Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
auszuführen, immerhin hatte er inzwischen ein „ASAP ):-(“ als SMS bekommen, die bedeutete, dass Florian sich so bald wie möglich melden würde und sehr schlechte Laune hatte.
„… und zu den angeblichen Polizisten von der alpinen Kombination gilt nur eins: Die Sicherheit, also auch das Enttarnen falscher Polizisten, liegt im Verantwortungsbereich des Veranstalters und nicht der Athleten und deren Betreuer, so wie es die WADA für die Integrität der Dopingkontrolle ist. Wir haben somit gezeigt, kein Schweizer Sportler hat eine Unredlichkeit begangen. Vielen Dank“, schloss Mayerhofer sein Statement.
„Ich möchte an dieser Stelle weiterhin gegen die rechtsradikalen Ausfälle des österreichischen Skirennfahrers Pesenbauer gegen Fabian Luchsiger protestieren“, sprach Justin ins Mikrofon. „Der Kollege aus dem Tirol hat in unsportlicher Art meinen Schweizer Kumpel vorhin im Gang einen Bachenen, also ‚Schwuchtel‘ auf Österreichisch, genannt!“, fügte Justin hinzu.
„Reicht jetzt! Kommen Sie beide raus!“, zischte Mayerhofer.
Die beiden Sportler verschwanden mit dem Funktionär in einem Vorbereitungsraum und ignorierten alle zugerufenen Fragen der Presse. Fabian hatte Zweifel, ob das „Diskussion beendet“ wirklich überall akzeptiert werden würde, besonders nachdem Justin noch die Beschimpfungen mit Pesenbauer in einem Satz erwähnt hatte. Er hatte sich angewöhnt, auf solche spontanen Anfeindungen wie die von Pesi nicht zu reagieren, da er ja später wieder mit ihnen auskommen musste, vorausgesetzt, seine Ski-Karriere wäre durch das Zwangs-Coming-out nicht sowieso im Eimer.
Auch Mayerhofer wollte gerade den jungen Liechtensteiner dafür tadeln, dass er so unerwartet den österreichischen Ski-Star kritisiert hatte, als der Ermittler den Raum betrat. Mayerhofer meinte, er müsse jetzt dringend telefonieren wegen des aus seiner Sicht unnötigen Angriffs auf Pesenbauer. Der Ermittler ließ ihn aber nicht raus.
„Es mag Sie interessieren: Das Schwulen-Café ist in der vergangenen Nacht abgebrannt; vermutlich von etwas hitzköpfigen Bürgern angezündet. Heute wird es eine Demonstration in Moskau geben, an seiner Spitze wird der Patriarch persönlich erwartet. Die Teilnahme provokativer schwuler Athleten an unseren olympischen Spielen beleidige die russische Seele und unsere Kirche. So steht es im Aufruf zur Kundgebung. Was sagen Sie dazu, Bend?“
„So läuft das nicht! Wie heißt Ihre Abteilung? Wie heißen Sie? Was ist Ihr Auftrag?“, schritt Mayerhofer ein und griff sich im Papierkorb einen Fetzen, um sich Notizen zu machen.
„Major Pizunda. Ich habe noch beim KGB mein Handwerk gelernt. Mein Fachgebiet ist – sagen wir – staatsgefährdende Subjekte wie widerspenstige Georgier sowie tschetschenische Terroristen und nicht zu vergessen westliche Agenten, die das moralische Rückgrat des Volkes durch Verbreitung amoralischen Gedankenguts brechen wollen.“
Fabian lief ein kalter Schauer über den Rücken und der Ermittler schien es sichtlich zu genießen, wie ihm seine Enthüllungen Angst machten.
„Sie haben aber schon mitbekommen, dass es die Sowjetunion nicht mehr gibt! Haben Sie noch dienstliche Fragen oder wollen Sie hier nur Stalin als großen Sohn des Kaukasus preisen?“, nervte Mayerhofer mit der rhetorischen Frage.
Der Ermittler Pizunda achtete nicht auf die Provokation des Funktionärs, sondern fixierte Justin unangenehm.
„Warum tragen Sie nicht mit dem Prinzen einen Hahnenkampf um die Gunst der schönen Italienerin aus, wie es jeder Mann in Ihrem Alter tun würde. Warum gehen Sie alle drei stattdessen mit diesen Leuten nicht traditioneller sexueller Orientierung in deren sittenlose Bars? Na?“
„Unser Engagement für Menschenrechte bleibt durch diese private Konkurrenz unberührt.“ Justin hatte offenbar nicht den Mut aufgebracht, diesem vor arrogantem Selbstbewusstsein strotzenden Ermittler die Wahrheit über seine sexuelle Orientierung ins Gesicht zu sagen. Wenn der Ex-KGB-Mann doch nur endlich gehen würde, nichts wünschte sich Fabian in diesem Moment sehnlicher.
„Warum sind Sie eigentlich ein so bedingungsloser Putin-Fan und verachten die Demokratie?“, fragte Mayerhofer.
Der Major fixierte erst Justin und dann den Schweizer Oberst.
„Ja, in der Jelzin-Zeit schwafelten sie im Moskauer Weißen Haus von Demokratie. Ich will Ihnen die Wahrheit über jene Zeit sagen. Damals schrien Weltverbesserer auf allen Plätzen Moskaus nach Demokratie und ließen
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