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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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der Schule. Sein Vater will ihn von ihr fernhalten. Das hat mein Vater meiner Mutter erzählt, als sie dachten, ich könnte sie nicht hören.« Huy sah zu seinem Freund auf, der eine Stufe höher auf dem Bauch lag und über den Rand lugte. Von seiner zerzausten Jugendlocke tropfte Wasser auf Huys Wange. »Er macht beim Lernen wenig Fortschritte, daher hoffe ich, dass unser Gepriesener Gott und König ihn nicht zum Gaufürsten macht, wenn sein Vater stirbt. Er ist schon zu grausam und zu dumm, um über die Ratten in den Getreidespeichern zu herrschen, viel weniger über einen Sepat, selbst wenn er so klein ist wie Nart-Pehu.«
    Es kam Huy in den Sinn, dass er selbst ein bisschen wie Sennefer sein könnte – allerdings nicht grausam und dumm. »Meinst du nicht, dass der Gute Gott schon mit der Himmelsbarke fahren könnte, wenn Sennefer alt genug ist, das Amt seines Vaters zu übernehmen?«
    Thutmosis schnaubte. »Sicher nicht! Und selbst wenn, dann wird er unser Land immer noch durch den Falken-im-Nest Amenhotep, seinen Sohn, regieren. Vielleicht schickt der König Sennefer nach Tjel oder in eine der Garnisonen am Horusweg«, fügte er hoffnungsvoll hinzu. »Mein Vater sagt, Sennefer sollte das Soldatenhandwerk erlernen, denn aus ihm wird nie ein guter Verwalter.« Er rollte sich auf den Rücken und damit aus Huys Blickfeld. »Ich habe gehört, wie er das zu meiner Mutter gesagt hat, aber ich behalte das für mich, wie es sich für einen guten Schreiber geziemt.«
    Zum ersten Mal fragte sich Huy, wie seine Zukunft aussehen könnte. Seine Mutter hatte gelegentlich Dinge wie »Wenn du die Arbeit deines Vaters auf Kers Feldern fortführst …« oder »Du darfst nicht unhöflich zu den Feldarbeitern sein, Huy. Eines Tages könntest du der Aufseher über ihre Söhne sein« gesagt, aber er hatte sich wenig darum gekümmert und nur danach getrachtet, auf ewig im Garten mit Ischat und den Fröschen zu spielen, während Hapsefa sich um alles andere kümmerte. Er würde sein Leben lieber in der Schule verbringen oder damit, sich im Haus herumzutreiben, doch wenn er schon erwachsen werden musste – und hier streifte ihn erstmals eine Ahnung seiner Sterblichkeit –, dann nicht zu einem Mann, der in der Sonne arbeitete und dessen Körper schmerzte.
    »Warum seufzt du?«, fragte Thutmosis.
    »Mir wird heiß. Wollen wir noch mal ins Wasser gehen?«
    Thutmosis überlegte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Lass uns reingehen. Ich habe Hunger. Außerdem hat Meri-Hathor versprochen, heute Nachmittag mit uns in die Sümpfe zu gehen und Reihereier zu suchen. Am Abend werden wir dann mit ihr picknicken. Sie will ein Feuer für uns machen, aber ich glaube nicht, dass sie weiß, wie das geht.«
    Meri-Hathor war die älteste Schwester von Thutmosis. Sie war vierzehn und bereits dem Sohn von einem der zahllosen königlichen Vorsteher in der Stadt als Ehefrau versprochen. Diese Verbindung war sehr vorteilhaft für sie, aber Huy hatte das Gefühl, dass sie das nicht sonderlich beeindruckte. Ein Ausflug in die Sümpfe passte nicht so recht zu ihr. Huy ging davon aus, dass Thutmosis sich das von ihr gewünscht hatte und sie es ihm nicht abschlagen wollte.
    In der Schule hatte Huy normalerweise zwischen den Übungsstunden am Nachmittag und dem Abendessen Freizeit. Manchmal schloss er sich den anderen Jungen am Teich an, um Ball zu spielen, Ringkämpfe zu machen oder einfach im Gras zu liegen und zu plaudern. Sie gingen angenehm ungezwungen mit ihm um: Sie wussten um seinen niedrigen Stand, kümmerten sich aber nicht sonderlich um seine Herkunft. Akzeptiert wurde er wegen seiner raschen Auffassungsgabe, seines kräftigen kleinen Körpers und seines Eifers, als würdiger Träger der Jugendlocke seinen Platz unter ihnen zu finden. Die einzige Ausnahme bildete Sennefer, der sich von den eigenen Altersgenossen fernhielt. Er ignorierte die anderen blauen Schleifen und suchte die Gesellschaft der ein Jahr älteren Schüler mit den roten Schleifen. In den drei Jahren, die er bereits auf der Schule war, hatten nur wenige auf seine Annährungsversuche reagiert, aber drei oder vier ungehobelte Jungen hatte er um sich geschart. Sie machten sich einen Spaß daraus, den jüngeren Schülern das Leben zu vergällen. Huy und Thutmosis verschwanden deshalb lieber aus ihrem Blickfeld, wenn sie im Hof auftauchten.
    An einem dieser Nachmittage entdeckte Huy den Baum. Thutmosis hatte im Unterricht nicht aufgepasst – was sehr selten vorkam – und deshalb eine

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