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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Vater lernt mich weiterhin in der Verwaltung dieses Sepats an, sodass ich mich als nahezu erwachsen betrachten kann. Aber eine Ente kann ich immer noch nicht sicher treffen. Ich soll dich von Nascha grüßen. Sie vermisst dich beinahe genauso wie ich. Komm zurück nach Iunu, Huy. Ich werde meinen Vater drängen, dir eine gute Stellung hier in der Stadt zu verschaffen. Er sagt zwar nichts, aber ich weiß, dass er es bedauert, dass er dir Anuket nicht geben konnte und du ihm fehlst, wenn wir uns zum Essen setzen. Was die kleine Hexe angeht: Letzte Woche war ihre offizielle Verlobung, gefolgt von einem großen Festmahl. Ich mag ihren Bräutigam nicht sonderlich. Er scheint ziemlich dumm zu sein, vielleicht ist er aber nur schüchtern. Auf alle Fälle ist er kein Gegenpart für Anuket, die schnurrend um ihn herumschleicht – wie eine Katze, die eine Maus gefangen hat und erst mit ihr spielt, ehe sie sie verschlingt. Vater kann Anuket nicht mehr im Zaum halten. Ich glaube, er will nur noch rasch den Ehevertrag unterschreiben, damit sie aus dem Haus ist. Wünscht er insgeheim, dass sie das Haus mit dir verlassen würde? Vielleicht. Aber, lieber Huy, denk daran, wie sie dich zuletzt behandelt hat. Im Gegensatz zu ihrer neuen Beute konntest du glücklicherweise entkommen. Schreib mir sofort. Mögen meine Gebete zu dem Osiris-Gleichen, dem freigesprochenen Thutmosis dem Dritten, dir Wohlergehen bringen. Dein Freund Thutmosis.
    Huy ließ die Rolle zusammenschnurren und in seinen Schoß sinken. Er schloss die Augen. Ich möchte auch, dass sie weggeht, dachte er, denn Anukets Bild stand nach Thutmosis’ Brief klar und deutlich vor seinem geistigen Auge. Ich habe mich in sie verliebt, ehe ihre Veränderung einsetzte, ehe ihr wahrer Charakter durchzuscheinen begann. Egal, wie sehr ich dagegen ankämpfe, ich bin immer noch gefangen von dem stillen, fleißigen Mädchen, dessen flinke Finger die zarten Blüten verwoben, in deren Duft wir stundenlang schweigend nebeneinandersaßen. Komme ich nie von ihr los?
    »Du kommst spät heute«, sagte Ischat, als er ins Haus kam und ihr den Beutel gab. »Gibt es wieder Brot und Käse? Huy? Warum bist du so blass?«
    »Ich habe einen Brief von meinem Freund in Iunu bekommen«, erzählte er ihr und legte seine Schreiberpalette auf den Tisch. »Es geht ihm gut, und ich soll ihm schreiben.« Ihre Augen verengten sich, und sie kramte heftig in dem Beutel, um die Lebensmittel herauszuholen. »Schon gut, Ischat«, sagte er vorsichtig, »Thutmosis’ Schwester hat sich gerade offiziell verlobt und wird bald heiraten. Ich war nie ihr Favorit oder der ihres Vaters.«
    »Weil du ein Bürgerlicher bist.« Sie schüttelte den braunen Käse vor seinem Gesicht. Ihr Ton war bitter. »Weil dein Blut nicht rein genug ist, um sich mit ihrem zu vermischen. Aber das kann es ja gar nicht. Nicht, wenn das, was du mir gesagt hast …«
    »Ruhe!«, unterbrach er sie scharf. »Stoß mich nicht mit der Nase auf mein eigenes Unglück. Es ist wahr, was du sagen wolltest.«
    »Es tut mir leid.« Sie kniete sich neben ihn und schlang ihre Arme um seine Knie. »Es verletzt mich. Und ich bin wütend auf sie, auf alle von ihnen. Ich hasse es, dich leiden zu sehen.« Sie konnte ihn gleichzeitig lieben und hassen, weil er ihre Liebe nicht erwiderte. Sie wollte ihn verteidigen und geißeln. Als sie sich erhob und er ihre warme Wange an seinem Schenkel spürte, dachte er darüber nach, wie verwickelt und rätselhaft die Gefühle einer Frau sein konnten.
    »Setz dich und iss«, sagte er. »Ich werde Thutmosis schreiben und dann schlafen.« Er hockte sich auf den Boden, legte seine Palette auf die Knie und flüsterte das übliche Gebet zu Thot, während er seinen Tuschebehälter öffnete. »Schon gut«, wiederholte er. »Ich bin zufrieden mit dir hier in Hut-Herib. Es ist ein alter Schmerz, Ischat.«
    »Ich weiß genau, was du meinst«, sagte sie sarkastisch und biss in den Käse.
    In den folgenden Wochen kamen weitere Briefe aus Iunu. Die Rechet hatte viele Ratschläge für ihn und erwartete eine Antwort, Ramose unterstellte dezent, dass eine vorübergehende Verrücktheit Huy erfasst habe und er gewiss in den Tempel zurückkehren würde, sobald er wieder gesund sei. Huy antwortete beiden. Der Rechet dankte er für ihre Ratschläge und beschrieb seine neue Umgebung und seinen Alltag in allen Einzelheiten, denn er wusste, dass sie seinen Entschluss, nach Hut-Herib zurückzugehen, guthieß. Der Brief an den Re-Oberpriester war

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