Der Seher des Pharao
danach fragen würde. Und wo war Ischat? Er leerte seine Beutel, öffnete seine Kleidertruhe und legte die Schurze und Lendentücher hinein. Das zweite Paar Sandalen stellte er unter das Bett, das Senet-Spiel, das Kästchen mit dem Skarabäus und die Chenti-Cheti-Statue kamen auf den Tisch. Aus dem Garten drang das Gemurmel erwachsener Stimmen herein. Huy suchte seine Farben. Er brannte darauf, seiner Familie alles zu zeigen, was er gelernt hatte, und die Wände im Haus eigneten sich bestens dafür. Doch vielleicht sollte er damit noch ein oder zwei Tage warten, denn er wollte nicht angeberisch wirken. Huy setzte sich auf sein Bett und schloss die Augen. Es war wirklich wunderschön, zu Hause zu sein.
Nach dem Affen fragte niemand, aber über die Schule berichtete Huy unter den stolzen Augen seiner Mutter und den anerkennenden seines Vaters. Selbst Hapsefa lächelte ihn an, und es schien sie nicht zu stören, dass er etwas Knoblauchsauce auf seinen Schurz gekleckert hatte. Ker und Heruben lauschten zufrieden. Dies war ihr Werk, und so mischte sich in ihre Liebe zu ihm eine andere Form der Anerkennung als die seiner Eltern. Hapsefa hatte ihm zu Ehren Honigkuchen gemacht, und er dankte ihr höflich, nachdem er die meisten davon verschlungen hatte. Er war selig, wieder der geliebte Mittelpunkt zu sein, aber er beeilte sich auch, seinen Onkel und seinen Vater zu fragen, wie die Ernte ausgefallen sei, sich bei seiner Mutter und Hapsefa nach der Saft-und Bierherstellung zu erkundigen, und von Ker wollte er auch noch wissen, ob er mit dem diesjährigen Ergebnis der Parfümdestillation zufrieden sei. Alle waren darüber ein wenig amüsiert, doch sie antworteten ihm ernsthaft.
Die ganze Zeit, in der sie zufrieden im Schatten saßen und aßen und tranken, wunderte sich Huy, wo Ischat war. Er verriet nicht, wie sehr er sich nach ihr sehnte, weil er seinen Eltern das Wiedersehen nicht vergällen wollte, aber das Bedürfnis nach ihr war größer als seine Freude, bei den Eltern zu sein. Vielleicht mag sie mich nicht mehr, dachte er, als er von Thutmosis’ Schwestern erzählte. Vielleicht hat sie einen anderen Spielkameraden gefunden.
Seine Mutter gähnte unterdrückt. »All die aufregenden Dinge haben mich müde gemacht. Es ist sowieso Zeit zum Ruhen.«
Ker und Heruben erhoben sich. »Schick uns Huy nächste Woche auf Besuch«, sagte Heruben. »Wir brauchen alle etwas Ablenkung. Auf die Tränen der Isis zu warten, kann ziemlich zermürbend sein.« Sie lächelte Huy an. »Ich hoffe, du weißt immer noch, wie ein gelegentlicher Wutanfall geht, Huy«, fügte sie hinzu. »Anderenfalls müssten wir annehmen, dass ein böser Geist unseren anspruchsvollen kleinen Schatz gestohlen und durch dieses unglaublich wohlerzogene Kind ersetzt hat, das wir heute erlebt haben.«
»Sag so etwas nicht, Heruben!«, rief Huys Mutter. »Nicht einmal im Scherz.«
Ker winkte den Sänftenträgern, die ihr Mahl unter den Sykomoren eingenommen hatten. »Wir haben zu Hause ein Geschenk für dich. Heruben, die Sänfte ist bereit. Danke für die Gastfreundschaft, Hapu.«
Die Familie beobachtete, wie die Sänfte schaukelnd entschwand.
Die Mutter legte den Arm um Huy. »Willst du jetzt schlafen? Es ist bestimmt schön, das wieder im eigenen Bett zu tun.«
»Ich möchte mich lieber an den Teich legen und die Frösche beobachten.«
Sie lachte liebevoll. »Natürlich willst du das. Dein Vater und ich gehen in unser Zimmer. Bleib nicht zu lange in der Sonne.«
Das war keine Lüge, redete sich Huy ein, sobald er allein war. Ich schaue nach den Fröschen. Doch vor allem hoffe ich, dass Ischat aus dem Gebüsch tritt.
Als ob er sie beschworen hätte, raschelte es in den Büschen neben dem Gartentor, und Ischat tauchte auf. Sie lief barfuß über den Rasen zu ihm hin, die schwarzen Haare waren ordentlich mit einem Lederband nach hinten gebunden, und ihr Schurz war gestärkt und fleckenlos. »Ich habe gewartet, bis sie weg sind«, sagte sie. »Dein Vater hat mich eingeladen, zum Essen zu kommen, aber ich wollte dich für mich allein haben. Stundenlang war ich im Garten, und jetzt bin ich am Verhungern. Ist noch etwas übrig?«
»Hapsefa hat alles in die Küche gebracht. Wenn du willst, können wir dort nachsehen.«
Sie beäugten sich eine Weile vorsichtig, dann kicherte Ischat. »Wo sind deine Haare? Soll der Schnörkel über deinem Ohr eine Jugendlocke wie bei einem Adeligen sein?«
Huy war verärgert. »Wir Schüler tragen alle eine Jugendlocke«,
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