Der Sensenmann
Rätsel, aber Sarah Goldwyn wird bestimmt fündig geworden sein. Da kann sie auch Experten fragen.«
»Ist okay.«
Ich schaute mich noch einmal in der Tiefgarage um. Vom Sensenmann war nichts zu sehen. Weder schlich seine Gestalt durch diese unterirdische Ebene, noch malte sich sein Schatten drohend an der Decke ab. Aber er war da, das wußte ich, denn irgendwo war er immer da. Allmählich verdichteten sich die Anzeichen. Er wollte dem Teufel ein Zeichen setzen. Es mußte schon etwas Besonderes sein, um dem Höllenherrscher damit imponieren zu können.
Welche Zeichen waren es?
Ich hätte mir den Kopf hundertmal darüber zerbrechen können und wäre zu keiner Lösung gelangt. Es war einfach zu vielfältig. In dieser Stadt standen ihm alle Möglichkeiten offen. Dreimal schon hatte er sein blutiges Zeichen gesetzt. Ich konnte nur hoffen, daß es kein viertesmal passierte…
***
Sarah Goldwyn gehörte zu den Menschen, die sich in einer Umgebung mit Büchern sehr wohl fühlte. Das kannte sie von ihrem Haus her, in dessen Obergeschoß sie zusammen mit Jane Collins ein Archiv eingerichtet hatte. Dort war jede Menge Literatur verstaut, aber auch die moderne Technik war nicht vergessen worden. Um das Internet und um die Informationsschiene kümmerte sich die Detektivin, während Sarah sich mehr auf die Bücher verließ, aber das Internet als Infoquelle auch nicht ablehnte.
Trotzdem, ihre Welt war eben die Welt der Bücher, und deshalb fühlte sie sich wohl, wenn sie stöbern konnte. Sie hatte mit einem netten Herrn geplaudert, der dem Charme der alten Dame erlegen war. Außerdem war er über eine Ablenkung froh, und nach einem fruchtbaren Gespräch hatte er Lady Sarah sich selbst überlassen, wobei er schon erstaunt gewesen war, als die Horror-Oma ihn ausgerechnet nach einem Ludwig von Thann gefragt hatte.
»Sie kennen ihn?« hatte Sarah gefragt.
»Nein, aber der Name ist bekannt. Allerdings mehr Eingeweihten, wenn Sie verstehen.«
»Klar. Wer will schon gern mit einer derartigen Person etwas zu tun haben.«
»Sie sind aber auch die einzige, die ich kenne, die sich um diese Person kümmert.«
»Ich recherchiere für eine alte Freundin, die etwas .oer die Hexenverfolgung in Europa schreiben will, io bezog sich bewußt nicht nur auf die Stadt Bamberg.
Wenn das so ist, dann sind Sie bei uns richtig.«
»Danke, daß Sie mir helfen wollen.« latürlich hatte sie nicht in den alten Unterlagen biattern können. Was man noch gefunden hatte und auch einigermaßen heil war, das war fotokopiert und in einem in Lederhaut eingeschlagenen Buch zusammengefaßt worden. Der freundliche Mensch hatte Lady Sarah in einen recht kleinen Raum geführt, in dem sie ihre Ruhe hatte. Es war mehr ein Zimmer, in dem die Angestellten sich in den Pausen aufhielten. Da lagen Zeitungen auf den Stühlen. Es gab zwei Schränke, ein schmales Kippfenster unter der Decke, das offenstand.
Sie blätterte in dem Buch. Sie hatte es auf einen dicken Holztisch legen können, und der Stuhl, auf dem sie saß, gehörte auch nicht eben in dieses Jahrhundert.
Die Leselampe gab genügend Licht, das wie ein Kegel von oben her auf den Tisch fiel und sich über das Buch ausbreitete. Es war ruhig im Raum und auch in der Umgebung, denn die dicken Wände hielten die Geräusche ab. Die einzigen Geräusche waren Sarahs Atem und hin und wieder das Umschlagen der Blätter.
Die Berichte waren in einem sehr alten Deutsch geschrieben und teilweise auch in Latein verfaßt worden. Sarah Goldwyn hatte Mühe, sich zurechtzufinden, aber sie suchte besonders nach dem Namen Ludwig von Thann.
Er mußte hier um 1627 herum sein Unwesen getrieben haben, denn in diesem Jahr war das Hexenhaus gebaut worden. Der Inhalt des Buches bestand praktisch aus einer Chronik. Lange brauchte Sarah nicht zu suchen, als ihr der Name zum erstenmal auffiel. Auch mit der Schrift hatte sie Mühe, aber Ludwig von Thann war einfach nicht zu überlesen.
Von nun an war sie gefangen. Die Spannung hatte ihr eine innere Fessel aufgelegt. Die Worte schlugen die Horror-Oma in ihren Bann, und während sie las, flüsterte sie auch vor sich hin.
Dieser von Thann hatte gewütet, und er hatte auch die entsprechende Macht bekommen. In Bamberg waren sich Kirche und Staat nicht immer einig gewesen, davon zeugte auch die Lage des Rathauses über dem Fluß, damals allerdings hatten sich beide verbündet und eben auf diesen Hexenjäger gesetzt.
Ja, er hatte mitgemacht beim Bau des Hexenhauses. Er war in seinem
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