Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
wollte ihn als guten Kumpel im Rennsport nicht verlieren. Doch ihn vor den Kopf zu stoßen, ging natürlich nicht. Zudem kribbelte der Gedanke, mit Florian zwei Stunden allein zu sein, ganz tüchtig im Bauch.
Nur seine Slalomski wären kurz genug für die Dachbox des Sportwagens gewesen. Onkel Klaus meinte zu Fabian, der LKW würde ja nur eine Stunde später in der Steiermark eintreffen. Wenn er es die kurze Zeit dort nicht ohne Ski aushalten würde, müsse er eben welche mieten. Florian ließ den Motor aufheulen, um zu signalisieren, dass Fabian sich entscheiden sollte. Also nahm der eben nur den Cityrucksack mit dem Weltcup-Logo mit und setzte sich in den R8. Das Auto roch neu und hatte noch deutlich unter tausend Kilometer drauf. Er bemerkte, dass der frisch gebackene Sportwagenfahrer eine enge, sexy Jeans mit einem Nietengurt trug, was für Florian sehr ungewöhnlich war.
„Den R8 hast du für deinen Sieg in Wengen gewonnen. Ich dachte, du wolltest ihn zu Geld machen?“, fragte Fabian.
„Ich habe mich inzwischen anders entschieden. Die Leute vom Autowerk haben ihn für mich angemeldet und vorgestern hierhergebracht. Für ein paar Werbeaufnahmen auf einer schneebedeckten Straße haben sie sogar etwas Geld draufgelegt“, erzählte Florian, winkte durchs Fenster nochmals Klaus zu und ließ bei Fabians Teamkollegen Chalbermatter, der gerade in sein Auto stieg, den Motor sportwagenartig aufheulen.
„Luchsi, hast du gewusst, dass Hayden Christensen auch ein solches Wägelchen fuhr?“, frage er.
„Nö, aber wenn wir schon bei
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und der dunklen Seite der Macht sind: Du hättest gestern Koslows Gesicht sehen sollen, als du ihn um den dritten Platz gebracht hast.“
Die beiden lachten kurz, kassierten aber gleich eine Hupe, da sich Florian verschaltet hatte, als er aus dem Kreisverkehr in Richtung Pass Thurn fahren wollte. Der ließ sich dadurch nicht die gute Laune verderben. Er gab zu, der R8 sei aufschneiderisch und Justin Bend habe schon recht, wenn er einen Kombi mit Heckklappe fahre, da könne man viel mehr Ausrüstung mitnehmen. Seine eigenen Eltern würden bestimmt Angst bekommen, wenn sie wüssten, dass ihr Sohn einen so schnellen Wagen fuhr, erzählte Florian mit einem Funkeln in den Augen.
Kurz nach dem Pass verlangsamte sich ihre Fahrt; die Feuerwehr war gerade dabei, die letzten Reste zweier vom Sturm umgeworfenen Tannen zu beseitigen, deshalb hatte sich der Verkehr gestaut. Die Außentemperaturanzeige des Sportwagens stand auf plus sieben Grad, obwohl sie auf tausend Metern Höhe fuhren. Fabian spürte weniger den Föhn, sondern vielmehr eine Art anziehendes Kraftfeld, das von seinem hübschen Fahrer mit den langen Beinen ausging. Auch die Freude, die sein Ski-Kumpel an seinem neuen Wagen hatte, steckte an.
Kaum erreichten sie das Pongau, behinderte ein rumänischer Sattelschlepper die sportliche Fahrt. Florian zog den Wagen halb über die Mittellinie, wohl um nach vorne spähen zu können.
„Kein übermütiges Überholmanöver, ich habe Zeit“, mahnte Fabian.
„Das sagst ausgerechnet du, der auf der Streif alle überholt hat“, neckte Florian, verzichtete dann aber doch darauf, auf der Gegenverkehr- und kurvenreichen Straße die Beschleunigungsfähigkeit des R8 auszutesten, obwohl sie im Rückspiegel vier Wagen hinter ihnen Chalbermatter entdeckt hatten.
Vor Bischofshofen wurde die Straße vierspurig. Florian schwenkte abrupt auf die linke Fahrspur, um endlich dem Lastwagen vorfahren zu können. Die noch hinter der Windschutzscheibe liegende Parkplatzkarte von Kitzbühel rutschte hin und her und fiel schließlich Fabian in den Schoß. Florian bat ihn, die Karte im Handschuhfach zu verstauen.
Als Fabian gerade dabei war, den Flyer im Handschuhfach zu verstauen, bemerkte er, dass der Deutsche einen Flyer mit Regenbogen drauf dort versteckt hatte. Er musste zweimal hinsehen, doch es war kein Friedensregenbogen, sondern wirklich einer mit einem violetten Balken drauf. Seine Umgebung ganz vergessend nahm er den Zettel heraus. Was er darauf sah, elektrisierte ihn. Der Flyer rief auf Englisch nämlich zum Protest auf:
An alle LGBTI-Sportler und Sportlerinnen, Menschenrechtsfreunde und -freundinnen: Stoppt die Diskriminierung! Haltet Hände an der Eröffnungsfeier in Sotschi für diskriminierungsfreie Olympische Spiele. Setzt ein Zeichen gegen Putins Anti-Homosexuellengesetz!
Fabian fühlte einen warm-kalten Schauer. Konnte das Undenkbare wirklich wahr werden oder wollte ihn Florian
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