Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
36,7 Prozent Zustimmung durchschnittlich gewesen seien.
„Insgesamt gab es eine deutliche, aber nicht überwältigende Mehrheit für die eingetragene Partnerschaft, ich denke, da hatte auch geholfen, dass wenige Jahre zuvor in Deutschland das Lebenspartnerschaftsgesetz vom Parlament beschlossen wurde.“
„Das Ja in der Schweiz hat auch Liechtenstein mitgezogen und die Bevölkerung dort hat es vor zweieinhalb Jahren angenommen“, erzählte Justin. „Erzbischof Haas ist beinahe geplatzt vor Wut. Trotzdem, wie in der Schweiz ist darin ein Adoptionsverbot enthalten ebenso in Österreich.“
Nachdem Stas das übersetzt hatte, ging ein Raunen durch den Saal.
„Also ist ein offen schwules Sportlerpaar bei euch zu Hause im großen Ganzen kein Problem beispielsweise in den Medien?“
„Ich hätte mir mehr private Zeit gewünscht für die Entwicklung unserer Beziehung“, gab Florian zu. „Die Presse war da voreilig. Aber jetzt stehen wir dazu, auch öffentlich. Meine Funktionäre versuchten, unsere Gefühle füreinander als PR-Fehler unerfahrener Nachwuchstalente abzutun. Das weise ich vehement zurück.“
„Bei mir hat zwar IOC-Mitglied Graber angekündigt, darüber sprechen zu wollen, doch passiert ist bisher nichts“, sagte Fabian.
Wohl aus Höflichkeit durften Vanessa und Richard sich nun auch zu LGBT-Rechten äußern. Richard versuchte, mit der gebotenen Neutralität die Bemühungen und Schwierigkeiten der Regierung seiner Großmutter bei der Öffnung der Ehe zu beschreiben und dass es erst zehn Jahre her sei, als das Verbot für Behörden, Homosexualität positiv zu erwähnen, abgeschafft worden war, aber seither habe sich die Stimmung sehr zu Gunsten von Lesben und Schwulen gewandelt, leider lasse sich das nicht für den Commonwealth sagen.
Das Publikum hatte zwar höflich zugehört, doch Fabian und Florian interessierten sie mehr.
„Wurde auf euch beide, Fabian und Florian, nicht Druck ausgeübt, das Team zu verlassen?“
Fabian ließ sich in Richards Augen erstaunlich viel Zeit, denn der war von einer eindeutig positiven Antwort ausgegangen. Florian ergriff als Erster das Wort.
„Kein deutscher Spitzensportverein könnte es sich leisten, einen Athleten oder eine Athletin wegen Homosexualität rauszuschmeißen. Aber es wird noch immer nicht als Normalität, sondern als PR-Problem gesehen. Ebenso fürchtet man Konflikte mit Sponsoren und Fans.“
Er musste eine kurze Pause machen, bis Stas alles übersetzt hatte.
„Immerhin hat man wenigstens im Fußball mit einem Merkblatt versucht, den konservativen Trainern und Funktionären das Wichtigste zur Homosexualität zu erklären. Die Verhandlungen, bis das Papier formuliert war, seien so kompliziert gewesen, wie diejenigen zu einem Koalitionsvertrag und das Ergebnis entsprechend lauwarm. Das Thema schwule Sportler ist eben auch bei uns noch längst nicht easy.“
Nachdem Stas die zweite Hälfte von Florians Statement übersetzt hat, fuhr Florian fort. „Offiziell heißt es bei den Funktionären immer, es zähle nur die Leistung, und wenn ein Schwuler diese bringe, dann würde er logischerweise auch starten dürfen. Ein paar Spannungen im Team gibt es schon, und die Boulevardpresse sucht eben den schwulen Sexskandal, koste es, was es wolle.“
„Ich habe den Eindruck, im Laufe des Jahres 2013 wurde zumindest in der Boulevardpresse der Tonfall gegen Schwule rauer. Allerdings natürlich kein Vergleich zu dem, was ihr ertragen müsst“, meinte Justin
„Es tut weh, wenn ich lese, wie ihr von der Duma gedemütigt werdet“, ergänzte Vanessa.
„Darum sind Vorbilder wie ihr beide für uns wichtig“, bemerkte eine junge Frau, die sehr wahrscheinlich eine Lesbe war.
„Danke“, meinte Fabian verlegen.
„Wir haben jedes Interview verfolgt und uns ist nichts entgangen!“, meinte der Wirt und reichte eine normale Gitarre über die Theke.
„Ernst?“, fragte Fabian, legte sich aber bereits den Riemen um die Schulter. Ein Applaus bestätigte, dass es durchaus ernst gemeint war. Fabian prüfte das Instrument mit ein paar kurzen Akkorden.
„Vielleicht kriege ich es noch hin. Mal sehen, ob ihr was von Punk versteht.“
Er legte los. Richard fand es vor allem laut und heftig, aber auch auf anregende Art ungezogen. Einige quittierten den Sound mit Jubel und danach wusste sofort einer, dass dies
Poison Heart
von den Ramones gewesen war.
„So und jetzt zurück zu den Wurzeln – damals, als den Spießbürgern der Kampf angesagt wurde!“,
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