Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Gipfelwein. Justin bemerkte beim Trinken auf die erfolgreiche Besteigung, dass Richard mit Vanessa Händchen hielt. Fabian traute sich nicht, nach Florians Hand zu greifen, doch mit ihm zusammen sich von Stas erklären zu lassen, wie man den Elbrus als weißen Kegel in der Ferne erkennen konnte, war auch romantisch.
„Sorry, Saubi, aber ich ruf jetzt Jonny an und frage, wie es ihm geht“, kündigte Patrik an und zog sein Handy trotz des Verbots aus der Jackentasche.
„Wir sind noch immer bei den olympischen Spielen und haben noch zwei Rennen vor uns!“, gab Saubauer zu bedenken. „Wir sollten jede Ablenkung vermeiden. Steck das Telefon weg!“
„Der Pink-Punk hat sich beim schwulen Schmusen fotografieren lassen und Sotschi aufgemischt, aber Jonny muss es jetzt ausbaden!“
„Hab selten so ein Schmarren g’hört!“, grollte Saubauer.
Da Patrik offenbar Netz hatte – die Antenne auf dem Rosa Peak musste in Sicht sein –, hörte der nicht mehr auf den Trainer und ging ein paar Schritte abseits, um zu telefonieren.
„Die Verbindung bricht immer wieder zusammen, aber soweit ich ihn verstanden habe, gibt es noch keine Nachricht aus Lausanne“, fasste er nach wenigen Minuten das Gespräch zusammen und tippte etwas an seinem Smartphone. Gleich darauf rappte Bushido aus dem voll aufgedrehten Lautsprecher:
Halt die Fresse, fick die Presse! Männer lutschen keine Schwänze! Yeah, Yeah! Was für Vollmacht, du Schwuchtel wirst gefoltert! Ich schieß auf Claudia Roth …“
Plötzlich riss Florian Patrik das Smartphone aus der Hand und warf es im hohen Bogen über die Nordwestwand hinab.
„Du arroganter Schwabe! Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat im vergangenen November bestätigt, das dieses Lieds
Stress ohne Grund
des Ausnahmetalents Bushido schützenswerte Kunst ist. Ich werde dich, Häusle, wegen Diebstahl, Sachbeschädigung und Homopropaganda anzeigen!“, kläffte Patrik los.
„Der Florian wird den Schaden sicher ersetzen und du, Patrik, halt dei Gosch!“, platzte Saubauer raus. „Das nehm I nid länger hin, dass der Teamgeist so danieder liegt. I hab kein Problem damit, einen oder zwei von euch nach Hause zu schicken!“ Zuletzt blickte er Fabian an.
„Ich hab nichts gesagt, Saubi!“, wehrte der sich.
Doch der Trainer ging nicht weiter darauf ein und befahl: „Zum Abstieg bereitmachen!“
„Und du, Justin, sagst zu allem nichts?“, fragte Vanessa. Doch der Liechtensteiner schüttelte nur den Kopf, worauf sie ein wütendes
„Che cazzo vuoi?
“ ausstieß, was aber Justins Schweigen auch nicht brach.
„Ich finde, das mit dem Bushido-Rapp war zu heftig, findest du nicht?“, fragte Condradin den Bushido-Fan zu Fabians erstaunen.
„Ich finde schmusende Männer eben eklig!“, brummte Patrik zurück.
„Saubi, ihr seid schon ein seltsames Völkchen“, meinte Hans Rüdiger“. Als unser Wasmeier Markus überraschend Doppelolympiasieger wurde, hatte man im deutschen Team gefeiert und sich nicht gestritten.“
„Damals in Lillehammer hattet ihr auch nicht die Probleme wie wir jetzt. I hab manchmal das Gefühl, Jonny ist der Einzige, der die Pubertät schon hinter sich hat. Seid alle vorsichtig beim Hinuntersteigen, da passieren weitaus mehr Unfälle als beim Aufstieg!“
Stas ging voran, Fabian, Florian und Justin folgten ihm. Saubauer, Vanessa und Richard bildeten mit Surab zusammen den Schluss.
„Bushido die Felswand hinunterzuwerfen, hat gutgetan!“, meinte Florian trotzig beim Blick zurück, als sie bis zum Rucksack- und Skidepot abgestiegen waren. Fabian zog es vor, nur mit einem zustimmenden Grinsen zu antworten, und klatschte mit seinem Freund ab. Der Nebel hatte sich verzogen, doch eine aufziehende hohe Wolkenschicht beendete die kurze klare Phase zwischen zwei Fronten.
„Ich dachte bis vorhin, Bushidō sei die Lebensphilosophie der Samurai im alten Japan“, gab Stas zu.
„Stell dir Koslow als Gangsta-Rapper vor, dann bist du nahe dran“, erklärte Florian.
Fabian gefiel der kämpferische Florian, der sich nicht so leicht irgendwelche Gemeinheiten gefallen ließ, und er setzte sich bei einer kleinen Brotzeit so dicht zu ihm, das keiner einen Zweifel daran haben konnte, wie sie beide zueinander standen. Justin und Stas schlossen sich an. Einerseits konnte er Justins Hemmungen nachvollziehen, andererseits wäre es schon ein Signal der Stärke, wenn sie als offen schwules Trio auftreten könnten.
„Tut mir leid, dass ich bei der Sache mit Bushido kein Wort
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