Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
bohrte sich ein Schmerz durch ihren Leib, doch diesmal setzte sie sich nicht dagegen zur Wehr, sondern ließ sich in die wartende Finsternis fallen.
Zwölftes Kapitel
»Heilige Maria!«, stöhnte Wolf lautstark, als er mit seiner bewusstlosen Braut in den Armen in die Feste zurückkehrte, die Treppe hinaufging und seine Privatgemächer ansteuerte. Ein Blick auf ihr schneeweißes Gesicht und die verdrehten Augen hatten genügt, um ihn erkennen zu lassen, dass es nicht nur ihre Angst vor geschlossenen Räumen war, die sie heimgesucht hatte. Wolf hielt sie fester an sich gedrückt.
Vor der demolierten Tür zu seinem Gemach blieb er stehen, als ihn ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam. »Und was soll ich nun machen?«, fragte er sich leise.
»Lord Wolf!« Mistress Rowleys aufgeregte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich um und sah die Frau von der Treppe kommend zu ihm eilen. Als sie Isobel bemerkte, blieb sie erschrocken stehen. »O nein, sie doch nicht auch noch.« Sie legte eine Hand auf Isobels Wange. »Sie steht regelrecht in Flammen, genau wie Lady Fiona.«
»Was habt Ihr gesagt?«
»Lady Fiona wurde vergiftet, und unsere Lady Isobel ebenfalls.«
»Vergiftet?«, wiederholte er fassungslos. Er hätte mit allem gerechnet, aber ganz sicher nicht damit.
»Der Heilkundige ist gegenwärtig bei Lady Fiona. Er sagt, Wolfsmilch sei der Grund, weshalb ihr plötzlich schlecht wurde.«
»Aber wie? Und wer?«
Mistress Rowley ging an ihm vorbei in das Privatgemach und begab sich zu dem kleinen Tisch, neben dem Isobel bei Wolfs letztem Besuch gesessen hatte. Die Frau nahm eine Apfelscheibe von dem Brettchen und roch daran. »Wer immer das getan hat, wusste sehr genau, wie er vorgehen musste. Ein herber Apfel überdeckt den bitteren Giftgeschmack.«
Heftige Wut regte sich in ihm. »In meiner Burg hätte sie in Sicherheit sein sollen.«
»Derjenige, der ihren Tod wünscht, ist offenbar so fest entschlossen, dass ihn kein Hindernis davon abhalten kann.«
Wolf bekam seine Entrüstung in den Griff. Es half ihm nicht weiter, wenn er jetzt die Beherrschung verlor. »Niemand wird mit solchen Bemühungen Erfolg haben, nicht hier und nicht bei ihr.«
Mistress Rowley lächelte. »Die junge Lady kann sich glücklich schätzen, dass Ihr sie beschützt.«
Er musterte seine zukünftige Braut. »Das würde sie bestimmt anders sehen.« Er schaute wieder zu seiner Haushälterin. »Schnell, holt den Heilkundigen her. Wenn ihr etwas zustößt …»
»Aye«, erwiderte die Frau und wandte sich zur Tür um. »Ich bin schnellstens wieder hier. Legt sie in der Zwischenzeit aufs Bett, damit sie es so bequem wie möglich hat.«
Wolf legte sie auf das Himmelbett am anderen Ende des Gemachs, dann deckte er sie mit einer Wolldecke zu, die seine Mutter ihm gestrickt hatte. Sie lag so ruhig da … so ruhig, als wäre sie tot.
Plötzlich bekam er weiche Knie, als er ihr goldblondes, auf dem blass gelben Laken ausgebreitetes Haar betrachtete. Er weigerte sich, von der Verwirrung Notiz zu nehmen, die ihn befallen hatte, und stand stocksteif neben ihr. Wolfsmilch. Ein Gift, das Krämpfe auslöste und das Opfer vor Schmerz sterben ließ. Ein Gift, das seinen eigenen verkürzten Namen enthielt. Die Verwendung einer solchen Waffe deutete auf eine Beteiligung seines Vaters hin.
Dann stutzte er. Diese Erkenntnis diente mehr als jeder handfeste Beweis dem Zweck, seinen Vater von jedem Verdacht freizusprechen. Der mochte zwar listig und verschlagen sein und Menschen so benutzen, wie es am besten zu seinen Plänen passte, aber ein Dummkopf war er ganz sicher nicht.
Das wiederum konnte nur eines bedeuten: Jemand anders trachtete Isobel nach dem Leben. Und nun offenbar auch nach Fionas. Er musste herausfinden, wer hinter diesen Anschlägen steckte, und dafür sorgen, dass niemand zu Tode kam.
Aber vielleicht war es dafür bereits zu spät. Auf dem blassgelben Laken wirkte Isobels Gesicht geisterhaft grau. Die dunklen Augenränder ließen sie noch zerbrechlicher aussehen, was ihm einen Stich versetzte. Wie hatte er in so kurzer Zeit so sehr versagen können?
Schritte auf dem Gang lenkten ihn von seinen düsteren Gedanken ab. Mistress Rowley kam ins Gemach gestürmt und zog den silberhaarigen Heilkundigen hinter sich her. »Hier ist sie, Mortimer. Rasch, du musst ihr das gleiche Mittel geben, das du Lady Fiona eingeflößt hast.«
Wolf machte dem Mann Platz, damit er sich um Isobel kümmern konnte. »Dieses Gegengift
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