Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Person in Zusammenhang gebracht werden.
Georges Massu, der damals als Kommissar im Quartier Grandes Carrières im 18. Arrondissement seine Pflicht erfüllt hatte, wurde nach Sannié in den Zeugenstand gerufen. Seine linke Hand und das Handgelenk waren noch immer von dem Selbstmordversuch gezeichnet. Nach der Tatortbegehung stellte sich die Zeugenaussage des Kommissars als enttäuschend heraus. Floriot nahm sich ihn mit voller Härte vor und erkundigte sich nach der verschwundenen Tasche, die in der Rue Le Sueur mit einem halben Leichenfragment gefunden worden war. Massu habe gedacht, es sei ein Kartoffelsack gewesen. Floriot und Petiot entgegneten übereinstimmend, dass es sich um einen deutschen Postsack gehandelt habe, was implizieren sollte, dass die Nazis die Leichen in der Rue Le Sueur platziert hatten.
Als sich der Verteidiger nach dem Sack erkundigte, erwiderte Massu lediglich, dass er sich vermutlich bei der Spurensicherung der Kriminalpolizei befinde. Der Kommissar lieferte keine nennenswerten Beiträge zum Prozess, was einige Journalisten zur Kritik veranlasste, er würde vage, unpräzise und sogar widersprüchliche Aussagen machen. „Warum geben Beamte in neun von zehn Fällen solch eine erbärmliche Figur ab?“, fragte Pierre Scize vom Le Figaro . Schon bei der geringsten Schwierigkeit „verstecken sie sich hinter anderen Kollegen“.
Später verteidigte sich Massu entschieden gegen die Vorwürfe. Obwohl er Petiot nicht selbst verhaftet habe, habe er den Mörder identifiziert, die Prozess-relevanten Beweise geliefert, verschiedener Komplizen habhaft werden können und die Identität einiger mutmaßlicher Opfer Petiots geklärt. Er und sein Team hätten das Fundament bereitet, auf dem man das Verfahren aufbaute. Massu war nach eigenen Angaben stolz auf die Leistungen, auch wenn sich ihm nicht die lang ersehnte Chance geboten habe, Petiot zu verhören.
Am 23. März, einem Samstag, begann die Verhandlung um 13. Uhr. Niemals zuvor hatten so viele Schaulustige versucht, in das Gerichtsgebäude zu gelangen. Die Zeitungsberichte über die Tatortbegehung in der Rue Le Sueur hatten die Neugier zahlreicher Menschen erregt, darunter sogar Personen aus höheren gesellschaftlichen Kreisen. Rainier, der zukünftige monegassische Erbe, und Laure, die Frau von Félix Gouin, dem Präsidenten der provisorischen Regierung Frankreichs, besuchten den Prozess, als wäre er eine Theatervorstellung. Der Herzog von Windsor hatte sogar den Vorsitzenden höchstpersönlich angeschrieben, damit dieser ihm Zugang zum Verfahren gewährte.
Kurz bevor der Président die Verhandlung eröffnete, fiel ein Mann in Ohnmacht: Die Gerichtsdiener hatten Müh und Not, ihn durch das Gedränge nach draußen zu bringen. Nach der kurzen Verzögerung betrat Massus Assistent, Oberinspektor Battut, den Zeugenstand. Er trug einen Stapel Notizen bei sich. Battut zeichnete für viele Fahndungserfolge verantwortlich, darunter die Entdeckung der Koffer in Courson-les-Carrières und die Identifizierung einiger Opfer. Durch seine Erfahrung bestärkt, konnte er sich gegen Petiots Verteidiger zur Wehr setzen.
Als man darauf anspielte, dass die Wolffs und die Baschs als Gestapo-Informanten gedient hätten, zeigte sich Battut hartnäckig: „Ich bin bereit, für das Gegenteil dieser Anschuldigung unter Eid zu bürgen.“
Nach einem hitzigen Wortgefecht, an dessen Ende Floriot Battut zwingen wollte, zu gestehen, dass Dreyfus für die Gestapo gearbeitet hatte, fragte ihn der Verteidiger, ob die von der Polizei gefundenen Koffer jemals den Angehörigen gezeigt worden waren.
„Meines Wissens nach nicht.“
„Und warum nicht?“
„Maître, Sie vergessen, dass wir unter der Besetzung litten.“ Es war schwer vorstellbar, dass deutsche Behörden für die Familien von Juden oder für Kriminelle und andere flüchtende Personen auch nur einen Finger krumm machten.
Dann erkundigte sich Floriot nach Lafonts Auftritt bei Massu und der Identifikation der Seidenhemden, die Petiots nun anerkanntem Opfer Adrien Estébétéguy gehörten. „Dazu kann ich nicht viel sagen“, antwortete Battut. Er wisse aber, dass Lafont das Schicksal einiger seiner Männer interessierte, die sich als deutsche Polizeibeamte ausgegeben und eine Anzahl von Diebstählen begangen hatten. Niemand sei mehr auffindbar, bis auf „einen Mann namens Lombard, der nicht verschwand“.
„Sind Sie sicher?“, fragte Petiot. Der Tonfall und der Zeitpunkt der Frage brachte einige zu der
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