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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Vater zu mir«, erklärte Huy ihm glücklich. »Wie kommt es, dass du den Dienst für Re in Iunu verlassen hast und Mitglied der Eliteeinheit des Königs geworden bist?«
    »Ah, das ist wirklich eine Geschichte«, begann Anhor begeistert, doch eine scharfe Stimme stoppte ihn.
    »Zurück auf deinen Posten, Soldat!«
    Anhor zog sofort wieder sein Schwert und ging auf seinen Platz. Huy fand sich einem großen jungen Mann gegenüber, der einen mit Gold durchwirkten Schurz trug. Auf seiner breiten Brust hingen mehrere Goldketten, und eine weitere war um seine kurze Lockenperücke geschlungen. Ein roter Jaspisohrring in Form eines Skarabäus hing an einem der Ohrläppchen. Seine Augen waren dick mit Kajal nachgezogen, die Lippen und die Handflächen mit Henna gefärbt. Huy, der sich plötzlich wegen seines ungeschminkten Gesichts und des gewöhnlichen Anch-Ohrrings schämte, blickte in ein strenges Gesicht und ein Paar misstrauischer Augen. »Huy, Sohn des Hapu aus Hut-Herib?«, fuhr die autoritäre Stimme fort. Huy nickte. »Ich bin Wesersatet, Oberkommandierender der Truppen Seiner Majestät. Folge mir.«
    Demütig folgte er dem Mann zwischen den bewegungslosen Wachen über den Steg und trat vorsichtig an Deck, wo ihm die Männer stumm Platz machten. Huy spürte ihre fragenden Blicke auf sich ruhen. Und er roch sie auch – eine Mischung exotischer Parfüme und kostbarer Hautöle, sodass er kurz an seinen Onkel Ker dachte, der sicher die meisten dieser jungen Adeligen mit beidem versorgte. Huy zwang sich, mutig den Kopf zu heben und einen nach dem anderen anzuschauen. Keiner von ihnen senkte den Blick. Ein paar lächelten ihn an. Huy fragte sich, wo Thutmosis war.
    Als sie sich der mit Damast verkleideten Kabine näherten, eilte ein Mann heraus, und Wesersatet trat zur Seite. Huy, der zu spät merkte, dass er sich vor dem Oberkommandierenden hätte verbeugen sollen, tat dies beinahe vor dem anderen Mann, hielt sich aber rechtzeitig zurück. Dies war ein Diener. Sein Kopf war rasiert, der blau-weiße, knöchellange Schurz mit Goldfaden gesäumt. In der Hand trug er einen kurzen Amtsstab. Die Augen hatte er mit Kajal nachgezogen und die Lippen mit Henna gefärbt, nicht aber die Handflächen. Kein Adeliger, aber zweifellos eine wichtige Person. Huy neigte den Kopf.
    »Ich bin Men, Haushofmeister Seiner Majestät. Seine Majestät ist bereit, dich zu empfangen. Wenn du eintrittst, hältst du direkt hinter der Tür inne und wirfst dich auf den Boden. Dort bleibst du, bis dir Seine Majestät sagt, dass du aufstehen sollst. Wenn du stehst, verbeugst du dich mit ausgebreiteten Armen, den Blick auf deine Füße gerichtet. Sieh Seine Majestät nicht an, ehe es dir erlaubt wird. Hast du verstanden?«
    Huy schluckte. »Ja.«
    »Und wenn Seine Majestät dir Bier, Wein oder Konfekt anbietet, verbeugst du dich davor und danach. Und berühre auf keinen Fall die königliche Haut.«
    Huy sah erschrocken auf. »Aber wenn ich Seiner Majestät weissagen soll, muss ich ihn berühren! Wenn nicht, geben mir die Götter keine Antwort!«
    Gemurmel machte sich unter den Zuhörern breit. Men verzog gequält das Gesicht. »Warte hier«, befahl er. »Ich werde Seine Majestät von diesem Umstand unterrichten. Das hätte man mir wirklich vorher sagen müssen!« Er hastete in die Kabine. Die letzte Bemerkung ließ ihn menschlicher erscheinen, und ein wenig von Huys Beklemmung schwand.
    Men kam zurück und winkte Huy heran. »Seine Majestät erlaubt dir gnädigerweise, ihn zu berühren. Du darfst die Kabine betreten.«
    Huy, der sich fühlte, als wäre er zum Schulvorsteher Harmose bestellt, um eine Rüge zu empfangen, tat, wie ihm geheißen.
    An der Türschwelle fiel er sofort auf die Knie, dann streckte er sich in voller Länge auf dem Boden aus Zedernholz aus. Das Holz roch süßlich. Er wusste nicht, wo genau sich der König befand, aber er hatte den Eindruck, dass mehrere Männer, von denen einer saß, anwesend waren. Einen Moment lang geschah nichts, dann sagte eine Stimme: »Du darfst dich erheben.« Huy stand auf, verbeugte sich wie befohlen mit ausgebreiteten Armen ab der Taille und betrachtete das Spiel von Licht und Schatten auf seinen Füßen, das vom Holzgitter der Kabinenfenster kam. Diesmal dauerte es noch länger, bis die Stimme sprach. »Nimm deine Arme herunter und sieh mich an.« Zu Huys Verdruss zitterten seine Hände. Er senkte sie, richtete sich auf und hob vorsichtig den Blick.
    Auf einem zusammenklappbaren Feldstuhl saß ein junger

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