Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
weiterzuleiten. Sie kannten ja bestimmt Putins Rede zur Lage der Nation vom Dezember 2013, während derer er über Schwule und Lesben hergezogen war.
„Das Angebot schließt euch ein“, ergänzte Richard.
Fabian blickte nur trotzig zurück.
„Luchsi, klar waren die Schneeballwürfe völlig daneben. Trotzdem wäre es nett, wenn du eine bestimmte Frage stellen würdest!“, forderte Justin.
„Schneeballwürfe? Sie haben mit Steinschleudern betonharte Eisklumpen nach uns geworfen“, stellte Fabian richtig.
Florian fragte an Fabians Stelle, wie denn das Rennen ausgegangen war. Richards Telefon klingelte, da er nur in Unterwäsche im Raum stand, konnte er schlecht auf den Flur hinausgehen und verschwand dafür ins Schlafzimmer.
„So wie du grinst, hast du eine Medaille“, lachte nun Florian.
„Yep!“, sagte Justin. „Bronze hat unser Prinz, Koslow machte heute in jeder Hinsicht zweiter.“
„Krasses Kerlchen!“, meinte Fabian, während Florian aufsprang und Justin umarmte.
„Selbstverständlich kommen Fabian und ich zum Lockerungstraining!“, erwies sich Florian als der Aktivere.
Fabian hob nun endlich auch die Mundwinkel, prüfte aber doch noch auf seinem Smartphone, ob er mit den ganzen Nachrichten nicht auf den Arm genommen wurde, und meinte „Ups!“, als er durch die Schlagzeilen scrollte. „Das kannst du laut sagen mit Koslow. War Garchinger bei der Dopingkontrolle dabei? Er berichtet, der Russe hätte von vornherein gewusst, dass nur ein Set nicht mit Dopingmitteln verseucht gewesen war.“
„Garchinger war jedenfalls nicht weit weg“, erwähnte Justin.
„Der
Blitz
schreibt sogar, Koslow sei der größte Dopingbetrüger seit Lance Armstrong und habe mit großer Wahrscheinlichkeit sogar meine Entführung billigend in Kauf genommen“, wusste Fabian.
„Letzteres ist Spekulation“, warnte Richard. „Unsere Medaillenfeier sei ausgesetzt worden, da das IOC erst den offiziellen Bericht der WADA über die Betrugsversuche abwarten müsse. Eine Entscheidung aufgrund von Schlagzeilen wäre unangebracht. Das hat mir Earl Corby eben mitgeteilt. Wir müssen jetzt gehen, um pünktlich zu sein.“ Auch Fabian wechselte schnell seine Jeans gegen eine Trainingshose. Justin war erleichtert, dass sich der Glarner nun doch nicht bis Sonntag im Zimmer verkriechen wollte.
Nach dem Lockerungstraining blieb noch Zeit, um persönliche Anrufe in seinen Heimatort Malbun und mit Julios Clique zu tätigen, bevor es mit der Sieger-Pressekonferenz, einer kurzen Mahlzeit und dann mit der Feier weitergehen würde.
Auf seinem Smartphone befanden sich jede Menge SMS, von halb Liechtenstein, seinen Kumpels aus seiner ehemaligen Klasse und dem Europacup sowie Freunden aus Zürich. Dabei war eine von Bundesrat Stutz. „Erwarte um acht alle erfolgreichen Sportler in der Mensa! Hopp Schwiiz!“
„Hopp Liechtenstein!“ wäre in Justins Fall wohl angebracht gewesen, aber selbstverständlich wollte keiner den Schweizer Minister für Bevölkerungsschutz, Sport und Verteidigung warten lassen. Die Ehrerweisung durch den Bundesrat würde Fabian bestimmt von seinen düsteren Gedanken ablenken. Er warf Fabian dessen Team-Pullover zu und meinte: „Deine Stunde, Doppelolympiasieger!“ Der schien nicht so recht davon überzeugt zu sein, aber musste wohl einsehen, dass er sich nicht verkriechen durfte.
Die Begrüßung um acht Uhr fand nicht in der Mensa, sondern in der Eingangshalle des Hauses statt. In der Mensa waren Kronprinzessin Victoria und ihr Mann Prinz Daniel gerade dabei, ihre schwedische Schneesport-Olympiamannschaft, insbesondere ihre Goldmedaillengewinnerin vom gestrigen Damen-Riesenslalom zu ehren.
Das Personal hatte eine Bank mit Saft, Wein und Prosecco aufgestellt, damit die prominenten Gäste etwas zum Anstoßen hatten. Saubauer stellte gerade etwas abseits der bereits gefüllten Gläser eigene auf und schüttete ein paar Chips aus einer versiegelten Packung in eine Schale. Nach dem Skandal um manipulierte Dopingtestsets sei Vorsicht besser als Nachsicht. Das sei nicht persönlich gemeint, versicherte er dem für das kleine Büffet verantwortlichen russischen Helfer.
Nicht nur das Schweizer, das süddeutsche Fernsehen und die Presse hatten sich in der Vorhalle und auf dem Fußweg dahin in Stellung gebracht, auch eine ganze Menge Briten suchten nach der idealen Position. Mit einem ersten Blitzlichtgewitter wurden Vanessa und Richard begrüßt – danach kam der eher klein gewachsene Bundesrat mit der
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