Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
denn der Herr wird ganz sicher herkommen, um nach Euch zu sehen.«
Kaum war Mistress Rowley gegangen, verriegelte Izzy die Tür. Wie hatte die ältere Frau das wohl gemeint? Sie drückte den Handballen gegen ihre Schläfe und versuchte, die sich überschlagenden Gedanken und Empfindungen unter Kontrolle zu bekommen. So vieles hatte sich in den letzten Stunden in ihrem Leben geändert.
Wolf hatte erklärt, sie zur Braut zu nehmen, er hatte sie mit seiner Geliebten bekanntgemacht, und nun war sie auch noch in seinem Schlafgemach einquartiert worden.
Sie ging unruhig im Zimmer auf und ab und gab sich selbst die Schuld, dass es überhaupt so weit gekommen war. Sie hätte sich auf dem Schiff ein besseres Versteck suchen sollen, oder sie hätte das Risiko eingehen und trotz ihrer Ängste im Schutze der Nacht das Beiboot zu Wasser lassen können.
Sie stöhnte leise auf, denn sie konnte noch so sehr versuchen sich zusammenzureißen, die Finsternis hätte sie niemals überlebt. Es war nichts weiter als Wunschdenken, wenn sie glaubte, sie hätte auch nur in einem einzigen Punkt anders handeln können, als sie es getan hatte.
Abrupt blieb sie stehen. Das eigentliche Problem war sie selbst. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich bei ihrer ersten Begegnung auf der Insel unachtsam verhalten, da ihr der Mann zunächst verwundbar vorgekommen war.
Wolf verwundbar? Diese Vorstellung war nahezu lächerlich, und doch … und doch wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie in diesem einen Moment den wahren Wolf zu sehen bekommen hatte. Dieser Gedanke wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Wolf benötigte ihr Mitgefühl noch weniger als ihre Gesellschaft beim Abendessen. Sollte sich doch seine Geliebte zu ihm setzen. Ihr Blick fiel auf das Brettchen mit den Apfelscheiben, dann auf den Korb mit dem Nähzeug.
Ihr Kleid umzunähen war genau die Art von Beschäftigung, mit der sie Ruhe und Ordnung in ihre Gedanken bringen konnte. Sie zog einen Stuhl heran, dann setzte sie sich an den Tisch, aß ein Stück Apfel und lehnte sich zurück, während sie den Saum ihres Kleides fasste. Sie war bereit, ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, das nützlicher war als ihre Sorgen.
Selbst wenn es nur von kurzer Dauer sein sollte.
Zehntes Kapitel
Wolf ging im Saal auf und ab, in seiner Faust hielt er die Nachricht von seinem Vater. Schick einen Boten zu mir, wenn die Tat vollbracht ist, stand in dessen Handschrift auf dem Stück Pergament.
Die Tat war nicht vollbracht. Wolf zerknüllte das Pergament und warf es ins Kaminfeuer. Den Boten hatte er weggeschickt.
Sein Blick fiel auf den Tisch, der nur für zwei Personen gedeckt war. Er hatte gehofft, die Angelegenheit heute Abend mit Isobel so zu besprechen, wie es unter zivilisierten Menschen üblich war. Immerhin hatte er Manieren, und er besaß sogar ein gewisses Maß an Charme, wie seine Mutter oft beteuert hatte. Seine Hoffnung war es gewesen, von beiden Eigenschaften Gebrauch zu machen und vielleicht die Ängste seiner zukünftigen Braut so weit zu lindern, dass sie ihm ihre Geheimnisse anvertraute.
Er schaute zur Treppe. Wo blieb sie nur? Wie viel Zeit benötigte eine Frau, um zu baden, sich umzuziehen und für ein Abendessen bereit zu sein?
»Willst du eine Kuhle in den Steinboden treten?«
Wolf blieb am Fuße der Treppe stehen und drehte sich zu Brahan um, der zu ihm geschlendert kam.
»Du siehst aus wie ein Mann, der eine Ablenkung gut gebrauchen kann.« Brahan legte eine Hand auf die Tasche, in der er den Schicksalsstein aufbewahrte. »Ich könnte dir erzählen, wie das Ganze ausgehen wird.« Bei diesen Worten warf er den Stein in die Luft und fing ihn geschickt wieder auf. »Wird sie zu dir kommen oder nicht?«
»Steck den Stein weg«, knurrte Wolf ihn an. »Wenn es um Frauen geht, möchte ich lieber nicht wissen, was die Zukunft bringen wird.«
Brahan steckte den Stein wieder weg. »Wieso nicht? Fürchtest du, der Stein könnte dir etwas zeigen, was du dir so nicht vorgestellt hast?« Wolf warf seinem Freund einen zornigen Blick zu, doch Brahan ließ den wirkungslos von sich abprallen und fuhr fort: »Du glaubst als Einziger, du hättest es verdient, verflucht zu sein und wegen deiner Vergangenheit den Rest deines Lebens allein verbringen zu müssen.«
Damit sprach er genau das aus, was Wolf dachte. »Es ist eine Tatsache, der ich nicht entfliehen kann.«
»Du bist ihr bereits entflohen. Warum willst du das nicht einsehen? Durch
Weitere Kostenlose Bücher