Der siebte Sinn der Tiere: Warum Ihre Katze weiß, wann Sie nach Hause kommen, und andere bisher unerklärte Fähigkeiten der Tiere (German Edition)
Hatherleigh-Markt in Devon getrennt verkauft worden waren. Die Mutter wurde zu Bob Woolacotts Farm bei Okehampton geschickt, wo sie für die Nacht eine Streu sowie etwas Heu und Wasser bekam. Aber ihr Mutterinstinkt ließ sie aus dem Farmhof ausbrechen und über eine Hecke auf einen Feldweg gelangen. Am nächsten Morgen fand man sie zehn Kilometer weiter auf Arthur Sleemans Farm in Sampford Courtenay – wiedervereint mit ihrem Kalb, das sie auch gleich säugte. Mr Sleeman konnte Blackie anhand der noch immer an ihren Hinterbacken klebenden Auktionsaufkleber als die Mutter identifizieren.» [235]
Wir haben die Einzelheiten dieser Geschichte überprüft, indem wir die daran beteiligten Leute befragten. Mrs Mavis Sleeman erzählte uns, ihr Mann habe das neu erworbene, noch nicht entwöhnte Kalb bei den anderen Kälbern untergebracht. »Am nächsten Morgen sah meine Schwägerin, wie eine Kuh den Weg runterkam. Sie bog direkt zu unserem Gebäude ab, in dem das Kalb war – das war um acht Uhr morgens. Sie wollte offenbar dort reingehen, also öffnete meine Schwägerin die Tür und ließ sie hinein, und die Kuh lief sofort zu ihrem Kalb hinüber, um es zu säugen.«
Hier ein ähnlicher Bericht aus Russland:
»Der kaukasische Bauer Magomed Ramaschanow war nicht wenig überrascht, als eine seiner Kühe sich auf die Suche nach ihrem Kalb begab, das vor einiger Zeit an einen Bauern in einem Nachbardistrikt verkauft worden war. Magomed, der zunächst befürchtete, das Tier sei von Raubtieren getötet worden, fand seine sanftmütige Milchkuh 50 Kilometer von zu Hause entfernt – wiedervereint mit ihrem Nachwuchs.« [236]
Soweit ich weiß, ist die Art und Weise, wie Tiere einander über eine größere Entfernung hinweg finden können, praktisch so gut wie nicht erforscht. Zu den wenigen, die sich für diese Frage interessiert haben, zählt der amerikanische Naturforscher William Long. In seinen bahnbrechenden Untersuchungen des Verhaltens von Wölfen in Kanada beschäftigte er sich besonders mit der Art und Weise, wie die Angehörigen des Rudels miteinander verbunden waren, selbst wenn sie weit voneinander entfernt waren. Er entdeckte, dass Wölfe, die vom Rudel getrennt waren, zu wissen schienen, wo sich die anderen befanden. »Im Winter, wenn Timberwölfe häufig in kleinen Rudeln laufen, weiß ein einsamer oder von den anderen getrennter Wolf anscheinend immer, wo seine Gefährten jagen, müßig herumziehen oder sich ausruhen. Das Rudel besteht aus seinen jüngeren oder älteren Familienangehörigen, die alle von derselben Wölfin bemuttert werden; und aufgrund irgendeines Bandes, einer Anziehungskraft oder einer stummen Kommunikation kann er sich zu jeder Tages- oder Nachtstunde direkt zu ihnen begeben, selbst wenn er sie eine Woche lang nicht gesehen hat und sie in der Zwischenzeit über zahllose Kilometer Wildnis weitergezogen sind.« [237]
Nachdem er die Wölfe über lange Zeiträume hinweg beobachtet hatte und ihnen gefolgt war, gelangte Long zu der Schlussfolgerung, dieses Verhalten ließe sich nicht dadurch erklären, dass sie gewohnten Pfaden folgten, Duftspuren nachgingen oder Geheul oder andere Laute vernahmen. So entdeckte er beispielsweise einen verletzten Wolf, der getrennt vom Rudel mehrere Tage lang in einer geschützten Höhle lag, während die anderen weit umherstreiften. Er folgte den Spuren des Rudels im Schnee, während es auf die Jagd ging, und war in seiner Nähe, als es einen Hirsch tötete. Die Wölfe fraßen stumm, wie Wölfe dies gemeinhin tun, und es gab kein Geheul. Zu dieser Zeit war der verletzte Wolf weit weg, viele Kilometer dicht bewaldeter Hügel und Täler lagen zwischen ihm und dem Rudel.
»Als ich zu dem Hirsch zurückkehrte, um herauszufinden, wie die Wölfe ihre Beute überrascht und getötet hatten, bemerkte ich die frische Fährte eines einsamen Wolfs, die im rechten Winkel zur Fährte des jagenden Rudels verlief … Ich nahm diese einzelne Fährte auf und folgte ihr zurück zu der Höhle, von der er so direkt hergekommen war, als wisse er, wohin er sich wenden müsse. Seine Fährte verlief von Osten her, der leise Lufthauch kam aus Süden – seine Nase konnte ihn also unmöglich zu dem Fleisch geführt haben, selbst wenn er in Riechweite gewesen wäre, und das war ganz sicher nicht der Fall gewesen. Die Abdrücke im Schnee waren so klar wie jeder andere Abdruck, und daraus könnte man logischerweise schließen, dass die Wölfe entweder einen stummen Nahrungsruf aussenden können
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