Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Alpin-Super-G hervorgingen?“, fragte Dr. O’Brien.
„Keine Ahnung“, wich der junge Liechtensteiner aus.
„Was haben Sie anders gemacht als die anderen Athleten? Versuchen Sie sich alles nochmals vorzustellen. Erzählen Sie!“
„Wir setzten uns alle im Rot-Kreuz-Container im Warteraum“, begann Justin zu erzählen. „Da gab es PET-Getränkeflaschen. Jeder hat eine genommen, es war ja draußen wärmer gewesen als noch bei der Abfahrt. Aber ich habe als Einziger nicht getrunken, weil das Siegel am Verschluss schon gebrochen war. Saubauer hatte uns verboten, aus solchen Flaschen zu trinken. Sie sollte noch bei mir im Rucksack im Seitenfach sein. Ich habe sie vergessen.“
Die Ärztin und Pizunda eilten zur Sporttasche, auf die Justin zeigte. Der Major war schneller da.
„Ich brauche eine Probe, auf der Stelle!“, protestierte sie, als der Major die Flasche eintüten wollte.
„Mein Labor wird ihnen eine zukommen lassen, Frau Doktor!“
Doch O’Brien ließ sich nicht abwimmeln, nahm aus ihrer Arzttasche eine frische Spritze. „Soll ich nun in meinem Bericht erwähnen, dass es hier rechtstaatlich zugegangen ist, oder nicht?“
Pizunda stellte die Flasche aufs Telefontischchen und öffnete sie. Mit einem beleidigten „Bitte, Frau Doktor!“ trat er zur Seite.
Fabian fürchtete, jetzt wäre er wieder dran, und würde nun nach den Ereignissen in Sotschi befragt oder der Agent würde ein paar Dinge zur kurzzeitigen Entführung wissen wollen. Doch der Ermittler schickte die beiden Sportler in den Flur hinaus.
Dort herrschte überall Aufregung, denn auch alle anderen Zimmer der Teilnehmer aus Österreich und der Schweiz wurden durchsucht. Simon Pöschl wurde gerade abgeführt, der schrie, er habe das Geld vom Schweizer Busfahrer nur angefasst, aber nicht angenommen. Doch die Beamten hörten nicht zu. Da und dort hielt einer sein Smartphone hoch, um die Szene zu filmen, und vom Treppenhaus aus beobachtete Stas fassungslos das Geschehen.
Währenddessen telefonierte Richard mit einem normalen Handy. Jörg Pesenbauer packte den verwirrten Fabian am Kragen. „Ihr wart es also doch! Jetzt krieg ich meine Silbermedaille vielleicht im Sommer per Post, wenn überhaupt! Es heißt schon, sie wollen wie bei der Tour de France nach dem Armstrong-Skandal gar keinen zum Sieger ausrufen.“ Ein Milizionär musste ihn von Fabian trennen. „Lass dich nie wieder im Ski-Weltcup blicken!“, rief ihm der völlig neben sich stehende Österreicher nach. „Anzeigen wegen Beihilfe zur Entführung werd i di! Verfluchter Bachener!“ Justin zog Fabian schnell weg ins Treppenhaus, er fürchtete wohl, dass Fabian eine Schlägerei beginnen würde, doch der konnte sich keinen Reim machen, warum sich Pesi so aufregte.
„Solange sie euch nicht verhaften, ist es nur Schikane“, versuchte Stas zu trösten.
„Mitkommen! Beide!“ Mayerhofer war auf der Treppe aufgetaucht. „Sie auch, Stas!“ Der Chef schickte eine vorbereitete SMS ab. Soweit Justin sie erspähen konnte, ging sie ans Schweizer Fernsehen und Garchinger.
„Ich trete zurück und will nach Hause“, meinte Fabian leise.
Mayerhofer stieß dazu nur bitter ironisch ein „Ha!“ aus. Justin war klar, dass es nicht nur um einen Regelverstoß im Sport ging. „Zu Hause ins Kissen heulen wollen, typisch schwul!“, brummte der Funktionär danach leise vor sich hin, aber Justin hatte es mitbekommen.
„Möglicherweise kennen wir jetzt den Grund, warum ich als Einziger nicht positiv getestet wurde. Beim Dopingtest trank ich nichts aus den angebotenen Flaschen. Ich steckte meine noch voll in die Tasche. Die Ärztin hat eben eine Probe genommen.“
Während Justin dem Chef alles über die Getränkeflaschen beim Dopingtest erzählte, schickte Fabian eine SMS an Florian, erhielt aber keine Antwort. Die Sorge um seinen Freund überdeckte die Angst vor der russischen Miliz.
„Hoffentlich wird das nicht so gedeutet, dass Sie da etwas hineingemischt haben.“
Draußen vor der Haustür standen nicht nur Garchinger, sondern einige mehr, die ihre Kameras auf sie richteten.
„Vielleicht sollten wir mal zur Abwechslung Druck auf die WADA ausüben und nicht umgekehrt“, meinte Mayerhofer mit Blick auf die Presse. „Und Sie beide, Luchsiger und Bend, machen nun nicht mehr Gesichter wie Rekruten auf der Wache, sondern wie erfolgreiche Sportler!“, befahl Mayerhofer, trat vor die Kameras und bat die Journalisten in den Pressesaal.
Fabian versuchte Mayerhofers Befehl
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