Der Seher des Pharao
schmutzigen Mund, Hathor-Chebit. Ich habe dich nicht geheilt. Es war Anubis selbst, der beschlossen hat, dass du gesund wirst.«
»Dann müssen wir zu seinem Heiligtum gehen und ihm ein Opfer bringen«, unterbrach ihn Iri. Er war aufgestanden und betrachtete Huy mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Schüchternheit. »Ich habe getan, was du mir befohlen hast, Meister. Und meine Tochter lebt. Ich habe dir und deiner Dienerin Gemüse aus den Gärten meiner Herrschaften mitgebracht. Das werde ich jetzt jede Woche tun.«
»Mandeln, Huy«, sagte Ischat laut. »Mandeln! Und Rettich, Lotoswurzeln, jede Menge wunderbares Gemüse, Zwiebeln, Knoblauch, Salat, Saubohnen. Iri sagt, er bringt uns, was immer gerade reif ist. Auch Obst.« Sie grinste. »Ich kann anfangen, zu Hause zu kochen. Ich kann die öffentlichen Feuerstellen am Ende der Straße benutzen. Keine lauwarme Suppe aus der Tempelküche mehr!«
Hathor-Chebit sah Huy ehrfürchtig an. »Ich mag deine langen Haare«, sagte sie.
Nachdem die Besucher unter Verbeugungen gegangen waren, sahen sich Huy und Ischat an. Huy roch den frischen grünen Duft des Gemüses, das an der Wand aufgehäuft war. Er erinnerte ihn an die Beete seiner Mutter am Teich in ihrem Garten. »Wenn du Glück hast, kannst du als Nächstes einen Tischler heilen«, sagte Ischat. »Und danach einen Schmuckhersteller. Götter, Huy! Vielleicht können wir sogar in ein größeres Haus ziehen. Das ist erst der Anfang. Eventuell musst du aufhören, für Methen zu arbeiten.«
Huy sagte sich, dass es keinen Sinn machte, sich über sie zu ärgern. Ihre Ambitionen, ihre Gier empfand sie für ihn, nicht für sich selbst. Und es würde auch nichts bringen, ihr zu erzählen, wie sehr er die Ansprüche des Gottes fürchtete. Nun ist es an der Zeit, den Preis für die Auferstehung zu bezahlen, flüsterte etwas in ihm. Ich gehöre dir, mächtiger Atum, erklärte sein Herz. Tu mit mir, was dir gefällt. Ich wehre mich nicht mehr dagegen.
Früh am nächsten Morgen, als er sich anzog, hörte Huy an der Tür die Stimmen von Ischat und einer anderen Frau, und als er in das größere Zimmer trat, wusste er, was kommen würde. Er war absolut ruhig. Ischat trat zur Seite, und die Frau verbeugte sich vor ihm. »Ich habe von Iris Tochter gehört«, sagte sie hastig und aufgeregt. »Meister, mein Mann stellt unten am Wasser Lehmziegel her. Wir sind sehr arm und können dir nichts geben, es sei denn, du brauchst Ziegel. Wir verstehen es, wenn du nicht helfen willst, doch gestern kam er mit einem gelähmten Arm nach Hause, und heute Morgen konnte er sein Bein nicht heben.« Sie verblieb in der Verbeugung, sah aber zu Huy auf. »Bitte komm und fleh die Götter an, Mitleid mit ihm, mit uns zu haben. Wenn er nicht arbeiten kann, verhungern wir.«
Hinter ihr sah Huy einen Mann langsam über die Straße gehen und dann zielstrebig auf ihn zukommen. Er drehte sich zu Ischat um. »Geh und hol meine Palette.« Sie nickte, ging in sein Schlafzimmer und kam mit der Palette in den Armen zurück. »Gut«, fuhr Huy fort. »Jetzt setz dich auf den Boden und leg sie auf deine Knie. Öffne den Tuschebehälter. Glätte ein Stück Papyrus mit meinem Schaber. Nimm dir einen Pinsel, es ist egal, welchen, und schreib, was ich dir diktiere.«
Ischat sah erschrocken auf. »Aber Huy, so gut bin ich mit meinen Zeichen noch nicht! Ich bin weder schnell noch ordentlich genug!«
»Du schaffst das.« Er wandte sich wieder der Frau zu. »Also. Sag meiner Dienerin, wo du wohnst.« Dann winkte er dem Mann auf der Straße. »Was brauchst du?«
An diesem Tag kamen zehn Leute an Huys Tür. Huy ließ Ischat seine Palette da und bat sie, die Namen, Adressen und Beschwerden aufzuschreiben, während er zu Methen eilte. »Es ist nur ein Rinnsal«, erzählte er dem Oberpriester. »Aber ich fürchte, es wird zur Flut anschwellen. Ich möchte weiterhin für dich arbeiten, Methen, und will abends zu den Kranken gehen. Ich muss dich aber um eine neue Palette bitten.«
»Ich kann auch wieder auf meine frühere Schreiberlösung zurückgreifen«, bot Methen an.
Huy schüttelte den Kopf. »Wenn ich im Haus bleibe, werde ich Tag und Nacht belästigt. Ich muss morgens hier bei dir sein können.« Er strich mit der Hand über seine Augen. »Es ist beängstigend, Methen.«
»Aber es hat etwas Rechtmäßiges. In deinem Haus bist du ungeschützt, Huy. Vielleicht solltest du den Bittstellern sagen, dass sie hierher, in den Tempel, kommen sollen. Dann arbeitest du sozusagen
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