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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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spöttischen Ton wiedergefunden. »Ich hasse auch. Ich hasse das dumme Mädchen, das dich unglücklich gemacht hat und nicht mit dir weglaufen wollte.«
    »Und was ist mit deinem Leben, Ischat?«, wechselte er das Thema.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Nichts hat sich verändert, seit wir uns zuletzt gesehen haben«, sagte sie heiser. »Ich arbeite unter dem Kommando meiner Mutter im Haus deines Vaters. Ich putze, koche oder beaufsichtige deinen Bruder. Seit ich erwachsen bin, hat mir mein eigener Vater die Kanäle und Felder verboten, allerdings mit wenig Erfolg. Er versucht, einen Mann für mich zu finden.«
    »Und ist er damit erfolgreich?« Huy war einen Moment lang rasend eifersüchtig.
    »Nein. Ich schaue mir die Trottel an, die mit ihren großen Händen und schmutzigen Fingernägeln um mich herumschnüffeln, sehe die Begierde in ihren Augen und bin angewidert. Vater ist ständig böse auf mich.«
    »Also bist du noch Jungfrau?« Diese Frage wollte Huy eigentlich nicht stellen, denn sie bedeutete ein Interesse an jenem Teil von Ischat, den er lieber ausklammerte, aber sie rutschte ihm heraus.
    Sehr lange sagte sie nichts. Als sie dann antwortete, war ihre Stimme betont neutral. »Deine Familie und du, ihr seid Bauern, aber ihr steht eine Stufe über mir und meinen Angehörigen. Nur Sklaven sind unter uns, wie du weißt. Wir sind eure Diener. Unsere Leben, unsere Art zu denken, sei es über die Götter oder darüber, etwas zu essen zu bekommen, sind ungehobelter und direkter als eure. Wie den Tieren geht es uns vor allem darum, unser Überleben zu sichern und jede flüchtige Freude zu erhaschen.« Sie wechselte ihre Position und setzte sich ihm im Schneidersitz gegenüber. Trotz des schwachen Lichts konnte Huy die Spannung in ihren Gliedern und auf ihrem Gesicht erkennen. »Wenn ich nicht mit dir zusammen aufgewachsen wäre, hätte ich die Worte, die ich gebrauche, gar nicht erst gelernt, denn sie gehören nicht zu meinem Stand. Doch mein Tonfall ist grob und wird es immer bleiben. Von dir habe ich Unzufriedenheit gelernt. Von dir habe ich Schmerz empfangen.« Sie rieb ihre Handflächen gegeneinander. Das leise Geräusch war zermürbend. »Nein, ich bin keine Jungfrau mehr, Huy. Letzten Pachons nahm ich eine Abkürzung zum Weg am Fluss über ein Feld. Die Gerste stand hoch. Die Arbeiter hatten begonnen, das Unkraut herauszureißen, Klee, wilden Lein und Knöterich, die dem Getreide schaden, aber jetzt, am frühen Nachmittag, schliefen alle.« Sie unterbrach sich und schob die Hände unter ihre Schenkel. »Ein junger Mann kam mir entgegen. Ich dachte, du wärst es. Er ging genau wie du, sehr gerade und geschmeidig. Ich rannte ihm entgegen, und als ich näher kam, merkte ich, dass du es nicht warst. Natürlich nicht. Aber seine Züge ähnelten deinen. Sie waren etwas gröber und die Augen kleiner. Wir grüßten uns. Ich war ziemlich traurig und wollte weitergehen, als er mich am Arm packte und hinunter in die Gerste zog. Er küsste mich. Er schob mein Kleid hoch. Ich schloss die Augen und stellte mir vor, du wärst es.« Sie lachte kurz und unfroh. »Warum ich mich ihm wie ein Tier im Pferch meines Vaters hingegeben habe? Weil du mir gefehlt hast, Huy, und ich alle Hoffnung aufgegeben hatte, dich je zu bekommen. Weil ich dich schon immer liebe. Aber das Ganze war ziemlich schrecklich, nur ein bisschen öde Fummelei, ein kurzer Schmerz, dann stand er auf und ging ohne ein Wort seiner Wege. Solche Begegnungen sind in meinem Stand üblich.« Ihr Ton war schneidend. »Wen schert es, wenn das Blut der Bauern nicht rein ist, wenn ein Bauer ein Bauernmädchen schwängert? Das ist nicht wie bei deinen edlen Freunden, die so darauf bedacht sind, dass ihr Stammbaum makellos bleibt. Als ich an den Fluss kam, bin ich ins Wasser gestiegen, habe mir das Blut von den Beinen gewaschen und geschworen, mich nie wieder so demütigen zu lassen. Ungeachtet meines niedrigen Standes. Habe ich mich besser benommen als deine kleine Hure, Huy? Ich glaube nicht.«
    Huy war sprachlos. Seine Eifersucht hatte einem tiefen Mitleid Platz gemacht. Sanft zog er ihre Hand unter ihrem kalten Schenkel hervor, legte sie an sein Gesicht, küsste sie und ließ sie dann los. »Es tut mir leid, Ischat.«
    »Weshalb?« Sie stand auf. »Ist es deine Schuld, dass du mich nicht lieben kannst? Dass du meinen Körper nie begehrt hast? So halten uns die Götter zu ihrem Vergnügen zum Narren.« Ihre Stimme brach.
    Huy erhob sich auch. »Du bist meine allerbeste

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