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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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aufzusuchen. Aber vermutlich hatte ihn die neuartige Erfahrung, von einer Frau abgewiesen zu werden, so aufgebracht, dass er auf der Stelle Vergeltung üben wollte.
    “Sind Sie den Weg zurück gelaufen?”
    Sie starrte ihn erbost an. “Ich habe eine Droschke genommen”, sagte sie steif.
    “Warum sind Sie weggelaufen?”
    “Ich war hungrig und konnte nicht länger abwarten, bis Sie mit einem schäbigen Brötchen ankommen. Also entschloss ich mich, gleich zu Mrs. Keene und ihrem köstlichen Abendessen zurückzukehren, bevor mir noch schwach wird.”
    Er lächelte ein bisschen über die ungehobelte Antwort – und über die Weise, in der sie die Hände rang.
    “Wollen Sie mir erzählen, wieso Sie ohne Begleitung hier in Bath sind?”, fragte er leise, um Mrs. Keene vom Gespräch auszuschließen.
    “Nein”, erwiderte Emma und wandte den Kopf ab.
    “Auch gut. Dann sende ich morgen eine Expressbotschaft an Ihre Eltern.” Er war schon unterwegs zur Tür, als sie ihn aufhielt.
    “Nein, bitte nicht”, entrang sich ihr.
    Er kehrte um und ließ sich in einem Sessel neben dem Kamin nieder. Dann schnippte er in Mrs. Keenes Richtung, und diesmal eilte die Pensionswirtin ungehindert zur Tür hinaus. Neiderfüllt sah Emma ihr nach.
    “Wissen Ihre Eltern, wo Sie sich aufhalten?”
    “Das kann Ihnen egal sein. Ich bin siebenundzwanzig und durchaus in der Lage, allein für mich zu sorgen.”
    “Ich weiß, wie alt Sie sind, Emma”, erwiderte er sanft, “ich war auf dem Ball zu Ihrem vierundzwanzigsten Geburtstag … erinnern Sie sich?”
    “Nicht auf meine Einladung hin”, gab sie scharf zurück, wandte sich dann ab und schloss die Augen. Bring ihn nicht gegen dich auf, ermahnte sie sich streng. Er bedeutet dir nichts. Speise ihn mit ein paar Halbwahrheiten ab, das wird seine ungebührliche Neugier befriedigen, dann bist du ihn endlich los.
    “Nun?”, durchbrach er ungeduldig das angespannte Schweigen. Als sie ihn daraufhin weder ansehen noch ihm antworten wollte, fügte er hinzu: “Haben Sie denn gar nichts zu sagen?”
    “Doch”, erklärte sie mit süßer Stimme und wildem Blick. “Und ich glaube kaum, dass Sie sich mit meinen Eltern in Verbindung setzen wollen, um es ihnen zu erzählen. Wenn Sie nicht augenblicklich den Raum verlassen, schreie ich so laut, dass die ganze Straße aufwacht, und werfe Ihnen vor …”
    “Was denn?”, erkundigte er sich milde.
    “Dass Sie mir Ihre ekelhaften Aufmerksamkeiten aufgedrängt haben … dass Sie mich belästigt haben. Na, was sagen Sie nun, Mylord?”, schleuderte sie ihm triumphierend entgegen.
    Im nächsten Moment hatte er sich geschmeidig erhoben und stand so unvermittelt vor ihr, dass sie zurückschreckte.
    “Ich würde sagen, dass Sie da ein bisschen voreilig sind, Miss Worthington”, schnurrte er und musterte sie genüsslich vom Scheitel bis zu den Sohlen. Schließlich richtete er die silbergrauen Augen auf ihr Gesicht und sah, dass sich ihre Pupillen vor Angst weiteten. Und dass es sie immer noch in der Hand juckte, ihn zu schlagen. Mit zusammengebissenen Zähnen gestand er sich ein, dass er dies auch wollte. Er sehnte sich danach, von ihr berührt zu werden … auf welche Art auch immer … auf diese Art.
    Yvette hält sich also für eine Wildkatze, dachte er spöttisch. Yvette war nichts als eine gewiefte Kokotte … Emma war die wahre Wildkatze, rein und unverfälscht. Mit ihrer schlanken, geschmeidigen Gestalt und ihren braunen Haaren sah sie sogar so aus – ein kleines wildes Geschöpf … zu schön, um es zu berühren, zu schön, um es nicht zu berühren. Und plötzlich empfand er unglaublichen Ekel vor sich, weil er sich darauf verlegt hatte, sie durch die Androhung körperlicher Gewalt gefügig zu machen.
    Das hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht getan; die Frauen kamen ihm willig entgegen. Doch am meisten quälte ihn, dass ihn nun, da er sich sein Verlangen eingestanden hatte, die Selbstbeherrschung zu verlassen drohte. Zornig schlug er mit der Hand gegen die Tür, so dass Mrs. Keene, die auf der anderen Seite das Ohr dagegenpresste, aufsprang und sich den schmerzenden Kopf rieb.
    Auch Emma, der vor Müdigkeit und Hunger ganz schwach war, fuhr zusammen und lehnte sich Halt suchend an die Wand. Sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, was ihr Magen nun mit einem lauten Knurren kundtat.
    “Sie haben immer noch nichts gegessen?”, fragte Richard.
    “Nein.” Es hatte wenig Sinn, wegen etwas so Trivialem und Offensichtlichem zu

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