Der Seher des Pharao
anvertraute, und bislang hatte sie ihn noch nicht enttäuscht.
Der Gaufürst von Sepa kam mit Kopfschmerzen, die nicht vergehen wollten. Seine Belohnung waren zu Huys Freude ein Bogen, ein Satz gut gearbeiteter Pfeile, zwei verzierte Dolche und ein junger Esel, in den sich Ischat sofort verliebte. Sie nannte ihn Weichnase. »Wie sollen wir ihn füttern?«, hatte Huy sie verärgert gefragt, während sie Freudenschreie ausstieß und den grauen Hals umarmte. Sie hatte ihn angelächelt, als wäre er schwachsinnig.
»Mein Vater wird ihn auf sein Feld bringen. Da hält er die wilden Tiere vom Getreide fern«, hatte sie gesagt. »Das ist ein gutes Geschenk, Huy. Wenn wir umziehen, brauchen wir einen Esel, einen Karren und Zaumzeug.«
Huy hatte gegrunzt. »Also werden wir bald umziehen?«
»Natürlich! Der Ziegelmacher hat stapelweise Ziegel für uns. Wir brauchen nur noch ein Stück Land.« Und das, hatte Huy gedacht, ist etwas Unmögliches. Nur der König oder der Gaufürst kann Land zuteilen. Aber das hatte er nicht laut gesagt, den er wollte Ischats unübersehbare Freude nicht trüben.
Aus Qes im Atef-Pehu-Sepat, Hunderte von Meilen im Süden und auf halbem Weg nach Weset, wo der königliche Thron stand, kam der oberste Verwalter des dortigen Prinzen. Auf jeder Seite eine Wache und hinter sich einen Diener, der einen Schirm über seinen geschorenen Kopf hielt, um ihm Schatten zu spenden, wartete er geduldig in einer Reihe mit den Dutzenden von Bittstellern. Als Huy sah, dass ihm das Atmen schwerfiel, verließ er seinen Hocker im Tempelhof, bat Ischat, weiter die Namen aufzuschreiben, und führte den Verwalter in Methens kühle Räume. Seine Atemprobleme konnten nicht geheilt, aber gelindert werden, und zwar mit kleinen Dosen der zerriebenen Blätter einer in den Fremdländern wachsenden Pflanze namens Nachtschatten. Zu Huys Überraschung nickte der Mann. »Nur wenige Ärzte kennen das Rezept. Doch der Arzt meines Prinzen ist ein Fremder von jenseits des Großen Grüns. Er weiß ganz ungewöhnliche Dinge und ist sehr gut im Heilen aller möglichen Krankheiten. Ich hatte gehofft, die Götter würden meine vollständige Heilung erlauben, aber es soll nicht sein.« Er sah Huy von der Seite an. »Du hast mir noch etwas anderes zu sagen, junger Mann.«
Huy verzog schmerzlich das Gesicht, denn er mochte den bescheidenen, selbstbeherrschten Diener. »Es tut mir leid, doch Anubis hat mir nicht nur dein Gebrechen gezeigt, sondern auch deine Zukunft. Du bist Soldat, nicht wahr?«
»Ich war es, ehe mein Prinz mich zu seinem Verwalter machte. Ich führte seine Hauswache an und habe mich als vertrauenswürdig gezeigt.«
Huy berührte ihn am Arm. »Du beweist deine Liebe zu deinem Herrn, indem du dein Leben für ihn opferst. Du wirst in der Schlacht sterben, weil du ihn schützt.«
Die dunklen Augenbrauen des Mannes schossen nach oben. »In der Schlacht? Für den Fall, dass der Eine in den Krieg zieht, bleibe ich zurück, um der Familie meines Prinzen und dem Haushalt während seiner Abwesenheit vorzustehen!«
»Ich erzähle dir nur, was ich gesehen habe.« Huy stand auf und ging zur Tür. »Es war mir eine Ehre, dich zu treffen, edler Herr. Ich bete, dass sich meine Vision als falsch erweist. Ruhe hier, bis es deiner Brust besser geht.« Doch er wusste, während er hinüber zu Ischat ging, die von den wie üblich lärmenden Hilfsbedürftigen umgeben war, dass sich seine Prophezeiungen nie als falsch erwiesen hatten.
18
Schemu schritt voran, und es wurde allmählich heißer. Rund um Hut-Herib waren die Bauern bei der Ernte, das Getreide wurde gedroschen und eingelagert. Die Parfümblumen wurden gepflückt, eingeweicht und destilliert. Huy bekam von diesen Arbeiten kaum etwas mit, denn er und Ischat kämpften mit den Massen, die im Außenhof des Tempels ab dem Morgengrauen auf sie warteten und sich nicht zerstreuten, ehe er sich bei Sonnenuntergang einen Weg hinaus bahnte, um nach Hause zu gehen. Er wusste nicht, wie er ihrer Herr werden sollte, denn er konnte keinen Hilfsbedürftigen abweisen. Seine Kraft bezog er anscheinend aus den Träumen vom Osiris-Paradies, die an Intensität und Schönheit zunahmen, je erschöpfter er wurde. Ischat war auch müde und ließ die Bittsteller ihre scharfe Zunge spüren, wenn sie sich um Huy drängten, statt ruhig in der Schlange zu warten. Den letzten Rest ihrer Energie brauchte sie dann, um die Abendmahlzeit zuzubereiten und ihre Kleider zu waschen.
Die Jahreszeit Achet begann mit dem
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