Der Seelenhändler
Schüler“, sagte sie fröhlich.
„Auf eine gewisse Dame, die nicht nur Latein beherrscht, sondern auch die Fähigkeit besitzt, Licht in dunkle Seelen zu schicken“, entgegnete Wolf und hob ebenfalls den Krug.
Krampfhaft überlegte Bertram, welchen Trinkspruch er wohl ausbringen könnte, als plötzlich die Tür aufging und eine vor Nässe triefende Gestalt in die Wirtsstube stolperte.
Es war Arnold, ein Novize aus dem Stift. Das Wasser tropfte an ihm herunter und bildete kleine Pfützen auf dem mit Brettern ausgelegten Boden.
„Verzeiht, Herr von der Klause, verzeiht, edle Dame“, begann er keuchend. Offenbar hatte er sich ziemlich beeilt. „Der ehrwürdige Prior schickt mich. Es ist eine Bote aus Sankt Gallen gekommen. Graf Saurau bittet Euch, so schnell wie möglich auf die Burg zurückzukehren. Zusammen mit dem Vater Prior. Es ist sehr dringend, soll ich Euch ausrichten.“
Wolfs Miene verfinsterte sich. Sollte der Abend, auf den sie sich so gefreut hatten, schon zu Ende sein? Er hatte gute Lust, den Novizen zum Prior zurückzuschicken, um ihm ausrichten zu lassen, dass er nicht daran denke, noch heute auf die Burg zurückzukehren. Mochte der Graf doch bis morgen warten. Andererseits war ihm klar, dass der Saurauer niemals ein solches Ansinnen an ihn richten würde, wenn die Sache nicht von äußerster Dringlichkeit wäre.
„Nun gut, melde dem ehrwürdigen Prior, dass ich schnellstens kommen werde“, wies er den Novizen an, der sich nach einer hastigen Verbeugung sofort auf den Weg zurück ins Stift machte.
„… sed tempus casumque in omnibus … aber Zeit und Zufall treffen jeden …“, zitierte nun auch er säuerlich lächelnd den Schreiber des Buches Ecclesiastes und rief nach dem Wirt, um zu bezahlen.
Katharina und Bertram stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Doch die Sache ließ sich nun einmal nicht ändern. Sie mussten zurück zur Abtei.
Als sie ins Freie hinaustraten, bemerkten sie, dass der seit Stun-den andauernde Schnürlregen in einen heftigen Wolkenbruch übergegangen war und zudem ein fernes Grollen ein nahendes Gewitter ankündigte. Katharina blickte stirnrunzelnd zum Himmel.
„Ein Gewitter. Und das bei dieser Kühle. Eine seltene Laune der Natur“, wunderte sie sich.
„Gut, dass Ihr im Stift nächtigt. Bei diesem Gesaue mag man nicht einmal einen Hund nach draußen jagen“, entgegnete Wolf.
„Und Ihr?“, fragte sie. „Ihr wollt tatsächlich heute Abend noch zur Burg zurück? Hat das nicht bis morgen Zeit?“
„Ich fürchte nein. Der Saurauer mag seine Schwächen haben, aber er ist ein besonnener Mann. Wenn er etwas als dringlich bezeichnet, dann ist es das auch.“
„Glaubt Ihr, dass etwas Schlimmes geschehen ist, Wolf?“, fragte Bertram.
„Zumindest etwas sehr Wichtiges. Einer unbedeutenden Sache wegen würde mich der Graf sicher nicht durch Regen und Wind zu sich zitieren.“
Sie hatten inzwischen die Mauern der Abtei erreicht und wollten gerade durch das Haupttor schreiten, als sie Remigius’, eines Novizen, gewahr wurden. Er stand im Torbogen und schien sie bereits erwartet zu haben.
„Ich soll Euch sofort zum Prior führen, Herr von der Klause“, sagte er. „Die edle Dame kann ja derweil im Parlatorium Eurer harren.“ Galant verbeugte sich der Novize vor Katharina. Er kam aus einer vornehmen Familie und wusste, was sich gehörte.
„Und ich?“, fragte Bertram.
„Du natürlich auch“, antwortete Remigius etwas pikiert über die Frage, die der Köhlerjunge an ihn richtete. Was vor allem daher rührte, dass Remigius einen gewaltigen Standesdünkel besaß und zudem noch krankhaft eifersüchtig war. Die außerordentliche Begabung Bertrams hatte sich schnell im Stift herumgesprochen, und nicht nur Remigius neidete ihm seinen Erfolg.
Otto Metschacher formulierte gerade einen Brief am Stehpult, als Wolf – zum zweiten Mal an diesem Tag – den Raum betrat.
Sofort stach ihm das veränderte Aussehen des Priors ins Auge. Statt des gewohnten Mönchhabits trug Metschacher Reiterkleidung und -stiefel. Ein kurzes Schwert im Gürtel, ein schwarzer Tassel-mantel und eine Gugel aus Leder, ähnlich der Wolfs, vervollständigten die Kleidung.
Sofort wusste Wolf, dass auch der Prior die Aufforderung des Saurauers als höchst wichtig einstufte. Nur eine Sache von äußerster Dringlichkeit konnte ihn davon abhalten, den Gottesdienst zur Komplet zu besuchen.
Der Prior legte die Feder beiseite, ergriff ein zusammengerolltes Blatt Pergament von dem Pult
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