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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Heinrich. Diese Decke – woher stammt sie?“
    Argwöhnisch sah der Mann sie an.
    „Ihr meint dieses Tuch?“, antwortete er. „Woher es stammt? Nun, aus dem Frauenkloster. Schwester Martha deckt damit immer die Kiste mit den Brotabfällen ab.“
    „Die Kiste mit den Brotabfällen?“
    „Ja, sie gehört zu der Fuhre, die ich vorhin aus dem Frauenkloster geholt habe. Abfälle und Küchenreste.“
    „Ihr sammelt die Abfälle aus dem Nonnenkloster?“
    „Ich hole sie täglich dort ab, um das, was davon noch taugt, an die Tiere zu verfüttern. Jeden Morgen fahre ich mit meinem Karren zum Nonnenkloster. Schwester Martha reicht mir die Kisten mit den Abfällen durch die Versorgungsöffnung in der Mauer. Natürlich sind noch zwei andere Schwestern dabei anwesend. Sie darf ja nicht allein mit mir sprechen. Danach bringe ich die Fuhre hierher. Was zum Füttern taugt, sortiere ich aus, das Übrige kommt auf den Restehaufen, wo es vermodert.“
    „Diese Decke – wird sie öfter benutzt?“
    „Ja, edle Dame.“
    „Wie lange verseht Ihr diesen Dienst schon?“
    „Seit sechs Jahren, edle Dame.“
    „Dieses Leinen – es ist also schon seit sechs Jahren in Gebrauch?“
    Der Mann sah sie fragend an und kratzte sich am Kopf. „Ich denke schon. Aber so genau weiß ich das nicht. Ich habe nicht darauf geachtet.“
    „Seit sechs Jahren“, wiederholte die Klingfurtherin geistesabwesend. „Es ist gut“, meinte sie dann nach einer Weile seltsam lächelnd. „Könnt Ihr mir sagen, wo ich den Cellerar finde?“, wechselte sie unvermittelt das Thema.
    „Vater Basilius? Ich sah ihn soeben noch im Kräutergarten. Bruder Markus, der Infirmarius, ist auch dort.“
    „Wo befindet sich der Kräutergarten?“
    „Gleich hinter dem Friedhof. Er ist ein Teil des Konventgartens. Ihr könnt durch das kleine Tor dort gehen.“ Heinrich deutete nach Nordwesten, wo sich neben dem Werkhaus ein langer Gebäudekomplex erstreckte, in dessen Mitte ein Torbogen einen Durchgang ahnen ließ.
    „Ich danke Euch“, verabschiedete sich Katharina und wandte sich nach Westen.
    Schon als sie das Tor durchschritt, verrieten tausend wundersame Düfte, die ihre Nase betörten, die Lage des Kräutergartens, und als sie ihn betrat, hatte sie das Gefühl, in ein Refugium kultivierter Ruhe zu treten. Der Kräutergarten war ein einzigartiges, prachtvoll angelegtes Kleinod aus Blüten, Blättern, Ranken und Gräsern. Sorgsam gepflegte Wege, teils mit Kies, teils mit Steinplatten belegt, wanden sich zwischen den mit Steinen und Holzplanken sauber eingefassten Beeten und Parzellen hindurch, in denen all das wuchs und gedieh, was ärztliche Kunst als heilsam und der sanitas förderlich ansah.
    Der Cellerar und Bruder Markus, als Infirmarius zuständig für die beiden Krankenhäuser des Stiftes, standen neben einem hohen Holunderbaum. Sie waren gerade dabei, ein Stück des Gartens in Augenschein zu nehmen, das seit einem Jahr brachlag.
    „Ich denke, dass dieser Platz dafür gut geeignet wäre, Bruder Basilius“, sagte Markus.
    „Ja durchaus. Aber vielleicht sollten wir das Beet mit Minze dort drüben auch noch dafür hernehmen“, entgegnete Basilius. „Minze haben wir schließlich genug. Und außerdem … ah, Fräulein von Klingfurth, Ihr hier?“, rief der Cellerar, der Katharina soeben entdeckt hatte, erstaunt, aber freundlich.
    „Gott zum Gruß, Herr Cellerar, seid gegrüßt, Bruder Markus“, begrüßte Katharina die beiden Mönche. „Kann ich Euch unter vier Augen sprechen, Herr Cellerar? Es ist sehr wichtig“, bat sie. Ihre Stimme klang aufgeregt, und ihr Lächeln konnte über die ernste Besorgtheit, die in ihrem Blick lag, nicht hinwegtäuschen.
    „Aber natürlich. – Bruder Markus, lässt du uns für einen Augenblick allein?“
    Der Infirmarius kreuzte die Arme über der Brust, verneigte sich stumm und ging.
    „Nun? Was gibt es denn so Wichtiges, Fräulein von Klingfurth?“, erkundigte sich Basilius leicht befremdet.
    „Als ich soeben über den Hof ging, bemerkte ich einen der Brüder des Gehorsams, er nannte sich Bruder Heinrich“, begann sie ihn ins Bild zu setzen. „Neben ihm stand eine Kiste mit Abfällen aus dem Frauenkloster, auf der eine Decke lag, eine Decke aus Leinen mit einer Stickerei darauf. Sie stellt einen Eberkopf dar, um den herum sich kreisförmig Blattwerk windet.“ Katharina hatte schnell und erregt gesprochen. Jetzt machte sie eine Pause.
    Basilius sah sie an. „Ja, und?“, fragte er.
    „Diese Decke – vielmehr

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