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Der Seelensammler

Der Seelensammler

Titel: Der Seelensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donato Carrisi
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ich meinte den Heiligen.«
    Lorieri stand auf und ging zum Bücherregal. Er musterte die
Buchrücken und zog dann ein Exemplar heraus. Er blätterte darin, zeigte Sandra
anschließend eine Reproduktion des Bildes und las ihr die Bildunterschrift vor:
»Die Paenitentiaria Apostolica ist ein Dikasterium
des Heiligen Stuhls, das sich seit jeher mit Sünden beschäftigt. Bruder Raimund
zählte zu seinen wichtigsten Mitgliedern. Im dreizehnten Jahrhundert bat man
ihn, ein Handbuch zu verfassen, das den Beichtvätern die Arbeit erleichtert.
Also schrieb er die Summa de Casibus Paenitentiae .
Der Text führt eindeutige Beurteilungskriterien auf und stellt jeder Schuld die
passende Buße gegenüber.«
    Sandra ärgerte sich, dass sie nicht längst selbst Informationen über
die Kapelle eingeholt hatte. Derjenige, der ihr das Heiligenbildchen mit der
Aufschrift Fred unter der Hotelzimmertür
durchgeschoben hatte, hatte sie nicht nur einfach in eine Falle locken wollen.
    Dieser Ort hatte eine ganz bestimmte Bedeutung.
    Auch wenn sie nur ungern an den Ort zurückkehrte, an dem man auf sie
geschossen hatte, musste sie herausfinden, welche das war.

18 Uhr 22
    Clementes Begabung bestand darin, Informationen zu recherchieren.
Wie gut er das konnte, hatte er in den letzten Tagen mehrfach bewiesen. Marcus
hatte ihn nie gefragt, wie er das eigentlich bewerkstelligte. Bestimmt griff er
auf das Archiv zurück, aber das war nicht seine einzige Quelle. Über ihm musste
es ein geheimes Netzwerk geben, das Informationen sammelte oder abfing. Im Lauf
ihrer Geschichte war die Kirche stets in der Lage gewesen, sich in laizistische
Organisationen einzuschleusen, aber auch in andere Gruppierungen, die ihr gefährlich
werden konnten. Als Akt der Selbstverteidigung sozusagen.
    Wie sagte Clemente immer so schön? Der Vatikan ist friedfertig, aber
in steter Alarmbereitschaft.
    Diesmal hatte sich sein Freund selbst übertroffen. Sie standen in
einem Bingosaal mit Panoramafenster, von dem aus sie den Eingang des Hauses der
Familie Martini überwachen konnten. Das Lokal war voll mit Spielern, und ein
jeder konzentrierte sich ausschließlich auf seine Partie.
    »Alices Vater hat zwei große Koffer eingeladen.«
    Clemente zeigte auf einen Fiat Multipla, der auf der anderen
Straßenseite parkte. »Er macht einen äußerst nervösen Eindruck. Er hat eine
Woche Urlaub genommen und bei der Bank einen erheblichen Geldbetrag abgehoben.«
    »Glaubst du, er bereitet eine Flucht vor?«
    »Nun, er benimmt sich auf jeden Fall verdächtig, findest du nicht?«
    »Und die Pistole? Woher weißt du, dass er eine hat?«
    »Letztes Jahr hat er auf einen Mann geschossen, der sich in einem
Vergnügungspark an Kinder rangemacht hat. Er hat ihn nicht getötet, weil die
Polizei rechtzeitig eingegriffen hat. Er ist geflohen, und keiner der Zeugen
wollte gegen ihn aussagen. Und weil bei der Hausdurchsuchung keine Pistole
gefunden wurde, hatte man nichts gegen ihn in der Hand. Ich muss nicht extra
betonen, dass er keinen Waffenschein hat und sie sich somit illegal beschafft
hat.«
    Der Mann hieß Bruno Martini. Und Marcus fiel wieder ein, dass seine
Tochter in einem Vergnügungspark verschwunden war. »Der geborene Rächer also.«
Er schüttelte den Kopf. »So jemand hat uns gerade noch gefehlt!«
    »Nach diesem Vorfall hat ihn seine Frau verlassen und den
gemeinsamen Sohn mitgenommen. Der Mann ist nie über Alices Verschwinden
hinweggekommen. Seit drei Jahren ermittelt er auf eigene Faust und gerät dabei
immer wieder mit der Polizei aneinander. Tagsüber arbeitet er als Busfahrer,
nachts sucht er nach seiner Tochter. Er besucht Pädophilentreffs, Zentren der
illegalen Prostitution und ist fest davon überzeugt, dass er sie eines Tages
finden wird.«
    »Wahrscheinlich sucht er vor allem nach Gewissheit, damit er endlich
Ruhe findet.« Marcus verglich Martinis Lebenssituation mit der der Roccas.
Filippos Eltern hatten sich der Finsternis nicht ergeben. Sie hatten nicht
zugelassen, dass sie ihr Leben beherrschte. Sie hatten das Böse, das ihnen
widerfahren war, nicht mit Bösem vergolten. »Bruno wird ins Verderben laufen.«
    Das sah Clemente genauso: Astor Goyash war praktisch unbesiegbar.
Seine Leibwächter würden das Feuer auf Bruno eröffnen, bevor der Mann auch nur
seine Waffe zücken konnte. Sein Plan, nach der Tat zu fliehen, war reine Illusion.
    Während sie darauf warteten, dass Martini das Haus verließ, hatte
Clemente noch mehr Neuigkeiten für Marcus. »Die Polizei

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