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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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Viele! Der Waldkindergarten war voll mit Menschen; mit Eltern, Kindern, Beamten, Erziehern! Irgendjemand aus diesem Personenkreis – ausgenommen der Kinder natürlich – hatte sie beobachtet, war ihr dann gefolgt und hatte dann kurzen Prozess gemacht. Die Tatwaffe war immer noch nicht gefunden worden. Was die Kugel betraf, so hatte sich Frau Prof. Dr. Dr. Jung einfach ins Wochenende abgesetzt. Von ihr konnte man frühestens ab Dienstag mit einem Bericht rechnen. Bei der Überprüfung der Waffenscheinbesitzer waren sie auch nicht weitergekommen. Zwar gab es da einige, doch handelte es sich hierbei um Personen, die nicht als Tatverdächtige in Frage kamen. Zum einen waren sämtliche Kollegen und der Oberförster über jeden Zweifel erhaben. Zum anderen gab es da noch Bäckermeister Josef Möller – seit heute Morgen verschwunden und zur Tatzeit in Österreich –, den pensionierten Biologielehrer Fuchs – seit einem halben Jahr irgendwo am Amazonas auf der Suche nach seltenen Kolibriarten –, den Bürgermeister Oelschläger und die Bauern Huber und Moser – alle drei waren unbescholten, hatten kein Motiv, dafür aber wie Möller den Jagdschein und eine dazugehörige Pacht – und das Jodeltalent Brigitta Edelweiß – sie besaß einen kleinen handtaschentauglichen Revolver, befand sich aber im Moment auf ihrer Schweiz-Tournee. Die Eltern der Kindergartenkinder waren allesamt sauber. Maus dachte an die Liste der Mitglieder des Schützenvereins. Na ja, auch dort waren fast 80 Prozent der eigenen Leute eingetragen. Das war eben so auf dem Lande, wo nicht allzu viele Freizeitaktivitäten auf dem Programm standen, und Polizeibeamte waren in der Wahl ihrer Hobbys doch sehr einseitig. Bei den Eltern gab es auch einige Mitglieder, doch im Nachhinein war es schwierig, bei dem ganzen Chaos zu rekonstruieren, wer tatsächlich persönlich seine Kinder abgeholt und wer nur seinen Babysitter, eine befreundete Mutter oder die Großeltern damit beauftragt hatte. Zu dumm, dass man zu diesem Zeitpunkt die Prioritäten auf die augenblickliche Leiche gerichtet hatte. Aber wer hätte auch ahnen können, dass Stunden später ein neues Opfer auftauchen würde?

101
    Claudia kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Im Gebüsch raschelte es. Ein Braunbrustigel machte sich auf seine allabendliche Nahrungssuche. Mit der kleinen Schnauze über dem Boden schnüffelnd, wurde er schnell fündig und machte sich laut schmatzend über einen fetten Regenwurm her. Claudia beobachtete ihn. Wie süß, ob man den wohl streicheln konnte? Als ob das Tier die Welle des Entzückens gespürt hätte, rollte es sich blitzschnell zu einer abweisend stacheligen Kugel zusammen. Schade, dachte Claudia wehmütig, aber da hörte sie auch schon die schnellen, leichten Schritte von Sybille.
    »Auf geht’s!«, rief diese atemlos. Schon wieder wurde Claudia am Ärmel gepackt, aber diesmal ließ sie es geschehen und lief mit Sybille in den Strauß-Weg.
    »Hast ’ne neue Jacke?«
    »Ha?«
    Sie waren vor der Nummer 13 angekommen und Sybille schien nichts Besseres einzufallen, als über Mode zu sprechen. Aus dieser Frau konnte man einfach nicht schlau werden. Trotzdem sah Claudia an ihrer Jacke hinunter. Sie hatte sie – Gott sei Dank war sie endlich trocken – vorhin nur zu gern gegen Georgs Parka getauscht. Weg mit den schlimmen Erinnerungen! Hinein in ihr neues Leben.
    »So, hier wohnt sie!«, riss Sybille die Kommissarin aus ihren Gedanken. »Darf ich klingeln?«
    »Nur zu!«, seufzte Claudia. Melodisch erklang jetzt eine Abfolge von tiefen Tönen, die vermutlich die Bewohner und den Besucher im Vorfeld beruhigen sollten. Sie warteten, dann drückte Sybille noch einmal. Diesmal wartete sie aber nicht, denn sofort zog sie einen dicken Schlüsselbund aus der Tasche.
    »Hey, was soll das werden?«, rief Claudia überrascht.
    »Na, was wohl, ich öffne die Tür!«
    »Das kannste aber nicht. Das is Hausfriedensbruch!«
    Claudia war sichtlich schockiert über die Unverfrorenheit ihrer der Schwester ihres Ex-Verlobten, aber Sybille zuckte nur gleichgültig die Schultern und suchte nach dem passenden Schlüssel.
    »Schmarrn, ich bin die Vermieterin und ich hab eindeutig das Gas gerochen. Hier is ein Notfall, Claudi, und ich muss mir unverzüglich Zugang verschaffen, um meine Mieter zu schützen. Vermutlich sind sie schon durch die giftigen Dämpfe besinnungslos. Et voilà! Die Tür is offen! Wenn du bei meiner Rettungsaktion dabei sein möchtest, dann empfehle ich dir,

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