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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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Jelzin hochleben. Das waren Figuren, die mich an Luchsiger und Häusle und den Jungen hier erinnern. Ich musste damals um acht zur Arbeit, aber schon um sechs aufstehen, um vorher einzukaufen. Ich, mit höherer Schulbildung und früher exzellentem Gehalt, musste mich eine Stunde lang anstellen – zusammen mit Hunderten anderen Leuten –, um schließlich gerade mal zwei Packungen Milch zu kriegen. Diese Demütigung werde ich nie vergessen. Vladimir Vladimirowitsch hat meinen Genossen und mir die Ehre zurückgegeben und dafür gesorgt, dass Leute wie Sie, Oberst, Russland wieder respektieren müssen. Sogar die westliche Presse musste neulich anerkennen, dass Putin inzwischen mächtiger geworden ist als Obama.“
    Mayerhofer blickte den Agenten einen Moment misstrauisch an, schien es dann aber vorzuziehen, sich nicht auf ein Streitgespräch einzulassen.
    „Die beiden Jungen müssen für den Riesenslalom morgen trainieren. Ihr Auftrag, Pizunda, wird wohl auch mit einschließen, die falschen Polizisten zu finden. Kümmern Sie sich jetzt darum, und ihr beide geht auf eurer Zimmer, bis ihr von Romani gerufen werdet. Major!“
    Mayerhofer salutierte beim Hinausgehen. Der Agent erwiderte den Gruß zackig: „Oberst!“
    Offenbar wusste der Agent vom militärischen Rang seines Chefs. Das wunderte Fabian nicht, denn der neugierige Mann hatte bestimmt über jeden Funktionär, Betreuer und Athleten eine Akte angelegt. Er reichte den beiden Sportlern eine Visitenkarte, auf der nur stand: „Major Pizunda, Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation, Abt. z. V. des Präsidenten“, sowie eine Telefonnummer.
    Endlich ging er zur Tür und drehte sich zu Fabians Leid noch einmal um: „Ich überwache Sie alle!“, sagte er bedrohlich leise und verschwand.
    Justin blickte auf sein Smartphone: „Ich muss mich sofort bei der Liechtensteiner Delegationschefin melden.“
    Auch Fabian hatte eine Nachricht bekommen. Florian und Stas erwarteten ihn. Justin telefonierte im Gehen. Fabian hatte dabei den Eindruck, dass der Liechtensteiner nur zuhören durfte, denn die Delegationschefin las ihm gehörig die Leviten.
    „Meine Delegationschefin meint, wir sollen ab jetzt brav die Klappe halten, damit wir die verbleibenden Tage irgendwie ohne zusätzliche Schlagzeilen rumkriegen“, fasste er zusammen.
    Im Zimmer erwarteten sie Stas und Florian. Sie hatten ein Frühstück gemäß Ernährungs-App mitgebracht. Richard sei schon ins Tal gefahren, um sich dort mit Vanessa zu versöhnen, da er ihr gestern vorgeworfen hätte, sie habe ihn in den Skandal hineingezogen.
    „Ist die deutsche Mannschaft auch vom Inlandsgeheimdienst gefilzt worden?“
    „Nein“, antwortete Florian finster. „Schaut!“
    Stas hatte auf seinem Tablet-Computer einen YouTube-Mittschnitt des staatlichen russischen Fernsehens aufgerufen. Es handle sich um eine regelmäßig wiederkehrende Show, bei der es um die Ergebnisse von investigativem Journalismus ginge, angeblich, erklärte Stas. Bisher hatte ein übergewichtiger Moderator auf das Publikum eingeredet. Fabian konnte zwar kein Russisch, doch dem Tonfall nach hatte die Redaktion gerade den Skandal des Jahrhunderts aufgedeckt.
    „Die Redaktion hatte schon im vergangenen November gegen uns gehetzt. Jetzt setzen sie aus aktuellem Anlass noch eins drauf.“, erklärte Stas.
    Jetzt wurde der erste Einspieler gesendet. Ein Handyfilmchen vom Podiumsgespräch im Café. Stas war die einzige Person, die unkenntlich gemacht worden war.
    „Da geht es um Politik“, erklärte der Guide das. „Wenn ich hier als Schwuler gezeigt würde, könnte man das in Grosny so verstehen, dass Putin meine Familie fallengelassen hat. Der Kommentator will aus eurem Auftritt eine schwule Revolution machen, in der sich der Westen offen in Russlands interne Angelegenheiten einmischt.“
    Er spulte eine Viertelstunde vor bis zum Interview mit einem jungen Mann. „Gestern in den Abendnachrichten wurde er noch als Siebzehnjähriger angeschrieben, jetzt ist er erst fünfzehn.“
    „Offenbar gibt es einen Jungbrunnen in der Gegend“, meinte Fabian bitter ironisch.
    „Was sagt der angebliche Junge?“, fragte Florian.
    „Er sei nur per Zufall hier hereingeraten und habe sich widerliches Zeug über nicht traditionelle Sexualpraktiken anhören müssen. Wenn nicht die russischen Patrioten ihn herausgeholt hätten, wer weiß, was man ihm hier angetan hätte – das ist noch heftig.“
    Das Video zeigte nun einen rothaarigen jungen Mann mit

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