Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
verzehrten gierig das einzige Kleidungsstück, das sie von der Insel mitgenommen hatte.
Mit Tränen in den Augen drehte sich Mistress Rowley zu Izzy um. »Verzeiht mir, meine Liebe, aber Ihr habt mir keine andere Wahl gelassen. Mylord Wolf wird so oder so darauf bestehen, dass seine Anweisungen befolgt werden. Es ist nur zu Eurem Besten.«
Izzy kamen ebenfalls die Tränen, als sie sich aufrichtete und dem Feuer den Rücken zuwandte, dem soeben die letzten Reste ihres Kleids zum Opfer fielen. »Woher wollt Ihr wissen, was für mich das Beste ist?«, fragte sie, obwohl ihre Kehle so zugeschnürt war, dass sie kaum einen Ton herausbekam.
Mistress Rowley schaute betreten zu Boden. »Verzeiht mir, Mylady. Das hätte ich nicht tun sollen. Ich kann Euch nur bitten, bei meiner Bestrafung Milde walten zu lassen.«
»Ich werde Euch nicht bestrafen«, gab sie zurück und merkte, wie ihre Tränen versiegten. Woher sollte sie das Recht nehmen, jemanden zu bestrafen? Als Herrin dieser Burg würde sie zwar bald jedes Recht haben, ihre Untergebenen nach ihrem Ermessen zu tadeln, doch allein der Gedanke daran erschreckte sie. »Der Verlust meines Kleides stimmt mich zwar traurig, aber Ihr müsst nicht meinen Zorn fürchten«, versicherte sie und seufzte leise. »Allerdings kann ich Eure Reaktion gut verstehen. Schließlich trifft Lord Wolf die größere Schuld an dieser Situation als Euch.«
»O nein, Mylady«, rief Mistress Rowley erschrocken. »Das ist ganz allein meine Schuld.«
Entschlossen reckte Izzy das Kinn. Die Haushälterin konnte sagen, was sie wollte, aber von ihr würde sie sich nicht umstimmen lassen. Wolf hatte schuld an allem. »Danke, dass Ihr Euch heute Abend so fürsorglich um mich gekümmert habt, Mistress Rowley. Doch nun möchte ich mich ausruhen. Und zwar allein.«
»Aber der Mylord trug Euch auf, zum Essen nach unten zu kommen.«
»Der Mylord hat für heute Abend genug Forderungen gestellt. Richtet ihm aus, ich werde mich nicht zu ihm gesellen. Weder heute noch sonst irgendwann.«
Mistress Rowley schüttelte grimmig den Kopf. »Das wird ihm nicht gefallen.«
Zum ersten Mal seit langer Zeit verzog Izzy den Mund zu einem ehrlichen Lächeln. »Er hat mich gezwungen herzukommen, und mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als ihn zu heiraten, aber ich entscheide noch selbst, wann und mit wem ich esse.«
Die Haushälterin zögerte. »Eure Entscheidung wird ihn nicht zufriedenstellen.«
Izzy zuckte mit den Schultern und durchquerte den Raum, um aus dem Fenster zu schauen. Dabei trat sie auf den Saum ihres Kleides, fing sich jedoch gerade noch, bevor sie hinfallen konnte.
»Du liebe Güte!«, rief Mistress Rowley und eilte zu ihr. »Euer Kleid ist zu lang. Ich werde es für Euch ändern lassen.«
Izzy hielt den langen Rock hoch und setzte ein Lächeln auf, mit dem sie gegenüber der anderen Frau ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen wollte. »Nein, macht Euch meinetwegen bitte nicht so viel Arbeit. Wenn Ihr eine Nadel und etwas Faden für mich habt, würde ich den Saum gern selbst umnähen.«
»Aber …»
»Bitte, ja? Nähen fördert meine Entspannung, und ich bin durchaus in der Lage, diese Aufgabe zu meistern.«
Mistress Rowley legte die Stirn in Falten. »Dem Mylord wird es nicht gefallen, wenn seine neue Braut sich mit solch niederen Arbeiten beschäftigt.«
»Mich kümmert nicht, was dem Mylord gefällt oder nicht«, ließ Izzy sie wissen.
Mit einem schweren Seufzer lenkte die andere Frau schließlich ein. »Also gut, meine Liebe, ich gebe mich geschlagen. Ich bringe Euch Nadel und Faden.«
Die ältere Frau hielt Wort und kehrte wenig später mit einem kleinen Korb voller Nähutensilien zurück, den sie Izzy überreichte. »Näht, wenn Ihr wollt, aber lasst Euch gesagt sein, dass Lord Wolf sehr …»Sie hielt inne, als suche sie nach den richtigen Worten, um den Mann zu beschreiben. »Er kann sehr überzeugende Argumente vorbringen, wenn er etwas Bestimmtes erreichen will.«
»Ich muss nicht überzeugt werden, ich will nur meine Ruhe haben. Die letzten Tage waren für mich sehr anstrengend, und der Burgherr wird es doch bestimmt einsehen, dass nicht nur mein Körper, sondern auch mein Geist sich erholen kann, oder nicht?«
»Vermutlich ja …«, begann sie.
Bevor die Frau es sich anders überlegen konnte, dirigierte Izzy sie aus dem Gemach. An der Tür angelangt, blieb die Haushälterin stehen, schaute in den Gang und wandte sich dann noch einmal zu Izzy um. »Ruht Euch am besten jetzt aus,
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