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Der Seelenjaeger

Der Seelenjaeger

Titel: Der Seelenjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Unge
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aufgefordert.
    „Wer redet dort oben die ganze Zeit?“ Ich schaute dem hölzernen Gesicht in die Augen und zeigte zur Baumkrone.
    „Komische Frage“, befand der Baum, „die Blätter natürlich!“
    Die Blätter. Klar! Wer auch sonst? Ist doch das Logischste von der Welt – jedenfalls von dieser.
    Er beäugte meinen skeptischen Gesichtsausdruck und fuhr flüsternd fort: „Total nervig. Lassen mich nie in Ruhe schlafen, aber ich werde sie verständlicherweise nicht los.“ Er grinste mich breit an. „Ein kleines Samenkorn fand den Weg an diese Stelle, wurde von Licht und Wasser umschmeichelt und ließ mich wachsen. Seit ich mein erstes Blatt zustande brachte – bei der Träumerin, das ist eine Ewigkeit her“, sinnierte er, „habe ich nicht ein einziges wieder verloren. Sie sind ein Teil von mir. Sie warnen mich bei Gefahr, unterhalten mich bei Langeweile, dafür versorge und beschütze ich sie bereits mein ganzes Dasein lang“, schloss er mit seiner Erklärung.
    Wieder wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr zu Hause war, sondern mich in einer fantastischen anderen Welt befand. Blätter, die redeten und Bäume, die sich darüber beklagten. Ich grinste bei diesem Gedanken, räusperte mich und sagte: „Ich verstehe.“
    Der Baum brummte zufrieden, bevor er uns zur Eile antrieb: „Der Riss in der Kuppel weitet sich zwar langsam aber dennoch stetig. Ihr solltet bald losziehen, um das Schlimmste noch verhindern zu können.“
    „Das hast du von einem deiner … ähm … Verwandten?“, vermutete Lara.
    „So ist es. Herr Weide steht direkt vor dem Wald. Dort, wo der Riss begann und der Seelenjäger als Erster heraustrat“, bestätigte er. „Er teilt mir mit, dass die Öffnung sich weitet und seltsame Gestalten herausströmen.“
    „Dann nichts wie los“, rief Tefan freudig und schwang sein Schwert.
    Zad und Lara nickten bestätigend und schlossen sich ihm an, doch mir lag eine weitere Frage auf der Zunge. Ich schaute den Baum an, wie hieß er eigentlich?, fragte ich mich. Statt nach dem Namen zu fragen, stellte ich zögerlich meine Frage: „Müssen wir … also ich meine … gibt es einen Weg, der nicht … ähm … nicht durch die Schlafspinnenhöhle führt?“
    Jetzt war es raus und ich wartete gebannt auf seine Antwort. Der Baum machte große Augen, grinste und begann zu grölen.
    Innerlich erleichtert trat ich von einem Fuß auf den anderen.
    „Einen anderen Weg zum Wald der süßen Träume?“, lachte er.
    Zad war neben mich getreten, legte den Arm um meine Schultern und zog mich an seine Brust. Als wäre es die dümmste Frage der Welt gewesen, schaute er mich an und schüttelte meine Naivität aus mir heraus. Ich grinste und führte im Inneren einen kleinen Erleichterungstanz auf, da wir anscheinend nicht durch diesen spinnenverseuchten Berg mussten.
    Harz statt Tränen trat aus dem hölzernen Gesicht vor mir, als er sich räusperte, sich selbst zur Beruhigung drängte.
    „Wenn ihr nicht … wenn … also wenn ihr nicht“, kicherte er, „zufällig eine Fee trefft, die euch zum Wald zaubert, wird euch wohl nichts anderes übrig bleiben!“
    Er zwinkerte verstohlen und grölte erneut los. Mein freudiges Grinsen fiel mir regelrecht aus dem Gesicht.
Meint er das ernst?
Ich ließ die Schultern hängen. Zad schaute betroffen. In seinen sich weitenden Augen erkannte ich, dass die Erinnerung an diese schreckliche Höhle den Weg in sein Bewusstsein gefunden hatte.
    „Ach kommt schon!“, rief Tefan in das betretene Schweigen, „das haben wir doch schon einmal gemeistert, und wenn der da“, er zeigte auf den Krix, der die ganze Zeit stumm beobachtete, „seine dämliche Mütze draußen lässt, wird das ein gemütlicher Spatziergang.“
    Knox verschränkte schmollend die Arme vor der Brust, bevor es aus ihm herausplatzte: “Diese Mütze“, er deutet auf das besagte Klimperwerk auf seinem Kopf, „bleibt, wo sie ist“, stellte er bestimmend fest. Um seine Entscheidung zu untermauern, ließ er die Glöckchen ihr altbewährtes Lied spielen.
    Ich rollte mit den Augen. „Darüber reden wir noch“, bestimmte ich und gesellte mich zu Lara und Tefan.
    „Dann lasst uns losziehen und inständig hoffen, dass wir unterwegs eine gute Fee treffen“, forderte ich die anderen auf.
    „Alles Gute“, wünschte der Baum, „und seid gewiss, dass wir Bäume euch unterstützen werden, wo wir nur können … mal abgesehen von dem muffeligen Familienclan im Hain der weißen Tannen, dort solltet ihr nicht zu viel

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