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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler
Autoren: Peter Orontes
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er aus den Augenwinkeln heraus wahr, wie der Graf und die anderen mit wütenden Rufen auf ihn zurannten. Sein Blick suchte Katharina, die, als der Falbe emporstieg, geistesgegenwärtig weggerannt war und nun etwa zwölf Schritte von ihm entfernt stand. Wolf sprengte auf sie zu, drängte das Pferd an ihre Seite und ließ kurz die Zügel fahren. Er beugte sich tief hinab, umfasste mit der frei gewordenen Linken ihre Taille und zog sie zu sich aufs Pferd. Danach gab er dem Falben die Fersen und preschte auf den Rappen Odos zu, der sich ein Stück weiter entfernt befand. Noch immer das Schwert in der Rechten, klatschte er mit der flachen Seite der blutverschmierten Schneide kräftig gegen den Hals des Rappen. Das Tier wieherte erschreckt auf, machte einen Satz und floh in gestrecktem Galopp davon.
    „Verdammt, tut etwas, fangt sie ein!“, hörte Wolf den Grafen brüllen; eine schwachsinnige Aufforderung angesichts des nicht mehr aufzuholenden Vorsprungs, den die Flüchtenden herausgeschlagen hatten. Plötzlich entdeckte Wolf zu seiner rechten Seite hinter einigen hochgewachsenen Büschen seinen Rappen und Katharinas Stute. Sofort hielt er auf sie zu, brachte den Falben hart neben ihnen zum Stehen und durchtrennte mit einem einzigen Schwerthieb die Stricke, mit denen die Tiere festgebunden waren. Dann sprang er aus dem Sattel und hob Katharina so behutsam wie nur möglich vom Pferd; denn auch wenn sie infolge des anstrengenden Rittes bislang noch kein einziges Wort an ihn gerichtet hatte, bemerkte er doch, dass sie Schmerzen litt.
    „Tut es sehr weh?“, fragte er sie und musterte besorgt die Platzwunde, die sie am Kopf davongetragen hatte.
    Sie schüttelte den Kopf und lächelte. Und trotz der dramatischen Situation, in der sie sich befanden, zog Wolf sie an sich und strich ihr zärtlich übers Haar.
    Dann aber glitt sein Blick nach hinten, zum Graf und seinen Männern, die im Laufschritt hinter ihnen dreingerannt kamen.
    „Sie kommen. Wir müssen uns beeilen, Liebes“, murmelte er hastig. Entschlossen zog er seinen Dolch aus dem Gürtel, um ihre Fesseln entzweizuschneiden – und starrte plötzlich erschrocken auf ihre Handgelenke. Erst jetzt bemerkte er, dass sie tiefrot und aufgedunsen waren, Blasen waren zu erkennen.
    „Mein Gott, Katharina, was ist geschehen, was haben sie mit dir gemacht?“, entfuhr es ihm.
    „Ach, es ist nichts weiter, ich erklär’s dir später. Mach schnell, schneid die Fesseln durch“, drängte sie ungeduldig und hielt ihm die Hände hin.
    Abermals blickte sich Wolf nach ihren Verfolgern um und bemerkte, dass sie sich inzwischen bis auf etwa zwei Steinwürfe genähert hatten – sie hatten in der Tat keine Zeit mehr zu verlieren.
    Mit nur wenigen Schnitten durchtrennte er die Stricke.
    „Und jetzt schnell, hinter den Steinhaufen da vorne! Nimm deine Stute mit!“, forderte er Katharina auf, während er selbst seinen Rappen und den Falben beim Halfter nahm. Kaum waren sie hinter dem Hügel aus geborstenen Mauerresten angekommen, als Wolf auch schon Armbrust, Geißfuß und Köcher vom Sattel des Falben löste, die Waffe kurz in der Hand wog, prüfte und dann zufrieden nickte.
    Hastig wandte er sich an Katharina. „Hör zu, Liebes. Du wirst jetzt sofort losreiten und Hilfe holen, während ich von da oben aus das Pack in Schach halte“; er deutet mit dem Kopf zu dem Trümmerhügel empor. „Sag den Leuten, sie sollen sich sputen. In zwei Stunden könnt ihr wieder zurück sein.“
    Dann sprang er, ohne ihre Antwort abzuwarten den Hügel hinauf.
    Oben angekommen, nahm er befriedigt zur Kenntnis, dass der Platz für sein Vorhaben nicht günstiger hätte sein können. Das Fragment eines ehemaligen Torbogens krönte die Erhebung; ein ideales Versteck, das ihn vor den Blicken der Männer verbarg und ihm selbst eine ausgiebige Rundumsicht über das zu seinen Füßen liegende Gelände gewährte. Von hier aus ließ es sich trefflich zielen.
    Wolf bemerkte, dass seine Verfolger plötzlich stehen geblieben waren. Nur noch einen Steinwurf von ihm entfernt, unterhielten sie sich wild gestikulierend. Schwach drang das Geräusch ihrer Stimmen zu ihm empor, und befriedigt nahm er wahr, dass sie nahe beieinander standen. Sehr nahe sogar.
    Entschlossen nahm er die Armbrust in die Linke, hakte mit der Rechten die Gabel des stählernen Geißfußes in die Knebel ein - zwei Eisenstifte, von denen einer links und einer rechts aus dem Schaft ragte - und spannte die Sehne mit einer kräftigen Bewegung. Danach
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