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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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das Buch Thot lesen.«
    Thutmosis pfiff durch die Zähne. »Also existiert es! Genau wie Imhotep sagte, als du ihn getroffen hast! Ist es hier in Iunu?«
    »Ja. Zum Teil.« Huy spähte hinüber zu Thutmosis, von dem in dem Sternenlicht, das durch die offene Tür hereindrang, kaum mehr als die Augen auszumachen waren. »Thutmosis, versprich mir, dass du mich immer lieben wirst, egal, welches Schicksal die Götter für uns vorgesehen haben!«, sagte er leise, doch die Angst in seiner Stimme war trotzdem zu hören. »Versprich es mir!«
    »Das habe ich bereits versprochen«, zischte Thutmosis. »Nun schlaf. Eine Woche der Sklaverei liegt noch vor uns, ehe wir für drei köstliche Tage nach Hause können, wo wir beide auf dem Fluss sein und essen werden, bis wir platzen. Gute Nacht.«
    Huy antwortete mit leisem Murmeln. Die Finger seiner rechten Hand umschlossen nach wie vor fest die Amulette, ihre bereits vertrauten Formen verströmten eine Aura friedvoller Sicherheit. Doch Huy erschien es, als würden die Götter ihn beobachten, als würde ihr ungerührter Blick allein auf ihm ruhen. Er konnte keinen Schlaf finden.

8
    Am nächsten Tag schrieb Huy Methen einen Brief und dankte ihm für sein Hilfsangebot, das nun nicht mehr nötig war. Die Worte an Methen kamen von Herzen und flogen ihm nur so zu. Methen würde sich freuen zu lesen, wie gut es dem Freund ging, und seine Antwort würde voller Zuneigung sein.
    Als die Tusche getrocknet war, fiel Huy ein, dass er nun, wo er nicht mehr auf die Großzügigkeit seines Onkels setzen konnte, nicht wusste, wie er einen Boten bezahlen sollte, der die Papyrusrolle nach Norden bringen würde. Er hatte den Brief im Schatten der Bäume am See vor dem Tempel geschrieben und machte sich nun auf den Weg zurück in seinen Hof. Dabei begegnete er einem Priester. Der Mann blieb stehen, als er den Papyrus in Huys Hand und den hilflosen Ausdruck auf seinem Gesicht bemerkte. Zu Huys Erstaunen verbeugte er sich respektvoll vor ihm. »Kann ich dir helfen, Huy?«, fragte er. »Brauchst du Wachs für deinen Brief?«
    »Ich habe kein Siegel, Meister«, antwortete Huy linkisch. »Ich habe ihn geschrieben, ohne daran zu denken, dass sich meine Lebensumstände geändert haben. Ich habe nicht mehr die Mittel, einen Brief zu verschicken.« Er verbeugte sich und wollte weitergehen, denn schließlich war es den Schülern nicht gestattet, sich an die Priester zu wenden. Dazu war die Erlaubnis des Vorstehers nötig, der entschied, ob eine Angelegenheit wichtig genug war, um die heiligen Männer zu stören. Dass er nun von einem Priester einfach so angesprochen worden war, versetzte Huy einen Schock.
    Der Mann hielt ihn höflich mit der ausgestreckten Hand auf. »Wenn du ihn mir gibst, sorge ich dafür, dass er sein Ziel erreicht. Zwischen dem Tempel und den Städten Ägyptens gehen viele Briefe hin und her. Aber auch wenn der Bestimmungsort außerhalb der Grenzen liegt, lässt sich das machen.« Er lächelte. »Ich werde ihn nicht lesen. Sag mir nur, wer ihn bekommen soll.«
    Huy stotterte einen überschwänglichen Dank und übergab den Brief. Der Mann verbeugte sich erneut und schritt rasch davon. Als Huy und Thutmosis später am Tag nach drei anstrengenden Stunden mit Schießübungen zum Badehaus kamen, erhob sich derselbe Mann von dem Hocker neben dem Eingang und verbeugte sich vor Huy, aber nicht vor Thutmosis. »Dein Brief ist unterwegs, und der Oberpriester hat mir gestattet, dir das Siegel des Tempels auszuhändigen, Huy«, erklärte er ohne Vorrede und streckte ihm einen Ring hin. »Du kannst es wie wir auf all deinen Briefen verwenden. Wachs kannst du dir beim Vorsteher holen. Wenn du deine Briefe versiegelt hast, kannst du sie irgendeinem Priester geben, er wird sich dann darum kümmern. Leben und Gesundheit für dich.« Nach einer weiteren Verbeugung verschwand er durch das Hoftor.
    Huy und Thutmosis beugten sich über das schwere goldene Schmuckstück auf Huys feuchter Handfläche. Auf dem Schild war Res Falke mit der Sonnenscheibe über dem Kopf, umgeben von einer Schlange mit gespaltener Zunge, eingraviert.
    »Die heilige Uräus-Schlange, die jederzeit Feuer gegen die Feinde von Re speit«, sagte Thutmosis feierlich. »Dieselbe Wächterin, die sich vorn an der Krone unseres Großen Gottes aufrichtet und ihn vor allem Bösen schützt.« Er sah Huy an. »Dem Oberpriester war es ernst, nicht wahr? Du wirst wirklich in jeder Hinsicht beschützt. Ich hoffe, sie lassen dich noch gelegentlich raus

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