Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
und sie dann erneut abgetragen, und zwar so, wie er es von Logan gelernt hatte. Auf diese Weise machte er immer noch wertvolle Erfahrungen, denn auch wenn er überaus begabt war, so hatte er noch lange nicht ausgelernt, dessen war er sich bewusst. »M an lernt sein ganzes Leben dazu « , pflegte seine Mutter zu sagen. Und sie hatte recht.
Um ein wirklich guter Falkner zu sein, musste man jedes Tier genau kennen, seine Stärken ebenso wie seine Schwächen. Das Geheimnis bestand darin, gute Anlagen zu verstärken und schlechte Gewohnheiten mit viel Geduld auszumerzen. Beinahe täglich war er mit Jack und den beiden Lannern aus der Stadt geritten, um sie immer wieder auf das Federspiel oder den Vorlass zu locken, mit dem sie lernten, welche Beute sie machen sollten. Jack hatte schließlich doch noch recht schnell begriffen, was er an William hatte. Er gehorchte bei allen Anweisungen ohne Widerworte und sputete sich bei der Ausführung.
Am Tag vor der Jagd kam FitzOwen noch einmal zu William, um zu besprechen, wann sie aufbrechen würden.
»D arf ich Euch einen Vorschlag unterbreiten? « , fragte William am Ende ihrer Unterredung.
FitzOwen zog die Augenbrauen zusammen. »U nd der wäre? «
»I hr freut Euch vor allem auf die Begegnungen, nicht wahr? « William wartete FitzOwens Nicken ab. Dann fuhr er fort: »W enn Ihr es geschickt anstellt, werdet Ihr vermutlich einflussreiche Lords kennenlernen und wichtige Bekanntschaften knüpfen … « Er legte den Kopf schief. »I ch glaube, das ist Euch wichtiger als der Flug Eurer Vögel. Ist es nicht so? «
FitzOwen lachte auf. »D u hast mich durchschaut, William. Was also schlägst du vor? « , ermutigte FitzOwen ihn nun und sah ihn neugierig an.
»F ür die Lords seid Ihr vor allem dann interessant, wenn Eure Falken sie beeindrucken können. Lasst mich deshalb alle Entscheidungen bezüglich der Jagd treffen. Ich werde Euch behandeln, als wäret Ihr ein Baron. Ich setze Euch den richtigen Falken im rechten Moment auf die Faust und gebe Euch durch ein Zeichen zu verstehen, wann Ihr ihn werfen müsst. So werdet Ihr für Eure Falken bewundert werden und könnt Euch gleichzeitig vollkommen Euren Geschäften widmen. «
»D u bist sehr von dir eingenommen « , sagte FitzOwen streng, ohne sich zunächst zum Vorschlag seines Falkners zu äußern.
William wich seinem Blick nicht aus. »V on Geschäften, wie Ihr sie tätigt, habe ich nicht den Schimmer einer Ahnung, aber was die Beizjagd angeht … « , er räusperte sich, »… so bin ich darin sicher ebenso geschickt wie Ihr als Kaufmann. « Er grinste gewinnend.
»V or allem scheinst du mir ein schlaues Kerlchen zu sein. Ich bin einverstanden mit deinem Vorschlag, doch wehe dir, die Falken fliegen nicht besser als alle anderen! « , drohte er lachend und ging mit einem Kopfschütteln davon. »H at Schneid, der Junge « , hörte William ihn noch brummen.
Am nächsten Morgen, bei Sonnenaufgang, warteten William und Jack wie verabredet am Tor auf ihren Herrn. Die Pferde waren gesattelt und die Falken bereit. William konnte die Nervosität der Tiere fühlen; es war, als spürten sie, dass es auf die Jagd ging. Um die Falken zu beruhigen, beschloss er, sie vorläufig unter dem Umhang zu halten. Jack trug den Terzel auf der Faust, William das kräftigere Weibchen. Sobald FitzOwen auf seinem Pferd saß, würde Jack ihm den Terzel übergeben. Er war zuverlässiger als das Weibchen, das bei William besser aufgehoben war.
Die beiden Hunde kläfften aufgeregt, und als FitzOwen aus dem Haus kam, war ihm anzumerken, dass er ebenso unruhig war wie die Tiere. Er scheuchte seine beiden Diener, die sie begleiten sollten, um ihm durch ein größeres Gefolge mehr Würde zu verleihen, und gab das Kommando zum Aufbruch in ungewohnt harschem Ton. Dann machte sich die kleine Gesellschaft auf den Weg und zog auf der Watling Street nach Westen. Sie ritten an St. Paul’s vorbei und verließen London durch das Ludgate. An jeder Straßenkreuzung gesellten sich mehr Londoner Kaufleute zu ihnen. Alle waren prächtig gekleidet und bester Laune. Sogar ihre Falkner sahen aus wie Edelleute. Verächtlich blickte William an ihnen vorbei. Nicht einmal die Falkner von König Henry II. waren derart herausgeputzt gewesen!
»M an wird mich für einen armen Mann oder einen Geizkragen halten. Wie es scheint, bist du der einzige Falkner, der darauf bestanden hat, seine alten Kleider zu tragen « , knurrte FitzOwen vorwurfsvoll. Williams Gewänder waren
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