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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler
Autoren: Peter Orontes
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griff er sich mit fliegenden Fingern einen Bolzen aus dem Köcher, um ihn in die Rinne vor die Nuss zu legen. Er atmete noch einmal tief ein, zielte – und noch während sein Atem die Lungen verließ, drückte er ruhig den Hebel nach oben.
    Ein kurzer Schnalzlaut – und mit leisem Sirren verließ der gefiederte Tod die Waffe, schnitt durch die Morgenluft und bohrte sich mit einem dumpfen Aufschlag in den Rücken eines der Männer.
    Es war Odo.
    Ein Aufschrei entrang sich den Kehlen der anderen, als sie Odo wie von unsichtbarer Hand gefällt plötzlich zu Boden stürzen sahen. In panischer Hast stoben sie auseinander, um Schutz zu suchen.
    Schnell spannte Wolf die Waffe erneut und gab einen weiteren Bolzen vor die Nuss. Diesmal allerdings suchte er vergeblich nach einem Ziel – denn den dreien war es gelungen, sich irgendwo hinter die zuhauf umher liegenden Trümmer zurückzuziehen.
    Mit äußerster Anspannung wartete Wolf auf den Augenblick, da einer der Männer seine Deckung verlassen würde. Plötzlich – ein unterdrückter Laut: eine Stimme, die irgendetwas rief. Wolf glaubte zwar, den Bass des Grafen vernehmen zu können, verstand jedoch nicht, was er sagte. Dann – eine Bewegung.
    Aus einem der herumliegenden Trümmerstücke löste sich ein Schatten. Sofort erkannte Wolf, dass es sich dabei um Ulrich handelte, der sich mit einigen schnellen Sprüngen und Haken in Richtung des Burgfrieds abzusetzen versuchte. Seine unberechenbaren, mal nach links, mal nach rechts setzenden Sprünge machten es Wolf jedoch unmöglich, ihn im Visier zu behalten. Unverhofft aber stolperte Ulrich und schlug der Länge nach auf die Erde; ein Sturz, der ihn das Leben kosten sollte. Nur einen Lidschlag später spaltete ein von sicherer Hand abgeschossener Bolzen sein Herz – Wolf hatte in aller Ruhe den Augenblick abgewartet, in dem sich sein Gegner aufrappelte und dann den Abschusshebel der Armbrust zum zweiten Mal betätigt.
    Nummer fünf, dachte er grimmig und blickte auf den Köcher, der neben ihm lag und nur noch zwei Bolzen barg.
    Auch wenn er es jetzt nur noch mit dem Grafen und Basilius zu tun hatte – er durfte sich auf keinen Fall einen Fehlschuß leisten!
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er etwas vermisste – das Klopfen galoppierender Hufe, das ihm verriet, dass Katharina zum Tor hinaus preschte, um Hilfe zu holen. Im gleichen Moment hörte er ein Geräusch hinter sich und fuhr herum – Katharina kraxelte den Hügel hinauf.
    „Ich weiß schon, was du sagen willst“, kam sie seinem Tadel zuvor und ging neben ihm in die Hocke. „Aber ich will nicht ohne dich reiten. Wir reiten beide.“
    Ärgerlich schüttelte Wolf den Kopf. „Wir beide? Nein, Liebes! Du wirst reiten und die Männer holen; ich bleibe hier und halte die Stellung.“
    „Ich sagte es schon. Ich gehe auf keinen Fall ohne dich“, erwiderte sie störrisch.
    „Katharina, sei vernünftig. Was, glaubst du, wird geschehen, wenn die beiden Hundesöhne merken, dass keiner mehr da ist? Sie werden versuchen zu fliehen. Also werde ich hier bleiben und sie aus sicherer Entfernung in Schach halten.“
    „Wie willst du sie auf diesem weitläufigen Gelände denn in Schach halten?“
    Wolf schüttelte den Kopf. „Du missverstehst mich. Ich postiere mich mit dem Rappen außerhalb der Ruine, direkt am Eingang des Tores. Es sind nur noch zwei. Wollen sie fliehen, müssen sie es durch das Torgewölbe hindurch. Und das ist verhältnismäßig schmal und lang. Dort bilden sie ein leichtes Ziel. Darum glaube ich auch nicht, dass sie einen Ausbruch wagen werden. Sie sind zu Fuß und haben nur ihr Schwert. Ich dagegen bin im Besitz des Rappen und verfüge über eine Armbrust. Deshalb werden sie sich, sobald sie sehen, dass ihnen der Weg versperrt ist, wieder zurückziehen. Glaube mir, sie sitzen in der Falle, und können nichts dagegen unternehmen. – Und nun, komm!“
    Schweren Herzens gab Katharina ihren Widerstand auf, und ohne ein weiteres Wort sprangen sie eilig den Hügel hinunter. Unten angekommen, saßen sie unverzüglich auf, und sprengten, den Falben im Schlepptau, in Richtung des Tores davon. Kaum dass sie das Dunkel des Gewölbes passiert und die Burg hinter sich gelassen hatten, durchströmte sie auch schon ein Gefühl der Befreiung; die Luft schien plötzlich von belebender Frische erfüllt und das Licht des frühen Morgens mit einemmal klar und rein zu sein.
    Sie verhielten die Pferde und saßen ab. Auf dem Weg, der ins Tal hinunterführte, nahmen sie
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