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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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weiter in mich zu dringen”, bat sie und rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. Er war nicht aufgesprungen und zur Tür hinausgerannt, wie sie erwartet hatte; er war sitzen geblieben und durchbohrte sie stattdessen mit Blicken.
    “Und Ihr Liebhaber? Wo ist er?”, fragte er recht beherrscht, doch als er vom Tisch abrückte, wäre er beinahe mit dem Stuhl umgekippt. “Ist er verheiratet, oder weigert er sich, Sie zu unterstützen?”
    “Bitte fragen Sie mich nicht, denn ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen …”
    Da hast du ja wieder mal verteufeltes Glück, überlegte Richard säuerlich. Du wolltest sie, und jetzt sieht es so aus, als bekämst du nicht nur sie, sondern obendrein auch noch den Balg eines anderen Mannes. Um Himmels willen, geh heim, Mann! Du hast dein Möglichstes getan. Du hast ihr etwas zu essen gegeben, hast ihr deine Hilfe angeboten. Sie will sie nicht. Sie kann dich nicht leiden, und wenn du dir noch so große Mühe gibst. Dennoch konnte er sie nicht ihrem Schicksal überlassen: Von persönlichen Gründen einmal abgesehen, war er es seinem besten Freund David einfach schuldig, denn dessen Frau Victoria war mit Emma eng befreundet.
    Eigentlich überraschte es ihn, dass sie nicht zu Victoria nach Hertfordshire geflohen war, statt hierher zu kommen, wo sie allein und ohne Hilfe dastand, es sei denn … Er drehte sich um. Natürlich, du Narr, schalt er sich im Stillen. Sie hatte sich hierher gewandt, weil ihr Geliebter in der Nähe wohnte. “Wie lang sind Sie schon in Bath?”, fragte er abrupt.
    “Fünf Tage”, antwortete Emma mit einem misstrauischen Blick.
    Fünf Tage also war sie schon hier, litt Hunger und suchte nach einer Anstellung, und das bedeutete, dass der Schuft nicht die Absicht hatte, sich seiner Verantwortung zu stellen. Auch wenn er verheiratet war, konnte er sie doch zumindest irgendwo als seine Geliebte unterbringen.
    O nein! Wage es nicht, auch nur daran zu denken! tobte er im Inneren.
Eine schwangere Geliebte? Eine Geliebte mit Kind?
Du magst Kinder doch nicht einmal! Deinen Neffen kannst du doch recht gut leiden, erwiderte eine innere Stimme. Ja, aber er ist verwandt mit dir, ist von deinem Blut. Dieser Bankert könnte alles Mögliche zum Vater haben … einen Verbrecher, einen Säufer, einen Spieler … Na, da würde er ja recht gut zu dir passen, gab die innere Stimme trocken zurück.
    Und außerdem – irgendwann einmal wäre sie wieder so schön wie jetzt, vielleicht nicht mehr ganz so schmal … “Sie brauchen jemand, der sich um Sie kümmert”, hörte er sich sagen. “Selbst wenn es Ihnen gelingt, eine Anstellung zu finden, wird man Ihnen die Tür weisen, sobald Ihr Zustand offenkundig wird.”
    Emma nickte nur, da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte. Ihr Magen krampfte sich zusammen in Erwartung dessen, was jetzt gleich kommen musste, hatte es gewusst, seit sie ihm dummerweise gedroht hatte, ihn der Vergewaltigung zu bezichtigen, um ihn abzuschrecken. Unter seinen langen Wimpern hervor hatte er sie auf eine Art betrachtet … wahrscheinlich blickte er alle Frauen so an, die seine Lust geweckt hatten. Und dass dem so war, wusste sie irgendwie.
    Kein anderer Mann hatte sie je so angesehen, so fest und durchdringend, mit flammenden Augen. Matthew jedenfalls nicht. Der Blick verhieß Gefahr. Rasch sagte sie: “Danke für Ihre Besorgnis, aber ich habe eigene Pläne … Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen …”
    Gleichzeitig bewegten sie sich in Richtung Tür, doch er war schneller und versperrte ihr den Weg. “Welche Pläne?”, fragte er mit glitzernden Augen.
    “Private Pläne”, gab sie mit honigsüßer Stimme zurück.
    “Beinhalten diese Pläne eine sofortige Flucht, sobald ich Ihnen den Rücken kehre?”
    “Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen”, erwiderte sie würdevoll, wenn auch leicht erschrocken ob seiner beunruhigenden Fähigkeit, sie zu durchschauen. “Ich kann Sie nur bitten, meiner Familie weiteren Kummer zu ersparen und die Angelegenheit für sich zu behalten. Meine Eltern sind schon ganz krank vor Sorgen.” Zumindest dies entsprach der Wahrheit, auch wenn die Ursache ihrer Sorgen eine andere war.
    “Sie können nicht hierbleiben, das ist nicht angemessen. Sie brauchen jemand, der sich um Sie kümmert, Emma.”
    Sanft strich sein Atem über ihre Stirn, der Abstand zwischen ihnen wurde kleiner, lud sich mit Spannung auf. Sie schluckte, suchte nach einer schlagfertigen Bemerkung, doch ihr wollte nichts einfallen. Überhaupt nichts.

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