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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Freundin«, begann er, aber sie unterbrach ihn mit einer schnellen, kurzen Geste.
    »Versuch nicht, es zu beschönigen«, fuhr sie ihn an. »Ich spiele keine albernen Spielchen. Weibliche Tricks gehen mir ab. Ich liebe dich. Das ist alles.« Sie holte tief Luft und ließ ihren Körper zusammensacken. »Morgen gehst du also zu Methen und beginnst deine Arbeit?«
    »Erst einmal muss ich mein Haus bewohnbar machen.« Huy war froh, dass sich ihr Gespräch wieder harmloseren Bereichen zuwandte. »Es ist schmutzig. Es muss getüncht werden. Methen hat mir ein paar Möbel aus dem Lager des Tempels gegeben. Sie sind ziemlich dürftig, aber ich komme schon zurecht.«
    Sie nickte. »Wir sehen uns noch, ehe du gehst«, war alles, was sie sagte, ehe sie sich auf den nackten Füßen umdrehte und rasch unter den Bäumen davonging.
    Huy sah ihr nach, bis die Dunkelheit sie verschluckt hatte, dann schlüpfte er durch die Hecke und den Garten in das stille Haus. Neben dem Bett in dem Zimmer, das jetzt Heby gehörte, brannte eine Lampe. Huy zog den Schurz und das Lendentuch aus, legte sich unter das Laken, beugte sich über den Tisch und blies die Flamme aus.
    Lange Zeit lag er auf dem Rücken und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Die erwachsene Ischat war ein Schock, auf den er hätte vorbereitet sein müssen, doch in seiner Überheblichkeit hatte er nicht daran gedacht, dass die Jahre sie ebenso verändert hatten wie ihn selbst. Er stellte sich vor, wie sie über das Gerstenfeld mit seinen hellbraunen fedrigen Grannen schritt, zu ihren Füßen niedriger dunkelroter Klee und dunkelblaue Leinblüten, die im Wind wippten. Er stellte sich vor, wie sie der junge Mann, der ihm ähnelte, auf den Boden zog, ihr Kleid bis zum Hals hochschob und den großen, geschmeidigen Körper enthüllte, in sie hineinstieß. Er war dort, lag auf ihr, blickte in die dunklen, gleichgültigen Augen, sah ihr schwarzes Haar, das in den Ähren ruhte. Wenigstens hat es ihr keinen Spaß gemacht, dachte er unruhig. Sie hat es als öde Fummelei bezeichnet. Er war wütend und besorgt. Eines Tages wird sie daran Spaß haben, sagte er sich düster. Eines Tages kommt ein Freier, der ihr annehmbar erscheint, und allmählich vergisst sie, wie nahe wir uns waren, sie und ich. Und sie wird die Arme ausbreiten und ihren Körper öffnen und wird eins mit einem anderen. Kümmert es mich? Er rollte sich auf die Seite und schob beide Hände unter seine Wange. Die Laken und das Kissen waren grob und reizten seine Haut. Ja, es kümmert mich. Aber warum? Mein Verlangen gilt Anuket. Ischat ist meine Freundin aus Kindertagen, nichts weiter. Trotzdem stellte er fest, dass er den Mann beneidete, der sehen würde, wie die markanten Züge in der Ekstase weich würden. Obwohl er nicht den Anspruch eines Liebhabers hatte, wollte er sie für sich haben, niemand sonst sollte sie bekommen. Der Wunsch war lächerlich, unlogisch und völlig selbstsüchtig. Huy versuchte mit aller Kraft gegen ihn anzukämpfen, aber er gelangte auch noch in seine Träume.
    Als er bei Tagesanbruch erwachte, waren alle anderen im Haus bereits aufgestanden. Eine Weile lauschte er Hebys Geplapper, den ruhigen Bemerkungen seiner Mutter und dem Klappern des Geschirrs. Er konnte frisches Brot mit Sesamsamen riechen, Hapsefas Spezialität. Der Duft machte ihn hungrig. Er zog das Lendentuch und den Schurz an, die er am Vortag getragen hatte, und tappte ins Empfangszimmer. Heby kam zu ihm gerannt. Er trug einen Schurz mit einem kleinen Weinfleck am Saum – daran erkannte Huy, dass es einer seiner alten Schurze war. An den Füßen hatte Heby robuste Sandalen aus Leder und Hanf, in der Hand hielt er einen kleinen Leinenbeutel. Huy hob ihn hoch, umarmte ihn und setzte ihn wieder ab.
    »Ich bin abmarschbereit für die Schule«, erklärte Heby. »Ich laufe dorthin mit einem Freund von weiter oben am Weg und dessen Mutter.« Er schüttelte den Beutel. »Meine Sachen für den Unterricht«, sagte er stolz. »Eines Tages darf ich auf Papyrus schreiben, statt auf diese Tonscherben. Bist du noch da, wenn ich heute Mittag nach Hause komme, Huy?«
    »Nein. Aber ich besuche dich bald wieder, Heby. Ich kann dich mit an die Kais nehmen und dir die Schiffe zeigen. Möchtest du das?«
    »Oh ja! Vater nimmt mich nur mit auf die Felder, und gelegentlich gehe ich mit Onkel Ker in das Parfümhaus. Die Kais sind viel aufregender. Auf Wiedersehen, großer Bruder!«
    »Du machst dein Versprechen besser wahr«, mahnte Itu. Sie war

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