Der siebte Sinn der Tiere: Warum Ihre Katze weiß, wann Sie nach Hause kommen, und andere bisher unerklärte Fähigkeiten der Tiere (German Edition)

– im Gegensatz zur Physik des 19. Jahrhunderts – nichts durch die Existenz von Fähigkeiten wie Telepathie gefährdet würde. Im Licht der Quantentheorie sind die Gesetze der klassischen Physik umgeschrieben worden. [320]
    Die in diesem Buch erforschten Themen sind nach der Doktrin des Materialismus Abnormitäten. Daher sind sie umstritten. Doch wenn sie wirklich existieren, verweisen sie auf ein neues, größeres Modell der Wirklichkeit, auf ein neues Paradigma.
    Für die meisten Anhänger des Materialismus ist Gott nichts weiter als eine Wahnvorstellung im menschlichen Geist, also im Kopf. Menschen mit einer entschieden materialistischen Überzeugung sind normalerweise auch Atheisten. Atheisten sind nicht etwa Menschen ohne Glauben – sie sind Menschen mit einem starken Glauben an die Doktrin des Materialismus. Aus ihrer Sicht sind religiöse Glaubensvorstellungen Unsinn, genauso wie übersinnliche Phänomene. Während der ein wenig arrogant Aufklärung genannten Epoche gaben der Materialismus und Determinismus der klassischen Naturwissenschaft den Intellektuellen die Instrumente in die Hand, um die Autorität der Kirche und der Heiligen Schrift mit der Autorität der Wissenschaft in Frage zu stellen. Die heutigen säkularen Humanisten sind die direkten Nachfahren der Denker der Aufklärung, und ihre Weltanschauung basiert überwiegend auf dem Materialismus, der mit der klassischen Physik einherging. Wenn der Materialismus durch die Daten widerlegt wird, die für Telepathie und andere übersinnliche Phänomene sprechen, dann wird dadurch eines der Fundamente ihrer Gegnerschaft gegenüber Religion und Aberglauben beseitigt. Daher bestreiten sie so vehement jeden Beweis für die Existenz von Psi. [321]
    Doch ganz gleich, was Materialisten denken – die meisten Menschen glauben, sie selbst hätten telepathische Erlebnisse gehabt, meist in Zusammenhang mit Telefonanrufen, indem sie an jemanden denken, der gleich darauf anruft. Viele Besitzer von Hunden, Katzen, Pferden, Papageien und anderen Tieren stellen fest, dass ihre Tiere ihre Gedanken und Absichten aufschnappen. Auch manche Wissenschaftler haben telepathische Erlebnisse gehabt, und manche haben Hunde, die wissen, wann sie aus dem Labor heimkommen. Aber Wissenschaftler verschweigen diese Erlebnisse meist gegenüber ihren Kollegen. Bei der Arbeit funktionieren sie innerhalb eines materialistischen Paradigmas – im Privatleben sind viele religiös, folgen spirituellen Wegen oder denken, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als es sich die materialistische Philosophie träumen lässt. Nur eine Minderheit zählt sich zu den eingetragenen Atheisten.
    Nicht alle Atheisten lehnen die Erforschung übersinnlicher Phänomene ab. Sam Harris, der Autor von The End of Faith (deutsch Das Ende des Glaubens ), ist durchaus offen gegenüber der Möglichkeit, dass einige dieser Phänomene real sein können. Mittlerweile sind mehrere bedeutende Parapsychologen Atheisten. Sie hoffen, übersinnliche Phänomene ließen sich in ein größeres wissenschaftliches Modell der Wirklichkeit integrieren. Ich teile diese Hoffnung, obwohl ich selbst kein Atheist bin.
    Leider kommt viel Leidenschaft ins Spiel, weil Materialisten das Gefühl haben, die Wissenschaft und die Vernunft an sich seien bedroht. Aber das ist nur der Fall, wenn die Wissenschaft mit altmodischem Materialismus gleichgesetzt wird. Es gibt nämlich eine wissenschaftliche Alternative: Übersinnliche Phänomene sind kompatibel mit einem erweiterten wissenschaftlichen Modell der Wirklichkeit und unabhängig von der Frage nach der Existenz Gottes. Übersinnliche Phänomene wie Telepathie sind natürlich, nicht übernatürlich. Sie sind weder ein Beweis noch ein Gegenbeweis für die Existenz Gottes, genauso wenig wie es der Geruchssinn oder die Existenz elektromagnetischer Felder sind.

Skeptizismus
    Echte Skepsis ist gesund und ein integraler Bestandteil der Wissenschaft. Wissenschaftler auf allen Gebieten der professionellen Forschung unterliegen der institutionalisierten Skepsis in Form der anonymen Peer-Review, der kritischen Beurteilung durch unabhängige Gutachter. Wenn sie einen Aufsatz einer wissenschaftlichen Zeitschrift einreichen, wird er vom Redakteur an zwei oder mehr Gutachter geschickt, die oft Konkurrenten oder Rivalen des Autors sind, der ihre Namen auch nicht erfährt. Das ist die normale wissenschaftliche Praxis, und ich bin längst daran gewöhnt, nachdem ich über 80 Arbeiten in Fachzeitschriften