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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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nach hinten. Auf einmal wirbelte Staub auf, der ihm in Nase, Mund und Augen drang. Zwanghaft hustete er, seine Augen brannten. Unmittelbar neben ihm hatte ein Reiter seinen Rappen zum Stehen gebracht. Aufgeregt wiehernd stieg der Gaul auf die Hinterbeine, woraufhin der Hund erschreckt zurückwich. Behände sprang der Reiter aus dem Sattel; seine Faust umschloss einen Dolch, den er noch vor dem Sprung gezückt hatte.
    Der Hund knurrte böse und bleckte das mächtige Gebiss; seine Nackenhaare sträubten sich. Die Vorderbeine in den Sand gestemmt, das Hinterteil erhoben, starrte er den Reiter, der sich schützend vor Heinrich gestellt hatte, aus blutunterlaufenen Augen an.
    Mit kehligem Knurren bewegte sich der kalbsgroße Rüde seitwärts. Ebenso der Reiter. Einander nicht aus den Augen lassend, begannen sie, sich langsam im Kreis zu drehen. Dann der Reflex im Auge des Tieres. Für den Bruchteil eines Augenblicks nur hatte ihn der Reiter wahrgenommen. Doch er genügte, um ihn blitzschnell zur Seite treten zu lassen, den langen Dolch in der ausgestreckten Rechten.
    Mit einem einzigen Satz sprang der Hund direkt in den Tod. Er jaulte nicht einmal, als die Klinge in seine Brust drang. Reglos landete er auf dem Boden. Auf seinen Lefzen mischte sich das Blut aus den Wunden Rudlins mit seinem eigenen, das ihm aus dem offenen Maul zu sickern begann.
    Als ob nichts geschehen wäre, bückte sich der Reiter in aller Ruhe, um die blutige Schneide im hohen Gras zu reinigen. Nachdem er sie gründlich abgewischt hatte, steckte er den Dolch in den Gürtel zurück und ging langsam auf die beiden Pilger zu. Rudlin hockte am Boden, sein Gesicht war schmerzverzerrt, Staub bedeckte seinen Mantel. Dennoch waren ihm Erstaunen und Dankbarkeit anzusehen. Sein Hut lag etwas abseits im Gras, die Jakobsmuschel war abgerissen. Daneben lagen zwei kleine Bücher, die ihm bei dem Angriff des Hundes aus der Tasche seines Umhangs geglitten waren.
    Noch während des Kampfes zwischen Reiter und Hund war Heinrich an die Seite seines Begleiters geeilt. Jetzt, nachdem der Hund tot am Boden lag, ging er mit zitternden Knien ihrem Retter entgegen und verbeugte sich tief. Das Auftreten und die Ausrüstung des Reiters ließen den Schluss zu, dass es sich bei ihm um eine höhergestellte Persönlichkeit handelte.
    „Wir sind Euch zu großem Dank verpflichtet, edler Herr. Ohne Euch wäre es um uns geschehen gewesen“, sagte er mit bebender Stimme.
    „Ja, ich würde sagen, ich kam gerade zur rechten Zeit“, entgegnete Wolf von der Klause ruhig lächelnd. „Habt Ihr arge Schmerzen?“, wandte er sich an den Älteren der beiden und beugte sich zu ihm hinunter.
    „Es geht“, stöhnte Rudlin und versuchte das Gesicht zu einem Lächeln zu verziehen, was jedoch gründlich misslang.
    „Lasst sehen“, sagte Wolf und schob vorsichtig das zerfetzte Hemd über der Schulter zurück. Er blickte auf eine tiefe Wunde, die bis auf den Knochen hinabging, der allerdings unverletzt zu sein schien.
    „Ihr habt nur eine Fleischwunde davongetragen. Tief zwar, und schmerzhaft, aber nicht lebensgefährlich, wie ich meine“, bemerkte Wolf. „Wie steht es um Euer Bein?“
    „Es schmerzt bei Weitem nicht so sehr wie die Schulter.“ Ächzend schob Rudlin den vom Biss zerrissenen Beinling an der verletzten Stelle zur Seite, und Wolf nahm auch diese Wunde genau in Augenschein.
    „Auch das hier scheint nur eine Fleischwunde zu sein. Ihr habt wirklich Glück gehabt.“
    In diesem Moment nahm er die rechte Hand des Verletzten wahr, die dieser auf die Wunde des Oberschenkels gepresst hielt. Sie besaß nur zwei Finger; Zeige-, Mittel- und Ringfinger fehlten.
    Verblüfft starrte Wolf auf die verkrüppelte Hand.
    Die Schachfiguren in seinem Kopf begannen zu tanzen.
    Alfons der Schweinehirt … seine Begegnung mit den zwei Männern … Katharina von Klingfurth … der Alte, der ihr aus der Höhle herausgeholfen hatte.
    Obwohl es ihm nur mühsam gelang, seine Überraschung zu unterdrücken, hatte er sich rasch wieder in der Gewalt.
    Er richtete sich auf und klopfte sich den Staub von den Beinkleidern. „Übrigens, mein Name ist Wolf von der Klause“, sagte er unverbindlich. „Würdet Ihr mir verraten, wer Ihr seid?“
    Eilig verbeugte sich Heinrich. „Aber natürlich, edler Herr … äh … Herr von der Klause. Verzeiht unsere Unhöflichkeit. Aber das liegt an dem erlittenen Schrecken. Dies ist Rudlin Koller und ich bin Heinrich Koller. Wir sind heimkehrende Pilger und miteinander

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