt und aus dem Sattel stieg. Er führte den Rappen in den Schatten der hochaufragenden Bäume am Wegesrand und band die Zügel an einem kräftigen Ast fest. Dann drang er in die Dämmernis des Waldes ein. Nach einer Weile
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