Der siebte Sinn der Tiere: Warum Ihre Katze weiß, wann Sie nach Hause kommen, und andere bisher unerklärte Fähigkeiten der Tiere (German Edition)
ausgereicht hätte. Seine Intuition war unfehlbar.« [96]
Auch andere Psychologen und Therapeuten haben entdeckt, dass Tiere die Nöte der Patienten sehr einfühlsam wahrnehmen und sogar als Co-Therapeuten agieren. Selbst Sigmund Freud hatte in seiner Chow-Chow-Hündin eine Assistentin, die nicht nur als bloße Zierde, sondern ein Teil des Verfahrens war, der »Haustierheilung«, wie er dies nannte. Sie »saß während der Analysestunde still am Fuße der Couch«. Aber gegen Ende der Sitzung half sie Freud mehr als der Patientin, indem sie sich »unweigerlich zu rühren« begann und damit anzeigte, dass die Zeit um sei. [97]
Pferde haben eine beachtliche therapeutische Wirkung auf Menschen mit geistigen oder körperlichen Problemen, wie etwa Patienten mit Down-Syndrom. So gibt es in England und anderen Ländern seit vielen Jahren Reitprogramme für Behinderte, die auf diese Weise ein neues Selbstvertrauen und Freiheitsgefühl erlangen können. Und das hat nicht nur psychischen Nutzen, sondern kann auch das Gleichgewichtsgefühl und die Koordination verbessern. [98]
In Calistoga in Kalifornien arbeiteten Adele und Deborah McCormick, ein Mutter-Tochter-Team, als Therapeutinnen mit Menschen mit schweren Geisteskrankheiten, kriminellem Verhalten und Drogenabhängigkeit. Ihre psychotherapeutische Arbeit hat eine neue Dimension angenommen, seit sie die Pferde auf ihrer Ranch in den Heilungsprozess einbeziehen. [99]
»Die Größe, die Kraft und physische Präsenz des Pferdes machen Menschen bewusster, bringen sie buchstäblich zur Besinnung … Die Pferdetherapie ist für jeden, der sich niedergeschlagen, verängstigt oder verloren fühlt – für all jene also, die nach einer alternativen Heilmethode bei körperlicher Krankheit suchen oder die nicht mehr wissen, wie sie mit dem Druck des vor ihnen liegenden Tages fertig werden sollen.«
Viele Menschen reiten, weil es ihnen ganz einfach Spaß macht, und genießen viele dieser Vorzüge, ohne in ihrem Pferd einen Therapeuten zu sehen.
Tiere als Psychologen
Menschen sprechen häufig mit ihren Tieren, und manche vertrauen sich ihnen regelmäßig an. Das kann oft eine große Hilfe sein – das Tier fungiert gleichsam als Psychologe. Eine Frau aus Chicago schrieb mir über ihren Berner Sennenhund:
»Als ich einmal traurig war, kam er zu mir und stupste mich an, als ob er sagen wollte: ›Denk daran, ich bin auch noch da!‹ Als er sich hinlegte und ich ihm von meinen Problemen erzählte, schaute er mich mit seinen großen Augen verständnisvoll an und legte mir plötzlich die Pfote auf die Hand. Seitdem macht er das regelmäßig.«
Dr. Mary Stewart von der Tierärztlichen Fakultät der Universität Glasgow ist eine führende Forscherin auf dem Gebiet von Mensch-Tier-Interaktionen und ebenso eine erfahrene Psychologin. Aufgrund ihrer Vertrautheit mit beiden Gebieten vergleicht sie Haustiere, besonders Hunde, mit Psychologen.
Nach allgemeiner Ansicht bestünden die wichtigsten Eigenschaften eines guten Psychologen darin, dass er »aufrichtig, ehrlich, einfühlsam, vorurteilslos ist, zuhören kann, selbst nicht zu viel redet und absolute Vertraulichkeit gewährleistet«, sagt Mary Stewart. Sie weist darauf hin, dass dies genau die Eigenschaften seien, die Besitzer von Hunden und anderen tierischen Gefährten so sehr an ihren Tieren schätzten. Diese Haustiere böten ihren Haltern gewissermaßen stillschweigend eine Art von Beratungsservice, ohne dass sich beide dessen bewusst seien. Dass manche Hunde und andere Tiere das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden des Besitzers zu steigern vermögen, liegt nach Ansicht von Dr. Stewart unter anderem daran, dass sie die »Kernvoraussetzungen der Kongruenz, der Empathie und der uneingeschränkt positiven Betrachtungsweise mitbringen, die unabdingbaren Voraussetzungen jedes psychologischen Beraters, der es unternimmt, ein ›wachstumsförderliches Klima‹ zu schaffen, in dem die Patienten in Kontakt mit ihren eigenen inneren Entwicklungsressourcen treten können«. [100]
Natürlich gibt es wichtige Unterschiede. Allein schon die Tatsache, dass Tiere so sehr in der Gegenwart leben und nicht sprechen können, bedeutet doch, dass sie nicht dazu beizutragen vermögen, die Vergangenheit zu erkunden. Auch persönliche Beziehungen und selbstzerstörerische, ständig wiederkehrende Muster können sie nicht betrachten und einordnen. Hier sind gute menschliche Therapeuten natürlich nicht zu ersetzen.
Aber Tiere haben eben auch Vorzüge.
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